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Melina und das Geheimnis aus Stein

Melina und das Geheimnis aus Stein

Titel: Melina und das Geheimnis aus Stein
Autoren: Marlene Röder
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auch nett.“

Ein dunkler Fleck
    Die Robinie (Robinia pseudoacacia) wird auch Scheinakazie genannt …
    Wir haben große Pause. Die anderen sind alle draußen auf dem Hof, nur ich sitze in dem leeren Klassenraum und schreibe die letzten Infos für mein Herbarium ab.
    Obwohl die Robinie mit der Akazie äußerlich die gefiederten Blätter und die Dornen gemeinsam hat, ist sie mit dieser Baumart nicht verwandt.
    Pippa spaziert quer über das aufgeschlagene Pflanzenbuch. „Das ist ja wie bei Will! Der sieht auch wie ein Mensch aus, obwohl er keiner ist. Ein Schein-Mensch, sozusagen.“ Ich ignoriere ihr Kichern und schreibe weiter:
    Ursprünglich stammt die Robinie aus Nordamerika, ist inzwischen aber auch bei uns heimisch. Besonders gut kann sie sich nach Katastrophen wie Waldbränden ausbreiten. Die Robinie gilt als invasive Pflanze, die heimische Pflanzenarten verdrängt.
    Ein beunruhigender Gedanke steigt in mir auf: Ob es bei Will auch so ist, dass er alles, was vorher da war, verdrängt? Jedenfalls verstehe ich mich mit meinen Eltern in letzter Zeit nicht besonders gut. Das liegt bestimmt an der Sache mit Jonas. Oder daran, dass ich Geheimnisse vor ihnen habe?
    „Wusstest du, dass die Samen und die Rinde der Robinie giftig sind?“, fragt Pippa.
    Ich antworte nicht, denn plötzlich habe ich das Gefühl, dass wir nicht mehr alleine sind. Als ich aufblicke, sehe ich Maik in der Tür des Klassenraumes stehen. „He, ist noch jemand hier?“, fragt er.
    Pippa steht, zu einer reglosen Playmobil-Figur erstarrt, mitten auf dem Tisch.
    „Nein, nur ich“, lüge ich. Aus lauter Nervosität mache ich mit dem Füller einen Tintenfleck auf die Robinien-Seite. Mist! Hoffentlich geht er einfach wieder und lässt uns in Ruhe. Aber da kommt Maik auf meinen Tisch zugeschlendert, schmeißt seinen neuen roten Rucksack hin und lässt sich auf den Stuhl neben mir fallen. „Komisch, ich könnte schwören, dass ich eine andere Stimme gehört habe.“ Er zupft an meinem Ordner. „Machst du die Mathehausaufgaben oder was?“
    „Nee, Bio.“
    „Ach ja, dieses Herbarium. Kann ich mal sehen?“, fragt Maik und greift danach, ohne eine Antwort abzuwarten. Er pfeift durch die Zähne, während er durch die Seiten blättert. „Dafür kriegst du bestimmt ’ne Eins“, sagt er, legt den Ordner wieder zurück und greift stattdessen nach Pippa. Ich sehe, wie sich ihr winziger Mund vor Angst verzerrt, als sie zwischen diesen großen, fremden Fingern verschwindet. „Mein Vater meint, Naturwissenschaften sind die wichtigsten Fächer, wenn man was werden will.“
    Gebannt beobachte ich, wie Maik beim Reden mit Pippa herumspielt. Er klappt ihre Beine in sitzende und stehende Position, bewegt ihre Arme. Ich kann mich kaum darauf konzentrieren, was er sagt, nur Satzfetzen dringen an mein Ohr. „… nur die Hälfte der Pflanzen gefunden … Zeug her?“
    „Äh, was hast du gesagt?“, frage ich.
    „Ich hab dich gefragt, wo du das ganze Grünzeug herhast.“ Maik klopft ungeduldig mit Pippas Beinen auf den Tisch. „Was ist los mit dir? Hörst du mir nicht zu?“, fragt er, und man merkt deutlich, dass er das nicht gewöhnt ist. Mit gerunzelter Stirn folgt Maik meinem Blick. Ich sehe die Erkenntnis in seinen Augen aufblitzen, als er Pippa zum ersten Mal richtig wahrnimmt.
    „Warte mal!“ Seine Stimme ist stockend. „Die Figur hab ich schon mal gesehen – in der Umkleidekabine! An dem Tag, an dem meine Jeans geklaut wurde, lag sie auf dem Boden. Und jetzt … jetzt hast du sie!“ Maik lässt Pippa zu Boden fallen, als hätte er sich die Finger an ihr verbrannt.
    Ungläubig glotzt er mich an. „ DU !“, ruft er. „Du bist der Dieb!“
    Ich presse die Lippen zusammen, aber das nützt nichts.
    Die Röte kriecht mir ins Gesicht, unaufhaltsam, diese verräterische Röte, die schreit: Ja, du hast mich ertappt! Ich war es!
    Maik packt mich an den Schultern und zieht mich vom Stuhl. „Warum hast du das gemacht?“ Inzwischen schreit er, ich fühle kleine Spucketröpfchen auf meinem Gesicht. „Warum? Nur weil ich dich ab und zu mal geärgert habe? Sag was, LOS , SAG WAS , DU DIEBIN !“
    Aber was soll ich sagen? Dass ich es getan habe, weil meine Statue etwas zum Anziehen brauchte? Ich kann es nicht erklären, auch wenn Maik mich so heftig schüttelt, dass meine Zähne aufeinanderklappern.
    „Das war ’ne besondere Jeans! Die hat mir mein Vater aus den USA mitgebracht!“ Er schubst mich zu Boden. „Du hast mir etwas weggenommen – dann
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