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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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in der Nähe. „Dann also los“, sage ich. Gemeinsam gehen wir durch das Friedhofstor und treten hinaus auf die Straße.

Zombie-Fußball
    Was macht man mit jemandem, der fünf Minuten einen stinknormalen Briefkasten bewundert wie Erwachsene im Museum ein besonders interessantes Kunstwerk?
    „Was ist das, Melina?“
    Ich weiß nicht, wie oft Will mir diese Frage in der nächsten Stunde stellt. Zu oft jedenfalls! Bald schwirrt mir der Kopf davon.
    Wie funktioniert ein Auto? Was ist Strom? Warum schreiben Menschen Briefe?
    Die Warum-Fragen sind die schlimmsten.
    „Nicht alle Menschen haben Hosen an wie du, weil …“ Ich zeige auf eine Frau im Rock, die vor uns die Straße entlangläuft. „Die, die Röcke tragen, sind meistens Frauen oder Mädchen.“
    Will öffnet schon den Mund, um eine neue Frage auf mich abzufeuern.
    „Oh, es gibt zwei Sorten Menschen, sozusagen“, komme ich ihm zuvor. „Also, ich bin ein Mädchen und du bist ein Junge.“
    „Was ist der Unterschied?“, fragt Will.
    Ich fühle, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. „Ähm … also …“
    „Genau dafür gibt es die ‚Bravo‘ und Sexualkundeunterricht“, verkündet Pippa weise. „Am besten, du nimmst ihn nächste Woche mit in die Schule, Melina. Da kann er die Erwachsenen nerven.“
    Aber Will beschäftigt die Frage mit Röcken und Hosen immer noch. „Warum gibt es Mädchen und Jungen?“, fragt er mit gerunzelter Stirn. „Warum gibt es nicht nur eine Sorte Menschen oder drei?“
    Ich halte so abrupt an, dass Will fast gegen mich prallt. Dann drehe ich mich um und brülle ihn an: „ ICH HABE AUCH KEINE AHNUNG ! Frag Gott oder so, ich hab mir das alles hier nicht ausgedacht! Und jetzt halt bitte mal fünf Minuten einfach die Klappe, okay?!“
    Die Frau im Rock hat sich erschrocken nach uns umgedreht und da ist sie nicht die Einzige. In meiner Jackentasche schimpft Pippa missbilligend. Sie hasst es, wenn ich Will anschreie. Aber das ist mir egal.
    Die nächsten Minuten vergehen schweigend. Will trottet hinter mir her wie ein gehorsamer Hund, der seinem Frauchen auch ohne Leine folgt. Zu spät merke ich, dass ich ohne Nachdenken direkt nach Hause marschiert bin.
    Vor uns liegt meine Straße im Sonnenschein. Ich bleibe unschlüssig stehen. „Da vorne wohne ich“, sage ich und deute auf unser Haus.
    „Zu Hause“, flüstert Will ehrfurchtsvoll. „Darf ich es angucken?“
    Es ist seltsam, das Haus, in dem man lebt, von außen so genau zu betrachten. Noch nie habe ich mir die blaue Eingangstür, die Paps und ich letzten Sommer zusammen gestrichen haben, von der anderen Straßenseite aus angesehen. Sonst schließe ich diese Tür einfach auf, pfeffere meinen Rucksack in die Ecke und renne nach oben in mein Zimmer.
    Erst jetzt fällt mir auf, wie gemütlich unser Küchenfenster mit den selbst gebastelten Fensterbildern aussieht. Ja, es sieht aus, als würde hier eine richtig nette Familie wohnen. Obwohl meine Augen auf einmal brennen, merke ich, dass sich etwas verändert hat: Die Ostereier, die mich vor einigen Wochen so traurig gemacht haben, sind aus dem Strauch im Vorgarten verschwunden. Jemand muss sie abgehängt und im Garten Ordnung gemacht haben.
    Für einen Moment denke ich, das Haus hätte mir zugeblinzelt. Aber vielleicht war das auch nur die Gardine, die sich im ersten Stock bewegt hat. Ob Mama da oben am Fenster steht?
    Ich hebe zögernd die Hand, um ihr zuzuwinken.
    „Hey, Melina!“, ruft plötzlich jemand hinter mir. Erschrocken lasse ich die Hand sinken und drehe mich um. Jessie kommt auf mich zu. Sie hat sich ihren Fußball unter den Arm geklemmt und winkt mir mit einem gelben Umschlag zu. „Gut, dass ich dich treffe. Ich wollte dir eben eine Einladung …“ Sie verstummt und mustert Will von oben bis unten. „Hallo, wer bist du denn?“
    Will antwortet nicht. Er presst die Lippen fest aufeinander und wirft mir panische Blicke zu.
    „Ähm, das ist Will, mein … Cousin“, stottere ich. „Will, das ist Jessie, eine …“
    Nervensäge? Nachbarin? Freundin?
    „… eine aus meiner Schule. Du kannst ruhig mit ihr reden“, versuche ich die Lage zu entschärfen.
    „Genau, ich beiße nur manchmal … und nur Leute, die es verdienen!“ Jessie schenkt Will ein strahlendes Grinsen, auf das jeder Zahnarzt stolz wäre.
    Will weicht hinter meinen Rücken zurück. Er bleibt in meiner Nähe und er hält den Mund. „Super, Will macht wirklich genau das, was du ihm gesagt hast! Und damit macht er sich total
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