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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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allerdings keine andere Wahl, als die Urteile zu bestätigen. Anderenfalls hätte ihm bestenfalls Exkommunikation gedroht – mit vorhergehenden Verhören, die selbst bei Männern seines Ranges in hochnotpeinliche ausarten konnten. Und Catherines Minnehof war der Geistlichkeit schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Der Herzog sah weder seine Frau noch die Gefangenen an, als er sein Siegel unter das Urteil setzte.
    Die Verbrennung der Ketzer war für den nächsten Sonntag anberaumt, solange verblieben die Verurteilten im Kerker. Die Gemeindemitglieder machten einander Mut, indem sie leise Gebete sprachen – nur Sabine, die mit Philippe allein war, blieb dieser Trost verwehrt. Philippe wollte nicht beten, auch wenn er in den nächsten Tagen häufiger bei Bewusstsein war. Die Schwellungen in seinem Gesicht klangen ab, aber er konnte sich nach wie vor nicht rühren, ohne vor Schmerzen zu stöhnen. Manchmal befürchtete Sabine, die Schläger hätten ihm alle Knochen im Leib gebrochen.
    Immerhin sprach er jetzt gelegentlich mit ihr, aber gemeinsame Fürbitten lehnte er ab. Philippe hatte mit jeder Religion gebrochen, er wollte damit nichts mehr zu tun haben und sehnte den Tod ebenso herbei, wie er ihn fürchtete.
    »Hast du denn gar keine Angst, Sabine?«, fragte er leise, als sie ihm wieder einmal Wein einflößte und versuchte, ihn etwas bequemer zu betten. »Du wirkst so ruhig, so gefasst. Dabei solltest du schreien und toben – auch mir gegenüber, Sabine. Ich war dir ein schlechter Freund. Was ich in den Räumen der Herzogin gesagt habe, das war unverzeihlich. Womöglich wurde dadurch überhaupt alles ausgelöst, die Reise nach Ariège und diese Intrige hier. Da steckt doch diese Barbe de Richemonde dahinter.«
    Philippe hatte beim Sprechen versucht, sich aufzurichten, sank nun aber kraftlos zurück. Sabine legte ein weiteres Kissen unter seine zerschmetterte linke Hand. Ihre Geste war fast zärtlich, und ihr Gesicht war wunderschön. Die Tage im Kerker hatten ihre Haut noch blasser werden lassen, sie hatte Gewicht verloren, und ihr Antlitz wirkte durchgeistigt. Ihr Haar fiel nach wie vor offen über ihre Schultern, und sie trug immer noch das weiße Gewand. Vor der Verbrennung würde man sie in einen Büßerkittel zwingen, aber hier im Kerker wirkte noch die Hand der Herzogin. So weit es ihr möglich war, schützte sie die Verlorenen.
    »Aber du hattest ja recht, Philippe«, seufzte Sabine. »Natürlich war dieser Ausbruch dumm und vielleicht verhängnisvoll. Ich habe alles falsch gemacht. Ich hätte Jules nicht heiraten dürfen, damit habe ich meinen Glauben verraten. Mit meiner Liebe zu Florimond habe ich dann meinen Gatten verraten, und jetzt bin ich auch noch schuld daran, dass meine Gemeinde zerstört wird, und dass du sterben musst.
    Es ist nur gerecht, wenn ich euch allen in den Tod vorausgehe. Ich kann darüber nicht jammern und schon gar nicht dich dafür verantwortlich machen.
    Aber bei Gott, Philippe, ich kann auch nicht ehrlich bereuen! Wenn ich jemals Vollkommenheit gefühlt habe, wenn ich jemals etwas Reines, unanfechtbar Edles empfunden habe, so war es in meiner Liebe zu Florimond. Du kannst das nicht verstehen, wenn du es nicht empfunden hast, du kannst nicht wissen, wie es Besitz von zwei Menschen nehmen kann.«
    Sabine schaute Philippe nicht an, sondern blickte nur ziellos ins Dunkel des Kerkers, sah sie doch Florimonds schönes Gesicht vor sich, hörte seine beschwörende Stimme und fühlte seine Küsse.
    »Wer sagt, dass ich es nicht empfunden habe?«, flüsterte Philippe bitter. »Du konntest es nur nicht mit mir teilen.«
    »Monsieur, ich muss den König sprechen. Ich brauche diese Audienz, und ich bin sicher, es wird auch Euer Schaden nicht sein.« Florimond redete verzweifelt auf einen eingebildeten Hofschranzen ein, der ihm hochmütig erläutert hatte, eine Audienz beim König sei frühestens in einigen Wochen zu haben, und für einen fahrenden Ritter eigentlich gar nicht. Lediglich Florimonds schon fast legendärer Ruf als Troubadour gab hier überhaupt zu Hoffnung Anlass, aber vorerst sollte er dem mal gerecht werden und singen. Am besten gleich am Abend während des Mahls des Königs. Aber der Herrscher wäre dabei selbstverständlich nicht anzusprechen. Der Diener verhielt sich, als würde auch nur die kleinste Störung des Königs bei der Nahrungsaufnahme mit sofortigem Vierteilen geahndet. Nun mochte er hier seine Gründe haben. Louis IX. war seit langem krank, und sein schwacher Appetit

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