Meister und Margarita
de Fougeret gewesen. Anna Franzewna de Fougeret, eine fünfzigjährige, ehrwürdige und ausgesprochen geschäftige Dame, hatte drei der fünf Räume vermietet – unter anderem an einen, der Belomut hieß (oder jedenfalls so ähnlich) und einen, dessen Name verloren ging.
Und dann waren in der Wohnung auf einmal recht wundersame Dinge passiert: Die Einwohner hatten sich nacheinander spurlos in Luft aufgelöst.
Eines schönen Sonntags klingelt an der Wohnungstür ein Milizmann. Lässt den zweiten Mieter rufen (das ist der, dessen Name verloren ging). Und bittet ihn kurz mal mit aufs Revier, um irgendetwas zu unterschreiben. Der Mieter trägt Anfissa auf (das ist Anna Franzewnas langjähriges, braves Hausmädchen), wenn jemand anruft, soll sie ausrichten, er ist in zehn Minuten zurück. Und geht weg zusammen mit dem freundlichen Milizmann in weißen Handschuhen. Aber zurück kommt er nicht. Weder in zehn Minuten noch sonst wann. Verblüffenderweise scheint nicht nur er, sondern auch der Milizmann verschwunden zu sein!
Die gottesfürchtige beziehungsweise abergläubische Anfissa teilt es der völlig aufgelösten Anna Franzewna ohne Umschweife mit: Hexerei! Sie kann es sich denken, wer den Mieter und den Milizmann geholt hat! Will es aber zur Nacht nicht sagen.
Hexerei braucht bekanntlich nur anzufangen, schon ist sienicht mehr zu halten. Der nächste Mieter, so wird erinnert, verschwand am folgenden Montag. Am Mittwoch schließlich war Belomut wie vom Erdboden verschluckt, allerdings unter anderen Umständen: Morgens kommt zu ihm sein Chauffeur, um ihn zur Dienststelle zu befördern. Tut es, doch fährt ihn nicht wieder nach Haus’. Bleibt auch selbst für alle Zeit fort.
Anna Franzewnas Sorge und Furcht waren kaum zu beschreiben. Doch beides sollte nicht lange dauern. Noch in derselben Nacht kommt sie mit Anfissa von der Datscha zurück, wohin sie plötzlich in Windeseile abreisen musste. Da merkt sie, dass auch Frau Belomut abwesend ist. Aber nicht genug: Die zwei Zimmer der Eheleute Belomut sind auf einmal versiegelt!
Es vergehen ein paar Tage, mehr schlecht als recht. Anna Franzewna findet nachts keinen Schlaf. Und bricht dann wieder in aller Hast zur Datscha auf … Bedarf es der Feststellung, dass sie seitdem nie wieder gesehen wurde?
Die arme Anfissa, allein geblieben, weinte von Herzen und legte sich erst nach ein Uhr ins Bett. Nun, was weiter mit ihr geschah, weiß niemand so richtig. Doch die Leute aus anderen Wohnungen meinen, es habe dort, in der Nummer 50, die ganze Nacht über so komisch gepoltert, und die Fenster seien bis zum Morgengrauen erleuchtet gewesen. Am nächsten Tag stellt es sich raus: Anfissa ist auch verschwunden!
Die Verschollenen aus der verfluchten Wohnung blieben im Haus noch lange Zeit Gegenstand zahlreicher Phantastereien. Demnach soll die dürre und fromme Anfissa auf ihrer hageren Brust ein Ledersäckchen getragen haben und darin fünfundzwanzig hochkarätige Diamanten, die Anna Franzewna gehörten. Dann wären im Holzschuppen jener Datscha, wohin Frau de Fougeret so eilig verreisen musste, ganz von allein irgendwelche unermesslichen Schätze aufgetaucht – gleichermaßen in Form von Brillanten oder Goldmünzen mit Zarenprägung … Und Ähnliches mehr. Tja, wir wissen’s nicht genau, können es folglich auch nicht beschwören.
Wie dem auch sei, leer und versiegelt stand die Wohnung nur eine Woche. Kurz darauf zogen dort ein: der verstorbene Berlioz mit seiner Gemahlin und der bereits erwähnte Stjopa, ebenfalls mit Gemahlin. Na bitte, kaum hatten sie sich am verflixten Ort niedergelassen, da war auch bei ihnen der Teufel los. Ja, innerhalb eines einzigen Monats verschwanden die beiden Ehefrauen! Aber zum Glück nicht völlig spurlos: So wurde Berlioz’ bessere Hälfte angeblich in Charkow gesichtet – zusammen mit einem Ballettmeister. Während die Gattin von Stjopa auf der Boschedomka erschien, und es wird gemunkelt, der Direktor des Varieté musste zig Hebel in Bewegung setzen, um alles zu ritzen und ihr dort ein Zimmer zu organisieren, aber nur unter einer Bedingung: Dass sie sich bei ihm, in der Gartenstraße, ums Verrecken nicht wieder blicken lässt …
Stjopa winselte also. Grunja, das Hausmädchen! Pyramidon! Aber irgendwie kapierte er schließlich: Blödsinn! Grunja hat nie und nimmer Pyramidon für ihn. Berlioz! Hilfe! Mischa … Mischa … Keine Antwort. Die Wohnung vollkommen still.
Er bewegte die Zehen. Aha. Er liegt in Socken. Mit zitternder Hand strich
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