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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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nehme ich jetzt dir etwas weg!“ Mit diesen Worten packt er mein Herbarium und stopft es in seinen Rucksack. Ich kann nichts dagegen machen, er ist viel stärker als ich. Also sitze ich nur auf dem Boden und weine.
    „Heul nicht“, knurrt Maik, als er an mir vorbei aus dem Raum stapft. „Du hast angefangen mit dem Mist!“
    Mit einem Aufschrei werfe ich Maik das Pflanzenbuch hinterher, doch es prallt nutzlos gegen die Tür, die längst hinter ihm zugefallen ist. Mit zerknitterten Seiten bleibt es auf dem schmutzigen Boden liegen.
    Ich denke an all die Arbeit, die Will, Pippa und ich in das Herbarium hineingesteckt haben. Ja, ich hätte bestimmt eine Eins dafür bekommen, ganz sicher! Überhaupt, das war das erste Mal an der neuen Schule, dass ich etwas richtig gut gemacht habe! Zum ersten Mal seit Monaten bin ich auf etwas richtig stolz gewesen.
    „Das ist nicht fair!“, schluchze ich. „Dieser Blödmann hatte kein Recht, es zu stehlen!“
    Pippa kommt zu mir getrippelt und klettert an meinem Pulli hoch. Tröstend streichelt sie mein Ohr. „Du könntest versuchen, noch mal mit ihm zu reden … Vielleicht könnt ihr euch einigen. Er bekommt seine ach-so-tolle Jeans wieder und du kriegst dein Herbarium zurück.“
    „Das glaubst du doch selber nicht!“, schnaube ich. „Maik ist dumm und gemein. Mit dem kann man nicht reden!“
    Wenn ich die Augen schließe, kann ich das Bild des Robinienzweigs vor mir sehen, den meine Mutter mir geschenkt hat. Die Blätter lodern vor meinen Augen.
    Mit dem Ärmel wische ich mir Rotz und Tränen vom Gesicht. „Ich werde es mir zurückholen!“, erkläre ich entschlossen.
    „Ach ja, und wie soll das bitte gehen?“, fragt Pippa. „Dass Maik viel stärker ist als du, habt ihr doch eben schon geklärt!“
    Zum hundertsten Mal bedauere ich, dass ich keinen großen Bruder habe. Der könnte Maik verkloppen, dann würde er das Herbarium schon wieder rausrücken. Ach was, mein Bruder müsste ihn nur angucken, dann würde dieser Dieb schon um Verzeihung betteln! Denn mein Bruder wäre der größte und stärkste Junge von allen auf dem Schulhof, unbesiegbar und hart wie Stein. Nur zu mir wäre er immer lieb. Ich werde richtig traurig, dass es ihn nicht gibt.
    Aber halt. Ich habe ja …
    „Will!“, platze ich heraus. „Will muss mir helfen!“
    Pippa hat aufgehört, mich zu streicheln. „Tolle Idee!“, ruft sie, aber ich kann hören, dass sie die Idee gar nicht toll findet. „Wenn Will beim Kämpfen noch mal ein Arm abbricht, kann man den ja wieder ankleben … Nein, es ist nicht richtig, ihn so zu benutzen. Weißt du nicht mehr, wie die Geschichte von Rabbi Löw und seinem Golem ausgegangen ist?“
    Ich ignoriere Pippas feines Stimmchen und stehe auf. „Das ist doch etwas ganz anderes“, sage ich laut. Meine Stimme hallt in dem leeren Klassenraum wider.
    Nach der Schule beschatte ich Maik. So nennen sie das in den Detektivfilmen, wenn man jemandem unauffälliger folgt als sein eigener Schatten. Pippa behauptet, dass ich zur Tarnung unbedingt einen Hut bräuchte. Oder noch besser: mehrere Perücken und falsche Bärte zum Wechseln, damit Maik mich nicht erkennt. Aber es geht auch ohne. Maik hat offensichtlich noch weniger Ahnung vom Verfolgtwerden als ich vom Verfolgen, denn er schaut sich kein einziges Mal um. Stattdessen bleibt er ab und zu an einer grünen Ecke stehen und pflückt etwas ab.
    „Warum macht er das? Er hat jetzt mein Herbarium, da braucht er doch keine Pflanzen mehr zu sammeln“, flüstere ich Pippa zu.
    „Bestimmt eine geheime Mission“, raunt Pippa zurück. Ich glaube, sie schaut zu viel fern.
    Wir folgen Maik in einigem Abstand bis in ein Neubauviertel am Stadtrand. Schließlich bleibt er vor einem stinknormalen Reihenhaus stehen und klingelt. Pippa und ich ducken uns hinter die Hecke des winzigen Vorgartens.
    Die Tür fliegt auf. Heraus kommt ein etwa vierjähriger Junge, der um Maik herumspringt wie ein junger Hund. „Hallo, Maik, hast du … hast du Löwenzahn für Flecki mitgebracht?“, ruft er zwischen den Sprüngen.
    „Hmm“, brummt Maik und wedelt mit dem Grünzeug. Dann beugt der große, schreckliche Maik sich runter, und der kleine Junge krabbelt auf seinen Rücken und schlingt ihm die Arme um den Hals. „ UUAH !“, brüllt Maik und richtet sich wieder auf. „Ich hab Bärenhunger! Was gibt’s zu essen? Wenn ich nicht gleich was kriege, gibt’s gebratenen Flecki mit Löwenzahnsalat!“
    Der Junge kichert, als Maik ihn ins Haus trägt.
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