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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Doerr
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wusste, ob ihre Großmutter die Entschuldigung überhaupt gehört hatte. Im letzten Augenblick, bevor der Eiszauberspuk sich aufzulösen begann, huschte sie auf ihren Platz.
    Langsam und zäh wie klebriger Kaugummifaden kamen die Dinge wieder ins Laufen. Dann plapperten, kauten, bettelten – außer Nitro bettelte natürlich niemand – und moserten alle, als wäre nichts geschehen. Oma Doro betrat die Essküche, taxierte Melli, die sich jetzt – wie zuvor Christof – vorsorglich hinter ihrem Teller versteckte, und nahm wortlos ihren Platz ein. Bestimmt sprach Oma Doro sie gleich an. Ganz bestimmt. Sie musste einfach etwas bemerkt haben. Vorsichtig sah Melli zu ihr hinüber. Nichts wies darauf hin, dass ein Gespräch bevorstand. Aufatmend nahm sie noch einen Schluck Limonade.
    Â»Ja Himmel, was ist nur in euch gefahren, wollt ihr euch vergiften«, rief Christof im selben Augenblick, als Pia einen dunkelroten Strahl über den Tisch spuckte.
    Â»Igitt, Essig! Jemand hat mir Essig ins Glas gefüllt!«
    Â»Was heißt hier Essig«, empörte sich Christof. »Das ist ein sündhaft teurer Tropfen! Ein Geschenk von meinem wichtigsten Klienten. Kaum schaue ich mal nicht hin, schon klaut ihr mir meinen Wein! Auch eine Hochzeit ändert nichts daran, dass ihr keinen Schluck Alkohol trinkt, bevor ihr nicht sechzehn seid.«
    Lora prustete empört. »Ehrlich Paps, das Zeug kannst du selbst trinken! Ich würde niemals freiwillig …«
    Â»Christof«, schrillte in diesem Augenblick Kiras Stimme durch den Raum, als sie den üppig gefüllten Dessertteller ihres Mannes erblickte. »Es ist ja kaum noch Nachtisch übrig! Wie kannst du nur so egoistisch sein. Und wer hat Nitro von dem Gulasch gegeben? Ihr wisst, dass Scharfes und Salziges Gift für seine Verdauung sind. Er wird gleich hochgehen wie ein Pulverfass!«
    Auweia, das hatte Melli fast vergessen. Nitro trug seinen Namen nicht umsonst. Mit vollem Namen hieß er nämlich Nitroglyzerin, und sobald er etwas anderes als Trockenfutter oder naturbelassenes Fleisch in Form von erlegten Mäusen zu sich nahm, produzierte er toxische Gaswolken in gewaltigen Mengen. Erleichtert beobachtete Melli, wie sich Nitro nach einem triumphierenden Tänzchen um den Tisch durch die Katzenklappe in der Küchentür nach draußen absetzte.
    Nein, eingebildet hatte sich Melli den Zauber bestimmt nicht. Immerhin hatte sie ein ziemliches Chaos produziert. Was dann? Es musste doch eine Erklärung geben?
    Was für ein Glück, dass Kira und Christof milde gestimmt waren und nicht nachforschten, was es mit den Streichen auf sich hatte. Die Mädchen ernteten lediglich einen strengen Blick und Kiras Ermahnung: »Habt ihr ein Glück, dass heute Hochzeitsfeier ist. Aber ich will so etwas nicht mehr sehen, ist das klar?« Melli nickte, obwohl der Tadel nicht an sie gerichtet war, ihre Cousinen nickten automatisch mit, obwohl sie ja wirklich nichts dafürkonnten, und Oma Doro blickte vielsagend in Mellis Richtung. Und das war schon wieder verdächtig, fand Melli, und eindeutig ein Zeichen, dass sie mehr wusste, als sie momentan zu erkennen gab.
    Â»Ich kann’s noch gar nicht glauben, Melli, jetzt bist du drei Wochen bei uns. Mama, eigentlich brauchen wir was zum Anstoßen«, jubelte Lora unvermittelt los und schob ihrem Vater ihr weinverseuchtes Glas zu. »Hast du was Richtiges? Cola, Fanta oder meinetwegen dieses Blubberzeugs, das aussieht wie Sekt?«
    Â»Ginger Ale?«, fragte Kira. »Cola gibt’s keine, sonst flippt ihr noch bis morgen früh hier herum, aber Ginger Ale müsste noch irgendwo sein.«
    Christof blinzelte seiner Tochter verschmitzt zu. Während Kira davoneilte, um das Blubbergetränk zu suchen, schaufelte er selig seine Megaportion Dessert in sich hinein.
    Â»Nun denn, meine Lieben, ein denkwürdiger Tag«, meinte Oma Doro schließlich und fing an, das Geschirr zusammenzustapeln. »Ich glaube, mein Bedarf an Scherzen, Überraschungen und Menschen im Allgemeinen ist für heute gedeckt. Ich werde mal nach Hause fahren.«
    Obwohl Oma Doro eigentlich in Mellis und Pams Häuschen übernachten sollte, bestand sie darauf heimzufahren. Alle wussten, dass es zwecklos war, sie zum Bleiben überreden zu wollen. Die gesamte Familie war an die Launen von Doro gewöhnt. Milde ausgedrückt war sie ziemlich eigensinnig. Normalerweise wurde das mit

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