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Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel

Titel: Meister Li 01 - Die Brücke der Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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Regenschauer Herabsinken und trippelt mit winzigen Schritten dem neuen Tag entgegen, der wie jeder andere Tag aus Klatsch und Kichern besteht.«
    »Das ist es ja!« rief ich, »Lotuswolke hüpft aus dem Bett, steckt den Kopf in einen Eimer kalten Wasser, schreit: Aaarrrgghh!, fährt sich mit dem Kamm durch die Haare und sieht sich um, ob jemand in der Nähe ist, der sie lieben möchte. In diesem Fall hüpft sie wieder ins Bett. Andernfalls zieht sie sich irgendein Kleid über, das gerade zur Hand ist, springt durch die Tür oder durch das Fenster hinaus, um zu sehen, welche Wunder der neue Tag bringt. Da sie die Welt mit den verklärten Augen eines Kindes betrachtet, muß jeder Tag wunderbar sein.«
    »Das«, seufzte der Schlüsselhase, »sagen alle ihre Beschützer. Ich wünschte, ich könnte mir meine liebe Frau für mich allein leisten.«
    »Niemand kann sich Eure liebe Frau leisten«, brummte Meister Li. Er hatte nicht ganz unrecht, obwohl Lotuswolke in ihrer Habgier keineswegs wahllos war. Das liebe Mädchen hatte sich bereits im frühen Alter spezialisiert; Diamanten interessierten sie nicht, und Smaragde langweilten sie zu Tode. Ich gab ihr einmal ein mit Gold gefülltes Kästchen, und sie schenkte es umgehend einer Freundin. »Warum hast du das getan?« fragte ich.
    »Weil sie es wollte, Bu-Fi«, antwortete Lotuswolke. Es war unübersehbar, daß sie mich für einen Schwachkopf hielt, weil ich eine so dumme Frage stellte.
    Ah, aber dieses Kästchen mit Perlen und Jade gefüllt! Nie zuvor oder danach habe ich etwas erlebt, das sich mit ihrer Reaktion auf ein Geschenk von Perlen und Jade vergleichen ließ. Ihre Augen wurden groß vor Staunen, und sie streckte ehrfürchtig die Hände danach aus. Ein herzbewegendes Verlangen erfaßte bebend ihren ganzen Körper, und unbeschreibliches Sehnen verklärte ihr Gesicht. Die Wucht ihrer nackten Gier warf einen praktisch um. Sie flog ihrem Anbeter in die Arme und schwor, ihn bis in alle Ewigkeit zu lieben. Ein Mann tut praktisch alles, um eine solche Reaktion hervorzurufen. Und darin bestand das Problem. Nach zehn Minuten hatte Lotuswolke das wunderbare Geschenk vergessen. Und wenn einem an der Wiederholung dieser Reaktion lag, mußte man ein neues Kästchen voll Perlen und Jade herbeischaffen.
    »Wie jeder klassische Schwindel ist das die einfachste Sache der Welt«, sagte Meister Li mit widerwilliger Hochachtung. »Ich bewundere ihre Technik sehr, selbst wenn sie mich in den Ruin treibt«, sagte ich.
    »Das«, seufzte Schlüsselhase, »sagen alle ihre Beschützer.«
    Li Kao machte bei dem Schlüsselhasen großartige Fortschritte. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es uns gelingen würde, den Steuereinnehmer des Herzogs zu überreden, uns in das Labyrinth zu schmuggeln und wieder herauszubringen, doch bis dahin mußte ich Lotuswolke mit Perlen und Jade versorgen. Das Gold in unseren Kisten schmolz wie Schnee im August dahin. Und eines schrecklichen Morgens starrte ich ungläubig auf die Handvoll Münzen, die von dem größten privaten Vermögen in China übriggeblieben waren. »Mach kein so schuldbewußtes Gesicht, Ochse«, sagte Meister Li tröstend, »die Rupftechnik des reizenden Mädchens ist sehr bemerkenswert. Warum rupfen wir nicht selbst ein bißchen?« Nicht lange danach schlug ein eindrucksvoller Bursche namens Leberlippe Loo, der als Haushofmeister eines vornehmen Hauses herausgeputzt war, mit einem goldbeschlagenen Stab an die Tür des knausrigsten Geizhalses der Stadt. Hinter Leberlippe Loo befand sich eine prachtvolle Sänfte mit zwei eleganten Aristokraten, ein mit Abfällen beladener Karren und eine Ziege.
    »Öffnet die Tür!« brüllte Leberlippe Loo, »zehntausendfacher Segen ist über Euch gekommen, denn Lord Li von Kao und Lord Lu von Yu haben sich herabgelassen, in dieser elenden Hütte zu ruhen!« Ich bin zu dem Schluß gekommen, das Problem mit der romantisch verklärten Gerechtigkeit ist, daß sie nicht weiß, wann sie damit aufhören soll.
    Die Tür flog krachend auf, und wir starrten auf einen Mann, der sechs Häuser in sechs verschiedenen Städten besaß und gesegnet war mit zwei glitzernden Schweinsäuglein, einem kahlen, fleckigen Schädel, einer Nase, die so scharf gekrümmt war wie ein Papageienschnabel, den schlaffen, hängenden Lippen eines Kamels und zwei runzligen Elefantenohren, aus denen dicke Büschel borstiger, grauer Haare ragten.
    »Was habt Ihr mit meinen fünfhundert Goldstücken gemacht?« schrie Geizhals Shen.
    Leberlippe

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