Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Liebster?«, fragte sie zärtlich. »Selbst wenn du diesen Kampf verlierst – ich bleibe dir doch in Liebe verbunden. Natürlich weiß ich, dass du beschämt wärest, und du würdest den Hof eine Zeitlang verlassen, aber das müsstest du ja sowieso. Aber ich bin hier, und ich bin dir treu. Du kannst immer zu mir zurückkommen, immer!«
Florimond schob sie sanft von sich, und richtete sich über ihr auf, um ihr in die Augen zu sehen.
»Sabine, weißt du es denn nicht? Habt ihr Katharer nie irgendwelche Ehrenhändel ausgefochten?«
Sabine runzelte die Stirn. »Was weiß ich nicht? Aber du hast recht, Gottesurteile waren bei uns nicht üblich. Für uns urteilt Gott nicht und straft nicht. Er ist nur Güte.«
Florimond seufzte. »Nun, hier straft er schon. Ein Gottesurteil, Sabine, bedeutet Kampf mit blanker Waffe. Und es endet nicht mit einem Unentschieden. Dieser Kampf, den ich gleich zu bestehen habe, ist ein Streit auf Leben und Tod!«
Sabine wollte schreien, sie wollte alles abblasen, sich, wenn es sein musste schuldig bekennen, François de Caresse verführt zu haben. Aber Florimond durfte nicht sterben, er durfte sich nicht einmal in Gefahr begeben. Das war ihre Ehre nicht wert, das war alles nicht wert! Sie hasste die Herzogin, die sie in diese Lage gebracht hatte. Catherine musste doch gewusst haben, was sie da anzettelte. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Nachricht vom Gottesurteil war schon bis zu Florimond vorgedrungen, bevor Sabine ihn erreichte, sie musste längst auch François zu Ohren gekommen sein. Sich jetzt noch zu drücken wäre Feigheit in Ehrenhändeln – Florimond würde sich nie, nicht einmal für seine Minneherrin zu einem solchen Vergehen herablassen. Also musste er gewinnen. Er musste! Sabine betete verzweifelt zu ihrem Gott. Nie wieder würde sie von der reinen Lehre abweichen, nie wieder lachend heidnische Götter beschwören und nie wieder die stille abendliche Andacht vergessen, die sie mit Fleurette in Gedenken an Montségur zu halten pflegte. Sie musste Florimond auch nicht mehr lieben, sie konnte der Lust leicht entsagen. Er sollte nur am Leben bleiben, nur am Leben bleiben!
Sabine war totenbleich, als sie die Ställe verließ. Sie wäre gern noch bei ihrem Ritter geblieben, aber Jean Pierre war, sich taktvoll räuspernd, in der Scheune aufgetaucht, kaum dass Florimond ihr die Konsequenzen der Forderung zum Gottesurteil enthüllt hatte.
»Mein Ritter, es ist Zeit. Und Fleurette meint, Ihr solltet auch kommen, Marquise. Ihr müsstet Euch schmücken, die Herzogin hat Kleidung und Juwelen für Euch geschickt. Und außerdem ist der Buhurt ist zu Ende, man hat die Siegerpartei gerade geehrt. Also wird es hier gleich von Rittern wimmeln.«
So blieb Sabine keine Zeit mehr, mit ihrem Schicksal zu hadern. Sie versuchte, all ihre Leidenschaft, all ihre Hoffnung und all ihre Kraft in ihren letzten Kuss zu legen. Florimond erwiderte ihn voll Inbrunst.
»Wenn ich dafür sterben muss, so wird der Tod mir süß werden«, sagte er tapfer.
Sabine versuchte, nicht zu weinen, als sie sich endgültig von ihm trennte.
Sie fand Fleurette in ihrer Kemenate, ganz verzückt in die Betrachtung der Kleider vertieft, welche die Herzogin geschickt hatte. Als Sabine eintrat, stellte sie sich vor das Häuflein Seide und Brokat und entzog es zunächst den Blicken ihrer Herrin.
»Versprecht mir, dass Ihr nicht ›nein‹ sagt«, verlangte sie resolut. »Ihr müsst das hier anziehen, gleichgültig, wie Ihr dazu steht. Sonst würdet Ihr die Herzogin brüskieren. Versprecht mir, dass Ihr keine Ausflüchte macht!«
Sabine seufzte. »Die Kleider sind weiß, nicht wahr? Ich habe damit gerechnet, Florimond sagte so etwas. Es ist wohl ein Brauch.«
»Und sie sind wunderschön, Marquise! Unerhört kostbar, selbst ohne den Schmuck, den sie mitgeschickt hat. Ihr werdet aussehen, wie eine ...«
»Wie eine Parfaite«, sagte Sabine leise. »Und ich werde mein Haar offen tragen und ich werde für das einstehen, für das mein Ritter kämpft. Meine Unschuld. Gut, Fleurette, da gibt es wohl keinen Ausweg. Zeig mir die Kleider.«
Die Herzogin hatte nichts dem Zufall überlassen. Sie liebte Inszenierungen, und die Idee des Gottesurteils entzückte sie. Endlich ging es in Toulouse einmal zu wie einst in Camelot! Und sie würde nichts auslassen, das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis zu gestalten.
Sabine war strahlend schön, als Jean Pierre ihr auf ihre weiße Stute half. Er musste das Pferd mit dem gleichen
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