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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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die Arme um den Hals.
    Ihr Kuss sagte ihm, dass das Warten vorbei war. Ihre Zeit war gekommen.

8
    Eine schmale Mondsichel spendete spärliches Licht, während der Mann zwischen den Hütten entlangkroch. Als irgendwo ein Hund im Schlaf knurrte, hielt er inne, wagte nicht einmal zu atmen.
    Da! Ein weißes Stück Stoff am Pfosten der Veranda. Er überquerte den Weg, kniete im Staub und kratzte an der Tür. Dann blieb er still zusammengekauert, bereit davonzulaufen, wenn es sich um eine Falle handeln sollte.
    Ein alter, barfüßiger Mann trat auf die Veranda.
    »Joseph?«, flüsterte der Flüchtling.
    »Komm rein, bevor dich jemand sieht.«
    »Ist noch jemand da drin?«
    »Nur meine Tochter und ihr Enkelkind. Du bist in Sicherheit.«
    Mit vorsichtigen Schritten kletterte der Mann auf die Veranda und betrat die Hütte.
    Joseph entfernte das weiße Tuch von dem Pfosten und schloss die Tür.
    »Ich hab was zu essen für dich, beeil dich und iss. Ich hab auch noch was zum Mitnehmen vorbereitet.«
    Der Mann saß im Dunkeln auf dem Fußboden, einen Teller mit kalten Bohnen, Maisbrot und Schinken auf dem Schoß. Er benutzte den Löffel wie eine Schaufel und aß wie jemand, der seit drei Tagen nichts anderes als Beeren und gestohlenen rohen Mais bekommen hatte.
    »Ich habe schon auf dich gewartet«, sagte Joseph. »Du bist spät dran. Irgendwelche Schwierigkeiten unterwegs?«
    »Zweimal habe ich Hunde gehört, aber sie waren nicht hinter mir her. Die meiste Zeit bin ich durch die Maisfelder gelaufen. Wenn ich gebückt laufe, kann mich da niemand sehen, der Mais steht hoch genug.«
    Schritte waren auf der Veranda zu hören; der Mann erstarrte vor Schreck. Dann wurde an den Bodenbrettern gekratzt. Joseph öffnete die Tür einen Spalt breit, dann weiter, um Luke hereinzulassen.
    »Ich habe Ausschau nach ihm gehalten«, erklärte Luke, der hereinkam und sich auf den Boden setzte. »Ich bin Luke«, stellte er sich dem Fremden vor.
    Der Mann wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Cat«, sagte er.
    »Sie nennen dich Cat, Katze?«
    Der Mann hatte offenbar keine Lust zu langen Erklärungen. Sie ließen ihn in Ruhe essen, gaben ihm dann einen Becher mit Brunnenwasser. Josephs Tochter setzte sich auf ihrer Schlafstelle auf, nur halb wach. »Ist er allein?«, fragte sie in die Finsternis hinein.
    »Ja, Liebes. Nur einer. Wir brauchen dich heute Nacht nicht, du kannst weiterschlafen.«
    Sie legte sich wieder hin, und die Maisblätter in ihrer Matratze raschelten, bis sie die richtige Schlafstellung gefunden hatte.
    Luke strengte sich an, den Mann in dem schwachen Licht zu erkennen, das zum Fenster hereindrang. »Du bist groß«, sagte er. »Bist du auch stark? Kannst du die ganze Nacht laufen?«
    »Ich bin bis hierher gekommen, oder? Seit vier Nächten bin ich jetzt unterwegs, und sie haben mich nicht gekriegt.«
    »Wie weit willst du?«
    »Den ganzen Weg. Es heißt, man muss bis nach Kanada, sonst holen einen die Sklavenhändler zurück.«
    »Und du kennst den Weg?«
    »Woher denn? Aber ich finde ihn, auf jeder Station sagen sie dir, wie du zur nächsten Station kommst, so geht das.«
    Luke wandte sich an Joseph. »Geht er mit dem Hirten?«
    Joseph nickte im Dunkeln.
    Luke saß da, die Arme um seine Knie gelegt, und dachte angestrengt nach. »Meinst du, der Hirte würde noch eine Nacht warten?«
    »Woran denkst du?«
    »Hör zu«, sagte er zu Cat. »Ich habe fünfunddreißig Cent.«
    »Woher hast du das Geld, Luke?«, fragte Joseph.
    »Gekriegt.« Luke wandte sich wieder an Cat. »Du ruhst dich einen Tag lang aus. Meine Frau besorgt etwas zu essen für dich. Und morgen Nacht komme ich mit. Wir teilen das Geld, wenn wir es brauchen. Und wir passen aufeinander auf.«
    »Warum kannst du nicht heute Nacht losgehen?«, fragte Cat.
    Luke hatte wenig Lust zuzugeben, dass er noch nicht so weit war. Pearl war noch nicht so weit, vor allem deswegen. Aber es dauerte ohnehin nur noch zwei Stunden, bis der Tag anbrach, und untertags musste Cat sich irgendwo hinlegen.
    »Was ist mit dem Hirten?«, fragte Cat.
    »Er wartet ein Stück die Straße runter«, antwortete Joseph. »Ich rede mit ihm.«
    Er tätschelte seinem schlafenden Urenkel den Rücken und ging hinaus.
    Der Mond war inzwischen beinahe untergegangen, und Joseph beeilte sich, zu der Straße zu kommen, die zu den nördlichsten Feldern der Plantage führte. Wo die Straße sich nach Osten wandte und dann eine scharfe Kurve in nördlicher Richtung beschrieb, blieb er stehen.
    Es war zu

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