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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Doerr
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wird.«
    Ein paar Augenblicke hörte man nur die genüsslichen Essgeräusche. Melli konnte gar nicht mehr aufhören. Lecker. Ups, hatte sie da eben geschlürft? Es war so still, dass das kleinste Schmatzgeräusch zu hören war. Durchdringend wie das Festmahl einer ganzen Räuberbande. Wie schafften die anderen es bloß, die scharfe Suppe geräuschlos herunterzubekommen? »Kann mir mal bitte jemand das Wasser reichen?«, nuschelte sie zwischen zwei Bissen Brot. Keine Antwort. Sie blinzelte schnell von ihrem Teller auf.
    Unglaublich! Lora hielt den Löffel erhoben wie eine kampfbereite Waffe. Pia starrte Löcher in die Luft, vor ihrem Mund hielt sie ein Stück Baguette, bereit zum Reinbeißen. Sie erinnerte Melli an ihre Goldfische beim Luftholen. Ihre Freundinnen waren schockgefroren, genau wie Mellis Tante und Onkel. Nur Oma Doro konnte sie nicht sehen, da sie kurz zur Toilette gegangen war.
    Es war schon wieder passiert. Kompletter Stillstand. Selbst der Sekundenzeiger der großen Bahnhofsuhr an der Wand verharrte auf der Fünfundzwanzig. Melli fühlte sich wie in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett. Vor Kurzem waren sie mit der ganzen Klasse in Berlin gewesen und hatten Justin Bieber auf dem roten Teppich bewundert. Er hatte ausgesehen, als wäre er live und höchstpersönlich vor Ort. Zusammen mit den anderen Stars. Na ja, Mellis Familie wirkte nicht gerade starmäßig, starrer dafür um so mehr. Langsam erhob sie sich. Mal sehen, wie lange es dieses Mal dauern würde. Vorsichtig ging sie um den Esstisch herum. Kira hatte wohl noch etwas sagen wollen und den Mund geöffnet, als hätte sie eine Gräte verschluckt und stünde kurz vor einem Hustenanfall. Christof war erstarrt, als er seine Serviette aufheben wollte. Er steckte mit dem Kopf unter dem Tisch. Absurd. Melli kitzelte Pia am Ohr und Lora unter den Armen. Normalerweise todsichere Methoden, um eine super Kreischattacke auszulösen. Es passierte gar nichts. Pia starrte weiter ihre Löcher in die Luft und Lora zuckte nicht das kleinste bisschen mit ihrem Kampflöffel. Da wurde Melli mutiger. In ihrem Hals kitzelte der Albernheitslachanfall des Jahrhunderts. So einer, der ganz dicht am Weinkrampf lag. Weil sie Angst hatte und nicht begriff, was hier geschah. Weil sie nicht wusste, wie lange der Spuk dieses Mal andauern würde. Aber auch, weil ihr auf Anhieb tausend Dinge einfielen, die sie jetzt anstellen konnte. Zum Beispiel eine Zwiebel in Kiras Mund stecken. Oder wenigstens ein Stück Brot. Sie konnte Loras und Pias Teller vertauschen. Dann hätte Pia eine Megaportion und Lora ein winziges Schlückchen Suppe vor sich. Oder Christofs Wein verschütten, Kiras Frisur verwuscheln, Pia eine Blume aus dem Hochzeitsgesteck hinter die Ohren stecken, den vom Buffet übrig gebliebenen Nachtisch plündern und und …
    Hoppla, da war etwas Weiches am Boden. Melli stoppte ihren Fuß, kurz bevor er auf Nitros Schwanz trat. Der Kater saß bettelnd am Tisch und machte ein erstklassiges Männchen mit hochgestreckten Pfoten. Melli stupste ihn an und fing ihn gerade noch auf, bevor er mit der Schnauze auf den Boden knallte. Sie benötigte ein paar Versuche, bis der Kater wieder sicher an Christofs Beinen lehnte, ohne umzukippen. Eiszeit. Alles war eingefroren. Alles und alle außer Melli. Irgendwie unheimlich. Und unheimlich lustig zugleich.
    Schnell schenkte Melli Lora und Pia großzügig Wein in die Gläser. Sie freute sich schon auf Christofs Gesicht, wenn er die leere Flasche bemerkte, und auf das ihrer Cousinen, wenn sie das saure Zeug auf der Zunge spürten. Christof wiederum bekam seinen Teller bis zum Rand voll mit Nachtisch – Kira würde einen Anfall bekommen, da war sich Melli sicher, denn ihre Tante war der Meinung, ihr Mann sollte ein wenig auf sein Gewicht achten. Nitro beschenkte Melli mit einem Stück Fleisch, das er so liebte, aber selten bekam.
    Zufrieden betrachtete Melli ihr Werk. Ausgezeichnet. Nur an Oma Doros Platz traute sie sich nicht heran. Wo steckte die überhaupt. Hoffentlich hatte sie nichts bemerkt. Melli streckte den Kopf durch die Tür und schaute in den Flur. Autsch, verdammt. Oma Doro stand bewegungslos mitten in der Diele und funkelte sie an.
    Â»Ich kann nichts dafür, Oma, wirklich«, knirschte Melli schnell durch die Zähne, schlug die Tür wieder zu und flüchtete zurück in die Essküche, ohne dass sie

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