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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Schlamm aus, und bedauerlicherweise traf einer meiner Haken: Der Anführer der Bande lag flach auf der Erde. Ich vergaß den Zwischenfall, und bald flohen die Banditen in nacktem Entsetzen. Wir wandten uns der Kutsche zu, um den Dank der geretteten Damen entgegenzunehmen.
    Eierabschneider Wang hatte bei Hinterhofgefechten bereits seine Nase und beide Ohren verloren und schätzte es überhaupt nicht, auch noch ein paar Zähne eingebüßt zu haben. Mit einem Knüppel in der Hand schlich er sich von rückwärts an mich heran. »Ein Geschenk für Lord Lu von Yu!« brüllte er und schlug mit aller Macht zu. Vor meinen Augen explodierten prächtige goldgelbe und blaurote Sterne, dann wurde alles schwarz.
    Ich erwachte in einem sehr luxuriösen Bett, umgeben von sehr luxuriösen Damen, die sich um die Ehre stritten, die Beule auf meinem Kopf zu kühlen.
    »Er erwacht!« kreischten sie so laut sie konnten. »Lord Lu von Yu öffnet die göttlichen Augen!«
    Ich bin zu Höflichkeit erzogen worden, doch es gibt gewisse Grenzen.
    »Wenn ihr nicht mit dem höllischen Gezeter aufhört, wird Lord Lu von Yu euch mit seinen göttlichen Händen erwürgen«, stöhnte ich.
    Sie beachteten mich überhaupt nicht, das ohrenbetäubende Geschrei ging weiter, und allmählich begann ich, etwas zu verstehen. Unser wunderbares Eingreifen hatte sie alle vor Vergewaltigung und Schande bewahrt, und die vornehmen Quastenhüte, die grünen Seidengewänder, die jadegefaßten Silbergürtel, die Sezuanfächer und die prallen Geldkatzen mit den Goldmünzen von Geizhals Shen verminderten unser Ansehen bei ihnen keineswegs. Das alles entsprach dem Plan, doch mich verwirrte die wiederholte Erwähnung eines »Bräutigams«. Ich versuchte, genug Kraft zu sammeln, um ein paar Fragen zu stellen, als ich erkennen mußte, daß meine Wunden weit ernsthafter waren, als ich geglaubt hatte. Ich war so krank, daß ich glaubte, die Erde bebe und mein Bett tanze auf und ab. Ein dumpfes rhythmisches Stampfen, das an Lautstärke zunahm, begleitete diese Halluzination. Die Damen hörten urplötzlich auf zu plappern. Sie wurden blaß, verschwanden auf Zehenspitzen durch eine Seitentür, und ich roch den widerwärtigen Geruch von verwesendem Fleisch.
    Die Schlafzimmertür flog auf, und eine Frau stapfte herein, die ungefähr fünfhundert Pfund wiegen mußte. Der Boden erzitterte, als sie sich meinem Bett näherte. Inmitten von dicken, schlaffen, grauen Fleischwülsten funkelten so kalte Augen, wie ich sie selbst in Alpträumen noch nicht gesehen hatte; eine schwere, gedunsene Hand schnellte vor und packte mich am Kinn. Die eisigen Augen glitten über mein Gesicht. »Zufriedenstellend«, grunzte sie.
    Sie packte mich am rechten Arm und betastete meinen Bizeps. »Zufriedenstellend«, grunzte sie.
    Sie schlug die Decken zurück und drückte auf meine Brust. »Zufriedenstellend«, grunzte sie.
    Mit einem Ruck riß sie die Decke völlig herunter und befühlte meine Genitalien.
    »Zufriedenstellend«, grunzte sie.
    Dann trat dieses Wesen zurück, und ich starrte wie gebannt auf einen ausgestreckten Finger, der an eine faulende Wurst erinnerte. »Lord Lu von Yu nennen sie dich«, knurrte sie. »Ich kenne Yu gut, und dort gibt es keinen Lord Lu. Deinen altersschwachen Begleiter nennen sie Lord Li von Kao, und eine Provinz Kao gibt es nicht. Ihr seid Hochstapler und Glücksritter, aber eure verbrecherischen Absichten interessieren mich nicht.«
    Sie stemmte die Arme in die Hüften und funkelte mich an. »Meine Enkeltochter hat Gefallen an dir gefunden, und ich will Urenkel«, fauchte sie. »Die Hochzeit findet statt, sobald deine Wunden geheilt sind. Du wirst mir sieben Urenkel schenken, und es werden alles Knaben sein. Ich beabsichtige, die T'ang-Dynastie zu stürzen und die Sui wieder an die Macht zu bringen; dazu eignen sich Knaben besser. Inzwischen wirst du mich nicht dadurch reizen, daß ich dein dummes Gesicht öfter als unbedingt notwendig zu sehen bekomme. Und du wirst nur dann sprechen, wenn man dich anspricht. Freches Benehmen wird in meinem Haus mit sofortiger Enthauptung bestraft.«
    Das Monster machte kehrt und stapfte aus dem Raum. Die Tür fiel bösartig hinter ihr ins Schloß. Einen Augenblick lang lag ich wie gelähmt da; dann sprang ich aus dem Bett, rannte durch das Zimmer und wollte aus dem Fenster klettern. Der Anblick, der sich mir bot, ließ mich innehalten. Dieser riesige Landsitz besaß nicht weniger als sieben Lustgärten; und entsprechend der Tradition

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