MeIster der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
abzulenken, brachte er den Wärter um die Ecke und widmete sich der Gefangenen in der Zelle.
9
Kate hatte den Treffpunkt für einen makabren Scherz gehalten, sie hatte erwartet, dass Ronan mit seinem Wagen an dem ehemaligen Fabrikgebäude in der Tooley Street, vor dem sie aufgeregt auf ihn wartete, vorbeikam und sie zu einem Szene-Club oder einem SM -Event fuhr. Immerhin war es Freitagnacht, und die Hauptstadt pulsierte. Doch zu ihrer Überraschung öffnete er Punkt Mitternacht die Tür des London Dungeon und bat sie, in das Gruselkabinett einzutreten.
»Arbeitest du hier?« Neugierig musterte sie seinen schwarzen Umhang. Die Kapuze verdeckte einen Großteil seines Gesichts, was ihr nicht recht war, konnte sie doch gerade mal seinen Mund sehen. Immerhin war er leicht nach oben gewölbt. Sein Lächeln beruhigte sie etwas, trotzdem schlug ihr Herz kräftig in ihrem Brustkorb.
»Nein«, antwortete er knapp und ging voran. »Folge mir, Jewel.«
Er nannte sie bei ihrem Sklavennamen, also spielten sie bereits. Das machte sie noch nervöser. Gerne hätte sie sich erst akklimatisiert. Das Museum war schon durch seine Darstellungen über reale und fiktionale Mörder wie Jack the Ripper und Sweeney Todd , Pest, Brände und einige Gräueltaten aus der Geschichte Großbritanniens schaurig genug, aber die leeren Räume machten die Atmosphäre gespenstisch. Außer ihnen schien keine Menschenseele hier zu sein. Zum einen wunderte das Kate nicht, schloss doch das Dungeon um diese Jahreszeit schon um halb sechs abends. Zum anderen musste jemand Ronan hineingelassen haben, und dieser Jemand beobachtete sie doch sicherlich, damit sie nichts zerstörten. Sie spähte in die dunklen Ecken, entdeckte aber niemanden. »Wie bist du dann an den Schlüssel gekommen?«
Er schritt auf das Labyrinth der verlorenen Seelen zu, und Kate fürchtete schon, er könnte sie in die Dunkelheit und zu den Spiegelwänden, die schaurige Gestalten reflektierten, bringen, die kannte sie von einem Besuch vor zwei Jahren, aber er ließ den Eingang links liegen. »Sagen wir einfach, ich habe ihn mir geborgt.«
Bewies das seine kriminelle Energie? Oder war die Wahrheit viel harmloser? Die ganze Woche über hatte sie gegrübelt, ob sie ihn auf den verschwundenen Brief und den ausspionierten Laptop ansprechen sollte, und sie hatte sich immer noch nicht entschieden. Auf der einen Seite hatte sie keinerlei Hinweise darauf, dass er mit diesen seltsamen Vorfällen in Verbindung stand. Sie wusste nur, dass sie ihn mochte und nicht zerstören wollte, was sich zwischen ihnen anbahnte. Auf der anderen Seite zerrte es an ihren Nerven, dass irgendjemand ihr nachspionierte. Erste Zweifel kamen auf. Sollte sie Ronan noch tiefer in ihr Leben – ihre Gefühlswelt – eindringen lassen? Aber diese Location machte ihr nun eine Aussprache ohnehin unmöglich, denn dies waren nicht der richtige Ort und die richtige Zeit, um darüber zu sprechen. »Von einem Freund, der hier jobbt?«
Kurz blieb er vor der Kulisse des altertümlichen Operationssaals stehen und betrachtete scheinbar interessiert die Patientin, die diesen Eingriff garantiert nicht überleben würde, wäre sie denn echt. Kate riss ihre Augen auf. Er hatte doch nicht etwa vor, sich in diesem Setting zu amüsieren? Erregten ihn all das Blut und die Innereien? Erleichtert atmete sie aus, als er weiterging. Bevor er sich umwandte, hatte sie noch sein breites Grinsen erhascht. Sie kam zu dem Schluss, dass er sie nur auf eine falsche Fährte hatte locken wollen. Aber wohin wollte er dann? Mit jeder Szenerie, die sie passierten, stieg ihre Unruhe.
»Ich muss dir gar nichts erklären, seit du dem Sklavenvertrag zugestimmt hast.«
»Welchem Sklavenvertrag?«, echote Kate entrüstet. Einige Sekunden lang war nichts zu hören, außer ihrer Schritte. Normalerweise schwirrten Schauspieler in Horror-Kostümen um die Besucher wie Motten um das Licht, doch auch von ihnen keine Spur.
»Ich helfe dir, deine Liste mit erotischen Wünschen wahr werden zu lassen, aber wie das ablaufen wird, bestimme ich, darüber waren wir uns einig.« Über seine Schulter hinweg sah er sie kurz an. »Im juristischen Sinne reicht eine mündliche Zusage, sie ist bindend.«
Kate bekam eine Gänsehaut, nicht etwa wegen der Figuren des skurrilen Museums, denn diese waren zu dilettantisch gefertigt, um echt zu wirken, sondern wegen der gruseligen Atmosphäre. Durch das gedämpfte Licht gab es zu viele Schatten, in denen sich jemand oder etwas verstecken
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