Meisternovellen
als ich sie nur abwehrend … ja fast wegstoßend anblickte, daß sie sich zwei oder drei Monate vorher heiß im Bett mit einem Mann gewälzt hatte, nackt wie ein Tier und vielleicht stöhnend vor Lust, die Körper ineinander verbissen wie zwei Lippen … Das, das war der brennende Gedanke, der mich überfiel, als sie mich so hochmütig, so unnahbar kühl, ganz wie ein englischer Offizier anblickte … und da, da spannte sich alles in mir … ich war besessen von der Idee, sie zu erniedrigen … von dieser Sekunde sah ich durch das Kleid ihren Körper nackt … von dieser Sekunde an lebte ich nur im Gedanken, sie zu besitzen, ein Stöhnen aus ihren harten Lippen zu pressen, diese Kalte, diese Hochmütige in Wollust zu fühlen so wie jener, jener andere, den ich nicht kannte. Das … das wollte ich Ihnen erklären … Ich habe nie, so verkommen ich war, sonst als Arzt die Situation zu nutzen gesucht … Aber diesmal war es ja nicht Geilheit, nicht Brunst, nichts Sexuelles, wahrhaftig nicht … ich würde es ja eingestehen … nur die Gier, eines Hochmuts Herr zu werden … Herr als Mann … Ich sagte es Ihnen, glaube ich schon, daß hochmütige, scheinbar kühle Frauen von je über mich Macht hatten … aber jetzt, jetzt kam noch dies dazu, daß ich sieben Jahre hier lebte, ohne eine weiße Frau gehabt zu haben, daß ich Widerstand nicht kannte … Denn diese Mädchen hier, diese zwitschernden kleinen zierlichen Tierchen, die zittern ja vor Ehrfurcht, wenn ein Weißer, ein ›Herr‹ sie nimmt … sie löschen aus in Demut, immer sind sie einem offen, immer bereit, mit ihrem leisen, glucksenden Lachen einem zu dienen … aber gerade diese Unterwürfigkeit, dieses Sklavische verschweint einem den Genuß … Verstehen Sie jetzt, verstehen Sie es, wie das dann auf mich hinschmetternd wirkte, wenn da plötzlich eine Frau kam, voll von Hochmut und Haß, verschlossen bis an die Fingerspitzen, zugleich funkelnd von Geheimnis und beladen mit früherer Leidenschaft … wenn eine solche Frau in den Käfig eines solchen Mannes, einer so vereinsamten, verhungerten, abgesperrten Menschenbestie frech eintritt … Das … das wollte ich nur sagen, damit Sie das andere verstehen … das, was jetzt kam. Also … voll von irgendeiner bösen Gier, vergiftet von dem Gedanken an sie, nackt, sinnlich, hingegeben, ballte ich mich gleichsam zusammen und täuschte Gleichgültigkeit vor. Ich sagte kühl: ›Zwölftausend Gulden? … Nein, dafür werde ich es nicht tun.‹
Sie sah mich an, ein wenig blaß. Sie spürte wohl schon, daß in diesem Widerstand nicht Geldgier war. Aber doch sagte sie:
›Was verlangen Sie also?‹
Ich ging auf den kühlen Ton nicht mehr ein. ›Spielen wir mit offenen Karten. Ich bin kein Geschäftsmann … ich bin nicht der arme Apotheker aus Romeo und Julia, der für ›corrupted gold‹ sein Gift verkauft … ich bin vielleicht das Gegenteil eines Geschäftsmannes … auf diesem Wege werden Sie Ihren Wunsch nicht erfüllt sehen.‹
›Sie wollen es also nicht tun?‹
›Nicht für Geld.‹
Es wurde ganz still für eine Sekunde zwischen uns. So still, daß ich sie zum erstenmal atmen hörte.
›Was können Sie denn sonst wünschen?‹
Jetzt hielt ich mich nicht mehr.
›Ich wünsche zuerst, daß Sie … daß Sie zu mir nicht wie zu einem Krämer reden, sondern wie zu einem Menschen. Daß Sie, wenn Sie Hilfe brauchen, nicht … nicht gleich mit Ihrem schändlichen Geld kommen … sondern bitten … mich, den Menschen, bitten, Ihnen, dem Menschen, zu helfen … Ich bin nicht nur Arzt, ich habe nicht nur Sprechstunden … ich habe auch andere Stunden … vielleicht sind Sie in eine solche Stunde gekommen …‹
Sie schweigt einen Augenblick. Dann krümmt sich ihr Mund ganz leicht, zittert und sagt rasch:
›Also wenn ich Sie bitten würde … dann würden Sie es tun?‹
›Sie wollen schon wieder ein Geschäft machen – Sie wollen nur bitten, wenn ich erst verspreche. Erst müssen Sie mich bitten – dann werde ich Ihnen antworten.‹
Sie wirft den Kopf hoch wie ein trotziges Pferd. Zornig sieht sie mich an.
›Nein – ich werde Sie nicht bitten. Lieber zugrunde gehen!‹
Da packte mich der Zorn, der rote, sinnlose Zorn.
›Dann werde ich fordern, wenn Sie nicht bitten wollen. Ich glaube, ich muß nicht erst deutlich sein – Sie wissen, was ich von Ihnen begehre. Dann – dann werde ich Ihnen helfen.‹
Einen Augenblick starrte sie mich an. Dann – oh, ich kann, ich kann nicht sagen, wie
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