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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Säckchen. Ich schüttete den Inhalt in meine Hand und starrte ungläubig darauf.
    »Nadeln? Meister Li, wieso hat dieser Kaufmann ein ganzes Heer von Wachen angeheuert, um billige Eisennadeln zu bewachen?«
    »Großer Buddha, dieser Mann kann unmöglich allein arbeiten. Er muß der Vertreter eines Konsortiums sein, dem die reichsten Männer von China angehören!« Meister Li blieb der Mund offen stehen. Ich wußte nicht, wovon er redete. Li Kao riß das Stück Leinwand beiseite und nahm einen merkwürdigen Gegenstand heraus - wie wir später entdeckten, enthielt die Kiste davon 270 -, und begann die Nadeln daran zu hängen. Das Eisen sprang praktisch auf die Oberfläche, und die nächste Nadel hängte sich an die erste. »Zehn«, betete er, »wenn zehn Nadeln halten! Sieben... acht... neun... zehn... elf... zwölf... dreizehn... vierzehn... fünfzehn... sechzehn... siebzehn...«
    Die achtzehnte Nadel fiel auf die Erde, und Li Kao drehte sich mit vor Staunen geweiteten Augen nach mir um.
    »Nummer Zehn der Ochse, die Kaufleute und Seeleute der Barbaren werden ihre Seelen für magnetische Kompasse aus China verkaufen, die rein genug sind, um zehn aneinanderhängende Nadeln zu halten. Und wir haben hundert, die rein genug sind, um siebzehn zu halten! Mein Junge, ich habe zu meiner Zeit ein paar gute Fischzüge gemacht. Aber das ist geradezu lächerlich!« sagte er ernst, »wir zwei sind gerade die zwei reichsten Männer von ganz China geworden!«
     

14.
Lotuswolke
     
    Die wichtigste Aufgabe bestand nun darin, uns den Ruf als unermeßlich reiche und großzügige Herren zu schaffen. Ich erinnere mich verschwommen an Blumen und Gongs, an Weihrauch und Silberglöckchen, an Bootsrennen, Würfelspiele und Grillenkämpfe, an Festlärm, Bankette und das Gewirr sinnlicher, nackter Leiber. Wir bestiegen bunt bemalte Bordellschiffe, fuhren über azurblaue Seen und ankerten an künstlichen Smaragdinseln, wo bleiche Priester mit gedunsenen Gesichtern und unruhig zuckenden Händen die seltsamsten Dinge in sonderbaren Pagoden verkauften, und wir ließen uns in einer Sänfte, die so groß war, daß sie sechzig seufzende Sklaven schleppen mußten, durch die Straßen tragen. Nackte Tanzmädchen leisteten uns anmutig Gesellschaft; wir griffen in eine messingbeschlagene Truhe und warfen mit beiden Händen Silbermünzen in die jubelnde Menge, die uns auf Schritt und Tritt begleitete.
    »Kauft euch saubere Kleider!« riefen wir, »tut etwas gegen euren schlechten Atem und trinkt anständigen Wein! Befreit euch von den widerlichen Läusen! Badet!«
    »Lang lebe Lord Li von Kao!« brüllte die Menge, »lang lebe Lord Lu von Yu!«
    Möglicherweise erwecke ich den Eindruck, als hätte ich unsere eigentliche Aufgabe vergessen. Doch so war es nicht. Nacht für Nacht träumte ich von den Kindern meines Dorfes Ku-fu, und Schuldgefühle begannen, mich zu martern. Mit großer Erleichterung hörte ich Meister Li sagen, unser Ruf sei nun gefestigt, und wir könnten zu Werke gehen. Er kam zu dem Schluß, wir würden den Schlüsselhasen am schnellsten kennenlernen, wenn wir unseren Palast niederbrannten, den wir für einen halsabschneiderischen Preis von dem Herzog von Ch'in gemietet hatten. Ich briet eine Gans über der Glut, als der kleine Bursche herbeitrippelte. »O je, o je, o je!« jammerte er, »Bestimmung 226, Paragraph D, Absatz B: Paläste, gemietet, unfreiwillige Zerstörung...«
    »Vorsätzliche... mich hat der Anblick gestört«, sagte Meister Li gähnend.
    »Absatz C: Paläste, gemietet, vorsätzliche Zerstörung. Voller Wert plus fünfzig Prozent, plus Kosten für Brandbekämpfung, plus Trümmerbeseitigungskosten, plus dreimal die normale Strafe für Störung der öffentlichen Ruhe, plus fünfzig Prozent der Gesamtsumme wegen Schmähung eines vom Herzog geschaffenen Anblicks, plus...«
    »Hört auf zu plappern, Ihr Dummkopf, und nennt mir die Gesamtsumme!« unterbrach ihn polternd Meister Li.
    Ich glaubte, der Kleine würde sterben. Er verdrehte die rot geränderten Augen, richtete sie gen Himmel und kreischte: »Neunzehntausendsiebenhundertundzweiundsechzig Goldstücke!« Li Kao wies achselzuckend auf eine lange Reihe von Truhen. »Nehmt eine von den blauen«, sagte er gleichgültig, »zwar enthalten die blauen je zwanzigtausend Goldstücke, aber Lord Li von Kao und Lord Lu von Yu werden sich bestimmt nichts herausgeben lassen.« Der Schlüsselhase fiel rücklings zu Boden. Es dauerte eine Weile, ihn wiederzubeleben. Doch er erkannte

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