Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Körper wenigstens ein bisschen Stabilität zu geben und hoffte, dass ihre Nähe ihn tröstete. Aber die so lange ersehnte Umarmung schien ihm nichts mehr zu geben. Philippe de Montcours war am Ende. Er sehnte sich nur noch nach einem schnellen Tod, und er hatte den Strick begrüßt, den man ihm auf dem Scheiterhaufen bereits um den Hals gelegt hatte. Aber jetzt dieser Aufschub, der keine Hoffnung versprach, nur eine quälende und sicher noch Tage währende Reise und anschließend weitere Folterungen.
Sabine selbst glaubte immer noch an Florimond. Er musste diesen Aufschub erwirkt haben – schließlich war er mit den Herolden des Königs gekommen. Und er konnte sie doch nicht nur deshalb vom Scheiterhaufen in Clairevaux gerettet haben, um sie auf einem anderen in Avignon sterben zu sehen. Wenn sie nur wüsste, was er vorhatte. Wenn es nur nicht zu spät wurde für Philippe! Und wenn da nicht Jules de Caresse wäre, der mit steinernem Gesicht hinter dem Karren herritt, hinter sich zwei schwer bewaffnete Ritter, die jeden Angriff auf den Gefangenentransport sicher abwehren würden. Ob Florimond wusste, mit wem er es da aufnahm? Vielleicht hatte er ja gedacht, sie würden nur von den ziemlich weichlich wirkenden Herolden des Königs eskortiert, sowie allenfalls ein paar Henkersknechten.
Sabine zog Philippe fester an sich, als der Karren jetzt auf ein Waldstück zuschaukelte. Wald war einerseits gut, die Wege waren meist weicher als zwischen den Feldern. Aber andererseits verdunkelten die Bäume die schwache Wintersonne, die Sabine sonst wenigstens ein bisschen warm hielt. Philippe schien sie nicht zu brauchen. Sein Gesicht war schweißüberströmt.
Aber dann, als die ersten Reiter in den Wald eindrangen, hörte sie Waffenklirren und Schreie – und sah, wie ein riesiger, in Leder gehüllter Schatten von einem Zweig aus auf den Führer des Wagenpferdes niederfiel. Die Pferde erschraken daraufhin beide, der Reiter und sein Angreifer gingen zu Boden, und das Führpferd sprang über sie hinweg, während das Kutschpferd zur Seite ausbrach. Glück für die Männer, so wurden sie nicht überrollt. Aber der Karren landete im Graben. Philippe stöhnte auf, als die Achse brach. Sabine ließ ihn auf den Boden gleiten und untersuchte mit fliegenden Händen das Schloss ihres Käfigs. Leider hatte der Riegel gehalten. So konnte sie nur hilflos zusehen, wie die Ritter nach vorn sprengten, wobei einer gleich von einer Lanze durchbohrt wurde, die wie von Zauberhand geschleudert zwischen den Zweigen auftauchte. Wer immer diesen Hinterhalt geplant hatte, nutzte sowohl die Überraschung als auch die Lichtverhältnisse im Wald. Bevor sich die Augen der Überfallenen an das relative Dunkel im Schatten der Bäume anpassten, waren sie schon überwältigt. Der zweite Ritter wehrte sich verzweifelt gegen drei Räuber, die wie Kletten an ihm klebten. Sie konnten ihm in seiner Rüstung zwar kaum etwas antun, aber er hatte auch keine Möglichkeit, sein Schwert gegen sie zu schwingen.
Jules de Caresse focht gegen den einzigen Panzerreiter, den die Wegelagerer aufbieten konnten. Der Mann kämpfte wie ein Löwe und irritierte seinen Gegner obendrein dadurch, dass er das Schwert mit links führte.
Sabines Herz schlug höher. Sie kannte diese geschmeidigen Bewegungen, diesen eleganten Schwung, der den Schwertkampf fast wie einen Tanz aussehen ließ. Und sie kannte auch das gelassene, wendige braune Pferd, von dem aus der Ritter kämpfte. Florimond und sein Danseur.
Aber konnte Florimond den alten Kämpen Jules wirklich besiegen? Entsetzt erkannte sie, dass seine Schwerthand jetzt schon schwächer wurde. Und Jules war zwar nicht mehr in den besten Jahren, aber er hatte sich jetzt auf die Kampftechnik seines Gegners eingestellt und gab die Schläge geschickt zurück. Sabine sah sich verzweifelt um. Wo waren die anderen Angreifer? Der erste zum Beispiel – er war doppelt so groß gewesen wie sein Gegner, er musste ihn doch erledigt haben.
Tatsächlich näherte sich der Riese jetzt Florimond und Jules, schien aber unschlüssig zu sein, wie er in den Kampf eingreifen konnte. Schließlich waren beide Ritter zu Pferde, und einen Schwertstreich von oben hätte der nur mit einem Knüppel und einem Messer bewaffnete Mann kaum abwehren können. Aber dann schien er zu einem Ergebnis zu kommen. Blitzschnell warf er sich zwischen die Reiter und ergriff ein Vorderbein des Hengstes, auf dem Jules eben wieder auf Florimond einstürmte. Einen kleineren Mann
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