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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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verdächtig!“, zischt Pippa dicht neben meinem Ohr. „Los, unternimm was, Melina!“
    „Mein Cousin versteht leider noch nicht so gut Deutsch. Er kommt nämlich aus …“ Ich nenne den Namen des am weitesten entfernten Landes, das ich mir vorstellen kann. „Aus Lappland!“
    Im selben Moment, in dem ich es ausspreche, weiß ich, dass ich einen Fehler gemacht habe, denn Jessies Grinsen wird noch breiter und begeisterter. „Wow, Lappland! Wie ist es da? Wo wohnst du, in so einer Hütte mitten in der Eiswüste?“ Sie ist fast so gut im Fragenstellen wie Will.
    Er lächelt vorsichtig zurück. „Nein, auf dem Friedhof“, antwortet er.
    Ich höre, wie Pippa sich die kleine Plastikhand gegen die Stirn klatscht, und muss den Impuls unterdrücken, dasselbe zu tun.
    Jessie zieht die Augenbrauen hoch und wirft mir einen fragenden Blick zu.
    „Er meint, er wohnt direkt neben einem Friedhof“, erkläre ich hastig. „Seine Eltern … äh … machen Grabsteine. Sie sind nämlich Grabsteinhersteller in Lappland.“
    „Ah ja“, sagt Jessie gedehnt. „Cool. Und was machst du hier in Deutschland, Will?“
    Die ganze Situation wächst mir langsam über den Kopf. „Will kann wirklich noch nicht so gut Deutsch, Jessie. Ich glaube, wir sollten jetzt …“
    „Oh, okay. Man muss ja auch nicht unbedingt reden“, lenkt Jessie ein. „Vielleicht wollt ihr mit mir Fußballspielen gehen?“
    „Ja“, antwortet Will, während ich gleichzeitig „Nein!“ rufe.
    „Nein, wir müssen …“ Aber leider fällt mir nichts ein, was wir dringend müssten. Meine Fantasie ist nach den ganzen Lügen über Lappland und Grabsteinhersteller völlig erschöpft. Also trotte ich Jessie und Will hinterher zum Park.
    „Wie sollen wir aus dem Schlamassel nur wieder rauskommen?“, flüstert Pippa mir zu. Aber ich habe keine Ahnung.
    Der Park ist gar kein richtiger Park, jedenfalls ist er nicht besonders groß oder schön. Es gibt einen kleinen See, um den am Wochenende Mütter ihre Buggys herumschieben, während die größeren Kinder versuchen, die Enten mit trockenem Brot abzuwerfen. Dann gibt es noch einen Spielplatz und die Fußballwiese. Das Gras hier ist kein grüner Teppich wie bei den Spielen im Fernsehen. Nein, die Wiese erinnert eher an einen abgewetzten Fußabtreter, mit kahlen Stellen vom vielen Gebrauch. Sonst sind meist ein paar ältere Jungs zum Bolzen hier, aber heute gehört die Wiese uns.
    „Ich schlage vor, ihr beide spielt gegen mich“, verkündet Jessie und lässt den Fußball auf ihren Knien und Füßen tanzen. Das macht sie bestimmt nur, um Will zu beeindrucken. Es klappt ziemlich gut: So wie er sie anstarrt, scheint er noch faszinierter von ihr zu sein als von dem Briefkasten vorhin. Und das will was heißen.
    Ich taste nach der Kastanie in meiner Tasche und fühle ein plötzliches Stechen, als hätte ich einen giftgrünen Stachelball in der Brust.
    „Zwei gegen einen, das ist nicht besonders fair“, wende ich ein, in der Hoffnung, dass es doch nichts wird mit dem Spiel und Will und ich einfach verschwinden können.
    „Stimmt, es ist unfair“, grinst Jessie. „Ihr beide werdet haushoch gegen mich verlieren.“
    „Das werden wir doch mal sehen“, murmele ich. „Will, du stellst dich da drüben hin“, kommandiere ich und zeige auf das windschiefe Tor. „Wenn der Ball auf dich zugeflogen kommt, versuch ihn zu fangen oder wegzuschießen, okay?“
    „Was denn“, lacht Jessie, „Will weiß doch wohl, wie Fußball geht! Das spielt man schließlich überall auf der Welt. Sogar in Lappland, oder?“
    „Klar“, sagt Will.
    „Interessant“, wispert Pippa irgendwo aus den Tiefen meiner Jackentasche. „Das ist das erste Mal, dass er gelogen hat.“ Ich möchte das nicht hören und ich möchte mich auch nicht fragen, warum Will das getan hat. Also ziehe ich die Jacke aus und lege sie an den Spielfeldrand.
    „Willst du deinen Mantel nicht auch ausziehen?“, ruft Jessie Will zu. „Dann hast du zumindest eine kleine Chance, meine Bälle zu kriegen! Was hast du eigentlich da am Rücken?“
    „Das sind meine …“ Bevor Will das Wort „Flügel“ aussprechen kann, unterbreche ich ihn. „Will hat eine Behinderung. Am Rücken. Eine Art Rückenbehinderung.“ Die meisten Leute würden jetzt peinlich berührt weggucken.
    Aber Jessie ist nicht wie die meisten. Sie blickt Will und mich direkt an. „Ah ja, Rückenbehinderung. Ist bestimmt häufig in Lappland, hmm?“, sagt sie und startet ihren ersten Angriff auf unser
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