Melodie der Liebe
drehte er sich zu ihr um,sagte aber nichts. Seine Gedanken waren widersprüchlich und konfus. Was wollte er eigentlich? Sie natürlich. Aber wie viel oder wie wenig würde er akzeptieren? Dabei brauchte er sie nur anzusehen, und schon erschien ihm alles so unproblematisch.
„Danke.“ Er nahm den Brandy und beobachtete sie, während er daran nippte. „Als ich das erste Mal eine Vorlesung hielt, stand ich auf dem Podium, und mein Kopf war plötzlich völlig leer. Einen schrecklichen Moment lang fiel mir nichts von dem ein, was ich hatte sagen wollen. Jetzt geht es mir ebenso.“
„Du musst gar nichts sagen.“
„Es ist nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe.“ Er nahm ihre Hand. Sie war kalt und zitterte. Instinktiv presste er die Lippen auf ihre Handfläche. Er wusste, dass sie genauso nervös war wie er. „Ich möchte dir keine Angst machen.“
„Ich bin es selbst, die mir Angst macht.“ Sie entzog ihm die Hand wieder, um sich selbst ihre Stärke zu beweisen. „Ich gebe mich viel zu sehr meinen Gefühlen hin … Es gab eine Zeit, da haben sie mich völlig beherrscht, mir die Entscheidung abgenommen. Für manche Fehler bezahlt man sein Leben lang.“
„Dies ist kein Fehler.“ Er stellte das Glas ab und nahm ihr Gesicht zwischen die Hände.
Ihre Finger legten sich um seine Handgelenke. „Das darf es auch nicht sein. Ich will keine Versprechungen, Spence. Ich würde es nicht ertragen, wenn sie gebrochen werden. Ich brauche und will keine schönen Worte. Sie kommen einem allzu leicht über die Lippen.“ Der Griff der Finger festigte sich. „Ich möchte mit dir schlafen, aber ich brauche Respekt, keine Gedichte.“
„Bist du fertig?“
„Ich will, dass du mich verstehst“, beharrte sie.
„Ich fange an, genau das zu tun. Du musst ihn sehr geliebt haben.“
Sie ließ die Hände sinken. „Ja.“
Es schmerzte so sehr, dass es ihn überraschte. Wie konnte er sich von jemandem bedroht fühlen, der zu ihrer Vergangenheit gehörte? Er hatte doch selbst eine Vergangenheit. Aber trotzdem fühlte er sich verletzt. Und bedroht. „Ich will nicht wissen, wer er war und was zwischen euch passiert ist.“ Das war eine glatte Lüge, aber damit würde er später fertig werden müssen. „Aber ich will nicht, dass du an ihn denkst, wenn du mit mir zusammen bist.“
„Das tue ich nicht. Jedenfalls nicht so, wie du es meinst.“
„Du sollst es überhaupt nicht tun.“
Sie zog eine Augenbraue hoch. „Du kannst we der meine Gedanken noch etwas anderes von mir steuern.“
„Du irrst dich.“ Getrieben von ohnmächtigerEifersucht, zog er sie in die Arme. Der Kuss war stürmisch, fordernd, besitzergreifend. Und verlockend. So verlockend, dass sie fast nachgegeben hätte. Doch in letzter Sekunde brach sie ihn ab und ging auf Distanz.
„Ich lasse mich nicht erobern.“ Sie wusste nicht, ob das stimmte, und ihre Stimme klang umso trotziger.
„Sind das deine Regeln, Natasha?“
„Ja. Weil sie fair sind.“
„Wem gegenüber?“
„Uns beiden.“ Sie presste die Finger gegen ihre Schläfen. „Lass uns nicht streiten“, sagte sie leiser als zuvor. „Es tut mir Leid.“ Schulterzuckend und mit einem Lächeln signalisierte sie ihm die Entschuldigung. „Ich habe Angst. Es ist lange her, dass ich mit jemandem zusammen war. Dass ich mit jemandem zusammen sein wollte.“
Er griff nach seinem Brandy, schwenkte ihn und starrte auf die goldbraune Flüssigkeit. „Du machst es mir schwer, dir böse zu sein.“
„Ich möchte, dass wir gute Freunde bleiben. Ich habe noch nie mit einem guten Freund geschlafen.“
Und er hatte sich noch nie in eine gute Freundin verliebt. Dass Freundschaft und Liebe sich für ihn immer ausgeschlossen hatten, war ein erschreckendes Eingeständnis. Nie würde er es laut aussprechen können.
„Wir sind Freunde.“ Er streckte die Hand aus und ergriff behutsam ihre Finger. „Freunde vertrauen einander, Natasha.“
„Ja.“
Er sah auf ihre beiden Hände hinab. „Lass uns doch …“
Ein Geräusch am Fenster ließ ihn verstummen und hinübersehen. Bevor er sich bewegen konnte, festigte sich Natashas Griff an seiner Hand. Ihrem Gesicht war anzusehen, dass das Geräusch sie nicht ängstigte, sondern belustigte. Sie hob einen Finger an den Mund.
„Ich finde es eine gute Idee, mit einem Professor befreundet zu sein“, sagte sie mit etwas lauterer Stimme und nickte ihm auffordernd zu.
„Ich … äh … bin froh, dass Freddie und ich so viele nette Leute kennen
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