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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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normalen Mädchen. Zwischen Hosen und Turnschuhen übt Pippa Boxen.

Robinie
    „Jippie!“, jubelt Pippa auf dem Heimweg und hüpft auf meiner Schulter herum. „Damit ist Teil eins unseres Plans erfolgreich erledigt!“
    „Pippa, du wärst fast …“ Ich überlege kurz, ob man bei einer Playmobil-Figur ‚gestorben‘ sagen kann. „Du wärst fast kaputtgegangen! Ich wäre fast erwischt worden! Das nennst du erfolgreich?! Ich nenne das einen Katastrophenplan!“
    „Okay, es gab zwischendurch ein paar kleine Probleme“, gibt Pippa zu. „Aber wir haben die Kleider, oder? Jetzt kommen wir zu Teil zwei meines Plans: Wir brauchen etwas, um Wills Flügel zu verstecken. Ich schlage vor, wir hängen ihm eine Decke über, schneiden zwei Löcher für die Augen rein …“
    „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, unterbreche ich sie. „Auffälliger geht’s ja wohl nicht! Nein, wir bräuchten … so was wie das hier!“
    Ich zeige auf das Schaufenster eines Ladens, in dem man gebrauchte Kleider günstig kaufen kann. Eine der Schaufensterpuppen trägt einen alten, hellgrauen Mantel.
    „Stimmt, der ist fast so gut wie eine Decke! Wills Flügel werden darunter völlig verschwinden. Also los, klauen wir den Mantel!“, feuert Pippa mich an. „Wir haben doch jetzt Übung.“
    „Und wie stellst du dir das bitte vor?“, frage ich pampig. „Soll ich mit der Schaufensterpuppe unter dem Arm aus dem Laden rennen?“
    „Du könntest die Puppe aufwecken, dann kann sie vielleicht selber rennen“, schlägt Pippa vor. Manchmal glaube ich, ihr Plastikköpfchen ist einfach zu klein für ein richtiges Gehirn. „Oder hast du eine Idee, wo wir Geld herkriegen können? Der Mantel ist zwar billig, aber immer noch zu teuer für uns“, piepst sie kleinlaut, als sie mein wütendes Gesicht sieht.
    Die Diskussion wäre wahrscheinlich noch ewig so weitergegangen, doch plötzlich höre ich hinter mir eine vertraute Stimme, die meinen Namen ruft. Schnell pflücke ich Pippa von meiner Schulter und stopfe sie in meine Hosentasche.
    Als ich mich umdrehe, steht Jessie vor mir. „Hey, Melina. Was gibt es denn da zu sehen?“, fragt sie und drückt sich die Nase am Schaufenster platt, um hineinzuspähen.
    „Ach, nichts Besonderes“, antworte ich und gehe rasch weiter.
    Jessie läuft neben mir her. Eigentlich wollte ich zu Will auf den Friedhof. Aber mit Jessie an meiner Seite bleibt mir nichts anderes übrig, als nach Hause zu laufen.
    „Das war ja ein Ding, oder?“, fragt sie aufgedreht.
    „Hmm“, brumme ich, ohne sie anzusehen.
    „Was, meinst du, will der Dieb mit Maiks Jeans?“
    „Weiß nicht“, murmele ich.
    „Besonders gesprächig bist du ja nicht gerade. Ist es immer noch wegen deiner Mutter und ihren Depressionen?“ Diese Frage wäre für andere Mädchen bestimmt mal wieder ein Grund, Jessie nicht zu ihrer Geburtstagsparty einzuladen.
    Ich antworte nicht, sondern gehe schneller und schweige sie so unfreundlich an, wie ich kann.
    Aber Jessie lässt nicht locker. „Tut mir leid, wenn ich mal wieder was Falsches gesagt habe. Aber ich finde wirklich, deine Eltern sollten mit dir darüber reden. Über die Depressionen und alles.“ Sie seufzt. „Das ist mal wieder typisch Erwachsene. Sie reden und entscheiden über unsere Köpfe hinweg, weil sie denken, wir wären noch zu jung oder zu blöd, solche Sachen zu verstehen.“
    Da ist was dran. Es wäre bestimmt besser gewesen, wenn meine Eltern richtig mit mir über Mamas Krankheit gesprochen hätten. Auf einmal merke ich, wie wütend ich auf die beiden bin.
    „Ja, und dann tun sie so, als wäre alles in Ordnung!“, bricht es aus mir heraus. „Aber ich bin nicht blöd! Ich merke doch, dass gerade nichts, gar nichts, in Ordnung ist! Und ich bin nicht zu jung dafür, das zu fühlen!“ Inzwischen sind wir in unserer Straße angekommen. Ich balle die Fäuste in den Jackentaschen und starre unser Haus an. Ich habe keine Lust, da reinzugehen. In letzter Zeit fühlt es sich nicht mehr richtig wie ein Zuhause an.
    „Das alles solltest du deinen Eltern mal sagen. Vielleicht geht’s dir dann besser“, rät mir Jessie. „Hier“, sagt sie und hält mir meinen Turnbeutel hin. „Den hast du vor dem Schaufenster liegen lassen. Ganz schön schwer, das Ding.“
    „Danke“, stottere ich und will danach greifen.
    Jessie zieht den Turnbeutel weg, aber als sie mein Gesicht sieht, gibt sie ihn mir wieder und lacht. „Weißt du was, Melina?“ Sie betrachtet mich mit schräg gelegtem Kopf.
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