Melodie der Sehnsucht (German Edition)
dann aber wieder ernst drein, wie es dem Anlass gemäß war. »Wie schön, Euch trotz allem gesund und in ungetrübter Schönheit unter uns zu sehen. Dabei muss der Ausgang der heutigen Kämpfe Euch hart getroffen haben. Madeleine, bitte hol einen Becher süßen Wein für die Dame Sabine.«
Sabine versank in einen Hofknicks und versicherte der Herzogin, sie sei wohlauf.
Catherine wartete, bis sie ihren Wein erhalten und einen Schluck davon genossen hatte.
»Und nun erzählt, Sabine! Ohne Scheu und frei heraus. Was ist gestern geschehen, nachdem Ihr meine Räume verlassen habt?«
Gestern Abend vor den Männern hatte Sabine kein Wort herausbekommen. Aber jetzt überwog der Ärger über ihre Scham. Dazu flößte die Herzogin ihr keine Angst ein. Catherine d’Aquitaine führte ihren Minnehof seit Jahren und dürfte selbst auf einem solchen erzogen worden sein. Sicher gab es nichts, was sie noch schockieren konnte.
»Der beschuldigte Ritter behauptet jedoch, die Annäherung wäre in Eurem Sinne gewesen«, meinte Catherine schließlich. »Und er benennt dafür eine Zeugin.«
Sabine nickte. »Aber auch ich habe einen Zeugen. Monsieur d’Aragis ist mir zur Hilfe geeilt, er kann beschwören, dass ich ihrer weiß Gott bedurfte.«
»Hm ... Also stehen zwei Zeugen gegen zwei Zeugen, wobei Marquise Barbe als Eure Feindin bekannt ist, Monsieur Florimond als Euer Minneherr. Es ist verständlich, dass mein Gatte hier kein Urteil fällen wollte.« Catherine tat so, als denke sie angestrengt nach, aber wer sie kannte, wusste genau, dass ihre Entscheidung längst gefallen war.
»Ich spreche die Wahrheit«, erklärte Sabine ruhig. »Ich bin bereit, es zu beschwören.«
»Bei Gott, Sabine?«, fragte Catherine sanft. »Bei Eurem Gott?«
Sabine hob die Hand und sprach mit klangvoller Stimme ihren Schwur. Sie dachte dabei nicht an den in prächtigen Kirchen angebeteten Gott des Hofkaplans, der in dieser Nacht ruhig dabei gesessen hatte, während François seine Lügen vortrug. Nein, sie schwor bei dem Gott der Katharer, dem sie einst als Parfaite hatte dienen wollen.
Catherine nickte und in ihren Augen stand ein Glanz, wie sie ihn sonst nur zeigten, wenn der Dame die Idee zu einer wirklich extravaganten Vergnügung gekommen war.
»Dann soll Gott auch das Urteil sprechen! Wählt Euch einen Ritter, Sabine, der Eure Sache vertreten soll. Er wird noch heute gegen François de Caresse antreten. Wir fordern ein Gottesurteil.«
Siebzehntes Kapitel
Sabine lief in fliegender Eile zu den Ställen, wo sich die Unterkünfte der Fahrenden Ritter befanden. Sie wusste nur zu gut, welche Risiken sie eingegangen war, als sie Florimond als ihren Ritter benannte. Wenn er nun wirklich krank war, wenn seine Schulter den Kampf nicht zuließ, hatte sie keine Chance auf eine andere Wahl. Zu genau hatten alle am Minnehof gesehen, wie sehr ihr Herz daran hing, von ihm und keinem anderen vertreten zu werden. Konnte er nun nicht antreten, würde man das Gottesurteil als schon entschieden ansehen.
Im Stall traf sie Jean Pierre. Der Stallbursche kam eben mit einem Arm voll Tüchern und Bandagen aus den Nebengebäuden, in denen die Gäste ihr Lager aufgeschlagen hatten. Sabine roch Kampfer und Brandwein – und hoffte wider besseren Wissens, dass diese Kompressen für ein Pferd gedacht waren.
»Der Herr Florimond erwartet Euch«, erklärte der Bursche eifrig. »Nein, schaut nicht so ängstlich. Es ist richtig, dass dies zur Behandlung seiner verletzten Schulter diente, aber er sagt, er kann kämpfen! Geht nur dort hinein, Ihr könnt Euch nicht verlaufen, der Herr ist der Einzige, der zurzeit hier ist. Alle anderen kämpfen im Buhurt.«
Jean Pierre beeilte sich, Sabine und ihren Ritter allein zu lassen.
Sabine betrat einen Raum, der sonst als Scheune diente, jetzt aber als eine Art Heerlager. Florimond hatte auf einem der Strohsäcke gelegen, setzte sich aber auf, als er Sabines ansichtig wurde.
»Meine wunderschöne Dame! Ich bin nicht würdig, dass Ihr Euch zu mir begebt. Habe ich es doch versäumt, Euch angemessen zu vertreten. Ich habe Eure Farben nicht verdient, Eure Liebe ist an mich verschwendet.« Er wandte sich ab und senkte den Kopf.
Sabine beugte sich zu ihm herab und küsste seinen Scheitel.
»Ihr habt mich tapfer vertreten, mein Ritter. Ihr habt getan, was Ihr konntet, Lancelot hätte Genevra nicht würdiger dienen können. Und wie Ihr wohl bereits gehört habt, gibt Gott uns eine zweite Chance. Die Herzogin besteht auf einen weiteren
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