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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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vorsichtig meine Zimmertür öffne, sehe ich Jessie bäuchlings auf dem Bett liegen. Sie streckt ihre schönen, durchtrainierten Fußballerwaden in die Luft und liest in einem Buch. Beim Näherkommen erkenne ich, dass es kein Buch ist, sondern der Ordner mit meinem fast fertigen Herbarium.
    „Hey, Melina, das ist echt schön geworden! Muss ja irre viel Arbeit gemacht haben“, begrüßt Jessie mich. Sie wackelt mit den Zehen und blättert eine Seite um. Als hätte es heute keine abfallenden Arme und keinen Streit gegeben. Als würde sie täglich auf meinem Bett rumlümmeln und hätte das Recht, in meinen Sachen rumzukramen, weil wir beste Freundinnen sind.
    „Hier, ich hab dir was mitgebracht!“ Jessie setzt sich auf, zieht den gelben Umschlag aus der Hosentasche und wirft ihn in meine Richtung wie einen Papierflieger.
    Ich fange den Umschlag auf und öffne ihn. Darin steckt eine Karte in Form eines Fußballs. Ich klappe sie auf und lese:
    „Liebe Melina, hiermit möchte ich dich herzlich zu meiner Geburtstagsfeier einladen …“
    Jessie hat das Herbarium zur Seite gelegt und beobachtet mich. „Die wollte ich dir vorhin schon geben, aber dein … Cousin kam dazwischen.“
    „Du willst mich echt einladen?“ Überrascht lasse ich die Karte sinken. „Warum?“
    „Weil ich dich mag“, antwortet Jessie schlicht. Auf einmal wirkt sie gar nicht mehr wie das coole, ältere Mädchen, das ich aus der Schule kenne. Zum ersten Mal sieht sie unsicher aus. „Ich dachte, wir könnten vielleicht Freundinnen werden. Aber Freundinnen vertrauen einander, die lügen sich nicht gegenseitig an.“
    Ich drehe den sonnengelben Umschlag in meinen Händen und weiß nicht, was ich sagen soll. Jessie wird deutlicher: „Ich meine die Sache mit deinem Zombie-Cousin.“
    „Meinem WAS ?“
    „Bitte! Du kannst mich nicht für blöd verkaufen!“ Jessie verschränkt die Arme und mustert mich. „Unsere Eltern haben uns zwar verboten, Horrorfilme anzuschauen, aber meine Schwester und ich haben trotzdem welche geguckt, heimlich. Lisa hat bei den gruseligen Stellen immer die Augen zugekniffen. Aber ich nicht. Deshalb kenne ich mich aus: verdächtige Beulen am Rücken, abfallende Körperteile? Keine Frage, Will ist ein Untoter, ein Zombie!“
    Ich bin so verblüfft, dass ich sie nur mit offenem Mund anstarre, aus dem kein Wort herauskommen will.
    „Außerdem bin ich euch eben gefolgt“, fährt Jessie fort. „Will wohnt wirklich auf einem Friedhof. Da bist du schon öfter nach der Schule hin, oder? Dass du für deine Mutter einkaufen musst, war bestimmt auch erstunken und erlogen!“
    Jetzt werde ich auch langsam wütend. Welches Recht hat diese Jessie, sich in mein Leben einzumischen?! „Du hast uns nachspioniert!“
    „Ja, weil du mich belogen hast!“, faucht Jessie zurück.
    Eine Weile durchbohren wir uns gegenseitig mit wütenden Blicken.
    „Dann sind wir ja quitt, oder? Mann, siehst du dämlich aus, wenn du so böse guckst!“, sagt Jessie plötzlich und prustet los. Ich gucke einen Moment zu, wie sie sich kichernd auf meinem Bett kugelt. Dann merke ich, wie meine Mundwinkel nach oben wandern und ein Glucksen in mir aufsteigt. Und dann explodiert es in meinem Mund wie süßes Popcorn, ich werfe mich neben Jessie auf die Matratze und wir lachen, bis das Bett wackelt und dieser ganze verrückte Tag aus uns herausgeschüttelt ist.
    Als wir uns endlich wieder beruhigt haben, fühle ich mich ganz leicht. Jessie liegt dicht neben mir, ab und zu läuft eine verspätete Kicherwelle durch ihren Körper hindurch. Sie riecht gut, nach Gras und Shampoo. Vielleicht ist das der Geruch von besten Freundinnen. Ich weiß es nicht, außer Pippa habe ich noch nie eine gehabt.
    Jessie stützt sich auf den Ellbogen und schaut mich an. „Meinetwegen kannst du ihn ruhig mit zu meiner Geburtstagsfeier bringen, deinen Zombie-Cousin.“ Jetzt kichert sie nicht mehr, jetzt ist sie ganz ernst. „Wird er wieder gesund?“, fragt sie zögernd. „Ich meine, mit dem Arm …“
    Ich nicke.
    „Wäre auch eine Schande gewesen, bei so einem guten Torwart“, murmelt Jessie und lässt sich zurück in die Kissen fallen. „Tut mir echt leid, dass ich ihm einen Körperteil abgeschossen habe. Für einen Zombie ist er ziemlich nett, oder?“
    Ich verzichte darauf, ihr zu erklären, dass Will kein Zombie ist, sondern wenn überhaupt ein Golem: eine Statue, die ich aufgeweckt habe. Das ist alles so kompliziert.
    „Ja“, antworte ich deshalb nur. „Ich finde ihn
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