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Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Meister Antifer's wunderbare Abenteuer

Titel: Meister Antifer's wunderbare Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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denen Schlimmes angethan, die Dich ja so aufrichtig lieben!
    – Uns ziemt es, ihm zu verzeihen, mein Kind, und Gott zu bitten, daß er ihn in seinen Schutz nehmen möge!«
    Jetzt folgten einige Minuten des Schweigens, während die beiden Frauen ein Gebet stammelten.
    Dann fuhr Enogate fort:
    »Am 16. April haben wir Port-Saïd verlassen und konnten vor Tunis nicht wieder an’s Land gehen. In den ersten Tagen dampften wir an der ägyptischen Küste hin, doch den Blick Ben Omar’s hättest Du sehen sollen, als Alexandria schwach in Sicht kam! Ich glaubte schon, er wolle sich ausschiffen und seine Provision laufen lassen… da mischte sich aber sein Schreiber ein und brachte ihn in ihrer Sprache, von der wir ja kein Wort verstehen, zur Vernunft… doch, wie mir schien, in recht brutaler Weise. Offenbar fürchtet sich Ben Omar vor diesem Nazim, und ich habe mich mehrfach gefragt, ob dieser Aegypter wohl überhaupt der Mann ist, der er sein soll, so räuberähnlich sieht er mir aus. Auf jeden Fall werd’ ich ihn scharf im Auge behalten.
    Jenseit Alexandrias steuerten wir auf das Cap Bon zu und ließen die Golfe von Tripolis und Gabes südlich liegen. Endlich zeigten sich am Horizonte die tunesischen Höhenzüge mit ihren verlassnen Forts auf dem Kamm und ein oder zwei Marabuts zwischen der grünen Decke. Am Abend des 21. April erreichten wir dann die Rhede von Tunis, und am 22. warf unser Schiff vor den Molen von la Goulette Anker.
    Meine liebste Enogate, bin ich Dir in Tunis auch weit näher als da draußen im Golfe von Oman, so bin ich doch immer noch weit entfernt, und wer weiß, ob ein Unstern uns nicht noch weiter von einander trennt. Freilich, ob man fünf oder fünftausend Lieues von einander entfernt ist, ist ja eines so schlimm wie das andre. Verzweifle mir nur nicht, ich wiederhole Dir, wie der Ausgang dieser Reise auch sein möge, sie selbst soll nicht in Ewigkeit dauern.
    Ich schreibe Dir diesen langen Brief gleich an Bord, um ihn zur Post zu geben, sobald wir nach la Goulette kommen. In wenigen Tagen wird er in Deinen Händen sein! Er sagt Dir freilich nicht, was ich selbst nicht weiß, das heißt, wohin wir nun etwa verschlagen werden. Unser Onkel weiß das aber auch selbst nicht, denn es kann erst festgestellt werden, nachdem wir uns mit dem Banquier ins Einvernehmen gesetzt haben, den wir in Tunis wahrscheinlich aus seiner Ruhe unwillkommen aufstören. Wenn er jedoch erfährt, daß es sich um jene enorme Erbschaft handelt, von der ihm die Hälfte zufallen soll, so wird der Herr Zambuco wohl mit bei der Sache sein, wird sich uns bei den weiteren Nachsuchungen anschließen und wahrscheinlich den Kopf ebenso voll haben wie unser braver Onkel….
    Sobald ich übrigens die Lage des Eilandes Nummer Zwei kenne – und es kann nicht lange dauern, da ich es bin, der diese auf der Karte feststellen wird – so erhältst Du weitre Nachricht. Vielleicht folgt diesem dritten Briefe also binnen wenigen Tagen noch ein vierter.
    Wie der vorliegende, liebste Enogate, wird er Dir die herzlichsten Grüße von Herrn Tregomain und von mir bringen… doch auch die von unserm Onkel, obwohl dieser jede Erinnerung an Saint-Malo, wie von seinem alten Vaterhause und von allen Geliebten darin, verloren zu haben scheint. Was mich betrifft, meine herzinniggeliebte Braut, sende ich Dir alle meine Liebe, wie ich die Deinige erhalten würde, wenn es mir möglich wäre, einen Brief von Dir zu erhalten.
     
    Für jetzt und immer
     
    Dein getreuer, Dir aufrichtig ergebener
    Juhel Antifer.«
Zweites Capitel.
Worin der Miterbe Antifer’s in gewohnter Weise vorgestellt wird.
    Auf der Rhede in Tunis angekommen, ist man noch nicht in Tunis. Vorher muß man sich der Boote vom Schiffe bedienen oder sich den einheimischen »Mahomes« anvertrauen, um nach La Goulette zu gelangen.
    Dieser Hafen ist in der That kein Hafen in dem Sinne, daß Schiffe, selbst von mittlerem Tiefgange, einfahren und sich festlegen könnten; das ist höchstens den Küstenfahrzeugen und den Fischerbooten möglich. Alle übrigen müssen draußen vor Anker liegen bleiben, und wenn die Bergkette sie auch vor den Stürmen aus Osten schützt, so sind sie doch den aus Westen und Norden vollständig preisgegeben, und Frankreich sacht deshalb auch entweder den Hafen von Biserta an der Westküste der Regentschaft zu erweitern, oder durch einen zehn Kilometer langen Canal durch den Bahira-See dahin zu gelangen, um Handels-und Kriegsschiffen einen sichern Platz zu schaffen.
    Wenn

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