Melodie der Sehnsucht (German Edition)
sich. Sabine wehrte sich heftig.
»Lasst mich in Ruhe!«, zischte sie, bevor er ihren Mund mit einem Kuss verschloss, der alles andere als züchtig und der Etikette entsprechend verlief. François’ Zunge bahnte sich mit Gewalt den Weg zwischen Sabines Lippen hindurch. Das Mädchen versuchte, ihn zu beißen.
Florimond zog scharf die Luft ein und tastete nach seinem Schwert. Er musste ihr zur Hilfe kommen, auch wenn er sich die Konsequenzen eines Schwertkampfes im Stall – zwei Männer im Streit um ein Mädchen, das eben einem dritten angetraut worden war – gar nicht vorstellen mochte. Der junge Ritter hastete zu der Ausstiegsluke. Er würde herunterklettern und um den Stall herumlaufen müssen – hoffentlich kam er nicht zu spät.
Eilig tastete er nach der Leiter – aber da war keine Stiege mehr! Erschrocken sah Florimond sie am Boden liegen. Das also war das Poltern von eben gewesen. Jemand musste gegen die Leiter gestoßen sein und hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie wieder aufzustellen.
Florimond dachte fieberhaft nach. Herunterklettern konnte er nicht, die Stallwand war glatt. Und springen? Zumindest an dieser Stelle lag die Luke wohl zehn Ellen hoch, und unten traf man auf blanken Stein. Aber vielleicht ging es durch die Heuluke im Stall? Florimond tastete sich zurück zu seinem Aussichtspunkt.
François hatte inzwischen erstmal von Sabine abgelassen.
»Wie wär’s mit einem Handel, Marquise?«, fragte er lachend, während er ihre Hände festhielt, die versuchten, ihn zu kratzen.
»Du bist ein wenig nett zu mir, und dafür verrate ich deinem Gatten nicht, dass du ihm weglaufen wolltest. Eine Hand wäscht die andere, Sabine!«
Florimond untersuchte die Klappe. Er musste eingreifen, bevor Sabine sich womöglich darauf einließ. Aber sie war zu klein, um sich hindurchzuzwängen.
Sabine wand sich in François’ Griff. »Es gibt keinen Handel!«, keuchte sie. »Wenn Ihr mich nicht loslasst, schreie ich! Und selbst wenn mich niemand hört – Euer Vater wird es merken, wenn Ihr mich ...«
»Mein Vater wird gar nichts merken. Es gibt Möglichkeiten, eine Frau zu besitzen – nun, fast zu besitzen! – ohne sie gleich ganz zu öffnen. Wird dir auch besser gefallen, Sabine, zumindest am Anfang.«
Sabine zappelte erneut und versuchte, nach ihrem Peiniger zu treten. Aber das Reitkleid war sperrig, die Stoffbahnen nahmen ihren Tritten die Kraft.
Florimond zückte sein Schwert und versuchte es als Hebel zu verwenden, Wenn er ein oder zwei Bretter löste, konnte er hinunterspringen. Unten lag Heu, das den Aufprall dämpfen würde. Aber dort im Stall hatte inzwischen noch jemand Mut gefasst.
»Soll ich das Pferd denn jetzt noch satteln?« Der kleine Gaston schlotterte vor Angst vor dem großen, gefährlichen Ritter, der Sabine bedrohte. Aber er konnte seine Herrin doch nicht in dessen Gewalt lassen! Und Hilfe holen konnte er auch nicht. Wen sollte er schließlich herbeirufen? Sabines Vater oder ihren Gatten? Die junge Frau wäre auf ewig kompromittiert, wenn man sie hier mit ihrem Stiefsohn im Heu fand.
François warf einen unwilligen Blick auf den unvermuteten Zeugen. Er war eigentlich davon ausgegangen, Gaston sei nach draußen geflohen. François kämpfte den Impuls nieder, den Jungen einfach niederzustechen. Aber das würde er niemals erklären können ... Zähneknirschend gab er sein Vorhaben auf. Er konnte Sabine in dieser Nacht nicht besitzen.
»Wer spricht denn davon, Euch die Unschuld zu rauben, Madame la Marquise?«, fragte er lachend, ohne Gaston weiterer Beachtung zu schenken. »Nicht doch, wir machen nur Spaß! Allerdings – für einen Kuss sollte es schon reichen für Euren Mitverschwörer. Ein schöner, langer Kuss. Komm, Sabine, schließlich sind wir verwandt!«
Sabines verzweifelte Blicke wechselten zwischen dem anzüglich grinsenden Ritter und dem großäugigen, verwirrten Gaston.
Sie musste das hier beenden, wobei sie längst nicht mehr an Flucht dachte. Inzwischen schien ihr die Sicherheit ihrer Kammer paradiesischer als alle italienischen Enklaven der Katharer.
»Also schön«, ergab sie sich, »nur ein Kuss!«
Florimond biss sich auf die Lippen. Er war bereits schweißgebadet, aber die Bodenbretter gaben nicht nach. Der Ritter verfluchte seine erzwungene Untätigkeit. Natürlich konnte er rufen und sich zu erkennen geben. Sicher würde François dann von Sabine ablassen. Aber in diesem Fall würde es Verhöre geben, er müsste François förmlich anklagen und das Paar damit
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