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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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welcher Unruhe verliefen die Tage für die beiden Frauen, die Mutter und die Tochter! Juhels leeres Zimmer machte die ganze Wohnung leer – so erschien es wenigstens Enogate. Dazu rechne man noch, daß ihr Onkel nicht da war und daß Freund Tregomain auch nicht mehr kam!
    Es war jetzt der 29. April, zwei Monate, schon zwei Monate, seit der »Steersman« mit den drei Malouins zu jener abenteuerlichen Fahrt zur Hebung eines Schatzes abgedampft war. Doch wie mochte die Reise abgelaufen sein?… Wo befanden die Drei sich jetzt?… Hatten sie ihren Zweck erreicht?…
    »Mutter, liebe Mutter, klagte das junge Mädchen, gieb Acht, sie kommen niemals wieder!
    – Doch, doch, mein Kind! Habe nur Vertrauen! Sie kehren schon noch zurück! antwortete allemal die alte Bretagnerin. Freilich hätten sie vielleicht besser gethan, uns gar nicht erst zu verlassen….
    – Ja, murmelte Enogate, und gerade als ich Juhels Frau werden sollte!«
    Wir fügen hier ein, daß die Abfahrt des Meisters Antifer in der Stadt viel Aufsehen erregt hatte. Man war zu sehr daran gewöhnt, ihn mit der Pfeife im Munde durch die Straßen, längs des Silton und auf den Wällen dahin spazieren zu sehen. Und dabei folgte ihm, ein wenig zurückbleibend, auch Tregomain mit der Adlernase und dem freundlichen Gesicht, das immer von Liebe und Güte strahlte.
    Und Juhel, der junge Kapitän der langen Fahrt, auf den seine Vaterstadt sich etwas einbildete, den sie liebte, wie Enogate ihn liebte – oder doch wie eine Mutter ihren Sohn liebt – der war auch ausgeflogen, jetzt, wo er zum zweiten Officier eines dreimastigen Barkschiffes des Hauses Le Baillif und Cie. ernannt werden sollte!
    Wo diese drei jetzt wären, davon hatte man keine Ahnung. Niemand fiel es ein, daß der »Steersman« sie nach Port-Saïd entführt hätte. Enogate und Nanon wußten allein, daß jene sich das Rothe Meer hinabbegeben und fast bis zur Nordgrenze des Indischen Oceans hinauswagen sollten. Meister Antifer hatte klug daran gethan, sein Geheimniß zu bewahren, weil er wünschte, daß Ben Omar von der Lage des berühmten Eilandes keinen Wind bekäme.
    War nun auch sein Reiseziel unbekannt, so traf das doch für seine Projecte nicht zu, denn es wäre dem mittheilsamen Manne unmöglich gewesen, hiervon ganz zu schweigen. In Saint-Malo wie in Saint-Servan und in Dinard sprach man über die Lebensgeschichte Kamylk-Paschas, den Brief, den Thomas Antifer erhalten hatte, über das endliche Eintreffen des darin angemeldeten Boten, die Feststellung der geographischen Länge und Breite des Eilandes und über den, alle Begriffe der braven Spießbürger übersteigenden Schatz von hundert Millionen – hundert Milliarden, sagten sogar die besser (?) Unterrichteten. Natürlich sah man jetzt mit größter Spannung einer Nachricht über die Auffindung des Inselchens und der Rückkehr des zum Nabob verwandelten Küstenschiffers entgegen, der mit einer Schiffsfracht von Diamanten und Edelsteinen in den Hafen einlaufen sollte.
    Enogate verlangte freilich nicht so viel. Auch wenn ihr Verlobter, ihr Onkel und ihr Freund sogar mit leeren Taschen heimkämen, würde sie befriedigt sein, Gott aufrichtig dafür danken und ihre tiefe Traurigkeit würde sich zur größten Freude verkehren.
    Das junge Mädchen hatte von Juhel einige Briefe erhalten, den ersten von Suez aus, der den Verlauf der Fahrt erzählte und über das Verhältniß zu Ben Omar und dessen Schreiber berichtete. Der zweite, von Mascat aus gesendete Brief brachte die Fortsetzung der Reiseerlebnisse bis vor dem Aufbruch nach Sohar und deutete auch den geistigen Zustand des Onkels an, für dessen Verstand der Neffe zu fürchten anfing.
    Natürlich wurden Juhels Briefe geradezu verschlungen, weil sie dem jungen Mädchen auch versicherten, wie betrübt ihr Verlobter war, fast am Tage vor der Hochzeit von seinem Herzblättchen getrennt worden und jetzt so weit von ihr zurückgehalten zu sein. Dann sprachen sie von der Hoffnung, sie selbst bald wiederzusehen und dem Oheim seine Einwilligung abzuzwingen, selbst wenn er mit den Händen voller Millionen nach Hause käme. Immer und immer wieder lasen Nanon und Enogate diese Briefe, auf die sie – sogar dieser Trost war ihnen geraubt – nicht antworten konnten. Dann überließen sie sich allen Auslegungen, die jene Berichte ihnen eingaben, zählten an den Fingern die Tage ab, die die Abwesenden noch auf fernen Meeren zurückgehalten sein würden, und strichen sie alle vierundzwanzig Stunden auf dem an der

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