Melodie der Sehnsucht (German Edition)
sicher stets ein Thema für den Hofstaat.
Schließlich sah Florimond ein, dass er so nicht weiterkam. Ohne seine Laute würde man ihn nicht mal in die Nähe des Herrschers lassen. Nun traute er sich durchaus zu, das Interesse des Königs erwecken zu können. Ja, sein Anliegen dürfte ihm sogar äußerst gelegen kommen. Allerdings wäre alles einfacher gewesen, hätte er es ihm im Rahmen einer Audienz vortragen können. Nun, daran war nichts zu ändern. Resigniert zog Florimond sich vorerst zurück und dankte dem Hofschranzen immerhin für die Einladung zu singen.
»Aber zehn Prozent von allen Einnahmen der Gaukler an diesem Hof sind an mich abzuführen«, erklärte der Kerl.
Florimond hätte ihn am liebsten sein Schwert spüren lassen. Doch dann nickte er nur. Der Mann war es nicht wert. Und er brauchte jetzt seine gesamte Energie dafür, ein Lied zu schreiben. Das Lied seines Lebens.
»Sagt das noch mal! Eine Parfaite? Man hat eine Parfaite der Katharer gefangen? Oder ist das jetzt Eurer Phantasie als Dichter entsprungen?«
Florimond hatte die entsprechende Strophe zweimal singen müssen, aber dann ließ der König von Frankreich doch den Hühnerschenkel sinken, an dem er eben genagt hatte.
Er sprach ein paar Worte zu seinem Leibdiener neben sich, der Florimond daraufhin näher an den Tisch des Königs heranwinkte. Florimond folgte dem Ruf, ohne die Laute sinken zu lassen. Wenn es sein musste, würde er den Vers auch noch dreimal wiederholen. Das Lied war ohnehin ziemlich langatmig gehalten, allerdings von der Melodie her aufrührend. Schließlich sollte der Hof zuhören und schließlich aufmerken, wenn er die richtige Stelle vortrug.
»Und was war das mit dem Gral?« Der König richtete seine Aufmerksamkeit jetzt vollständig auf den Sänger, und Florimond ließ sich ehrfürchtig auf die Knie nieder.
»Doch, Sieur, es ist wahr. Ich komme eben aus dem Ariège, Ihr wisst, der Hochburg der Ketzer. Und wie es aussieht hatten sich da wirklich noch welche verschanzt. Der Herzog von Aquitanien hat sie jetzt festgenommen.«
»Und sie wissen etwas über den Gral?« Der König war ein hochgewachsener, aber zur Fülle neigender Mann mit kleinen Augen und einem harten Gesicht, in dem Florimond jetzt nackte Gier zu erkennen meinte. Louis IX. sammelte zurzeit Geld für einen Kreuzzug.
»Ja, Sieur«, bestätigte Florimond klopfenden Herzens. »Daher ja mein Wissen über die damit verbundenen Schätze.«
Der erste Teil seines Liedes hatte aus der ausführlichen Schilderung eines edelsteinbesetzten Pokals bestanden sowie der Goldbarren und Preziosen, die darum herum über Jahrhunderte hindurch angesammelt worden waren. Florimond beschrieb den angeblichen Schatz der Katharer in den leuchtendsten Farben.
»Wisst Ihr, ich belauschte eine kleine Zofe. Sie diente besagter Parfaite, und sie jammerte darüber, dass mit Sabine de Clairevaux auch das Wissen um diese unschätzbaren Güter ein Raub der Flammen würde. Dabei hätte sie sich das Gold nur zu gern selbst angeeignet, aber die einfachen Gläubigen oder gar die Diener wissen nichts. Das war alles beschränkt auf diese Parfaits – und wie es ausschaut, sind sie verschwiegen wie ein Grab.«
Der König lachte. »Ach, mein Herr Troubadour, meine Henkersknechte hier haben bislang noch jeden dazu gebracht, dass er höher und lauter sang als Ihr. Das lasst mal meine Sorge sein. Aber Ihr sagt, es sind zwei? Beides Frauen?«
Florimonds Herz klopfte so laut, dass er meinte, der König würde es hören. Wenn sein Plan fehlschlug, würden nicht nur Sabine und Philippe, sondern auch er selbst auf der Folterbank enden.
»Nein, Sieur, ein Mädchen – ein wunderschönes Mädchen, Herr, sie hat mich zu diesem Lied inspiriert. Ihr Haar ist dunkel wie flüssige Kohle, ihr Gesicht ...«
»Ja, ja, spart Euch das. Nach ein paar Stunden in meinem Keller wird sie nicht mehr so ansehnlich sein. Wer ist der andere?«
»Philippe de Montcours, Sieur. Ein Parfait und Gralsritter. Der Herzog hat ihn bereits foltern lassen, wie ich hörte. Aber ob er geredet hat?«
Der König lachte dröhnend. »Ach, der gute Henry d’Aquitaine! Und seine weichherzige Catherine. Ich kann mir gut vorstellen, dass die hinter dem Gralsschatz her wären, aber einen eingeschworenen Ritter zum Reden zu bringen – dafür braucht es wohl mehr als ihre Rute. Wobei es mich nicht wundern würde, wenn Catherine die noch aus Rosen schnitte.«
Der Hof quittierte den Witz mit angestrengtem Lachen, Florimond beeilte sich
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