Melodie des Südens
Herz. Vielleicht schaffte er es auch nicht, vielleicht würde er sie nie wiedersehen. Er kämpfte den Kloß im Hals nieder, zog an ihrem Nachthemd. Sie öffnete seinen Gürtel. In verzweifelter Leidenschaft rollte er sich auf sie.
Als sie sich danach still in den Armen hielten, sagte Pearl: »Du wirst gehen, nicht wahr?«
Luke antwortete nicht. »Wenn du so mit mir schläfst, dann weil du gehen willst.«
Er küsste ihren Scheitel, streichelte ihre nackte Hüfte, auf der seine Hand ruhte. Woher sie ihn wohl so genau kannte, ihn im Dunkeln durchschaute, unausgesprochene Worte hörte?
Sie schob seine Hand weg und setzte sich aufrecht hin. »Ich weiß es.« Ihre Stimme wurde brüchig. »Du kannst es ebensogut sagen.«
Er versuchte, sie wieder an sich zu ziehen, sie im Arm zu halten, aber sie wehrte sich.
»Du hast gesagt, du bleibst. Du hast gesagt, du bleibst, bis ich ein Kind bekomme.«
»Pearl, wir sind jetzt seit zwei Jahren zusammen. Wir kriegen kein Kind, nicht wir beide.«
Sie weinte, ohne darauf zu achten, wie viel Lärm sie machte. Sie wehrte sich gegen seine Umarmung, drehte ihm den Rücken zu, aber während die Schluchzer ihre schmale Gestalt schüttelten, versuchte er es wieder. Er berührte sie mit der einen großen Hand, dann mit der anderen, und sie ließ sich von ihm in die Arme nehmen. Er hielt sie wie ein kleines Kind, wiegte sie und schaukelte sie, bis sie ruhiger wurde.
»Bald wird es hell«, sagte er. »Meinst du, du kannst so tun, als wäre nichts geschehen?«
Sie nickte, den Kopf an seiner Brust.
»In Josephs Hütte ist ein Mann, der braucht im Lauf des Tages etwas zu essen. Und wir brauchen beide etwas zum Mitnehmen, wenn wir heute Abend losgehen. Kannst du uns was besorgen?«
Allmählich dämmerte es. »Komm zurück und hol mich. Versprich es.«
Er legte ihr eine Hand aufs Gesicht. »Ich komme zurück und hole dich, wenn ich noch einen Tropfen Blut in mir habe.«
»Ich kann deine Augen sehen, Luke. Schwör es.«
»Ich schwöre es, bei Gott, Pearl.«
Der Mond war untergegangen, als Yves im Dunkeln zum Stall zurückkehrte und seinem Pferd den Sattel abnahm. Es hatte sich einen Stein in den Huf getreten und lahmte. Weil er aber noch eine Aufgabe vor sich hatte, sattelte er Marcels Pferd und führte es auf die Straße, die er mit Marcel und Adam entlanggeritten war, als sie die Hunde gehört hatten.
Er wusste noch nicht, was er mit den Hunden tun würde. Wie viele waren es, und welche waren tatsächlich auf Menschen abgerichtet? Waren sie bewacht? Verdammt, es war so schrecklich dunkel! Er hoffte, das Pferd sah mehr als er.
Als er das Waldstück erreichte, in dem er die Hunde vermutete, stieg er ab und ging zu Fuß weiter, eine Hand immer ausgestreckt, um Äste aus dem Weg zu schieben. Zwischen den Bäumen konnte er ein flackerndes Feuer erkennen, und er ging darauf zu.
Aus sicherer Entfernung beobachtete er die Lichtung, wo die Hunde schliefen. Der Wind blies ihm entgegen, sonst hätte er ihnen nicht so nahe kommen können, ohne sie zu wecken. Ein Junge, vielleicht zehn Jahre alt, lag neben einem Feuer, das allmählich verlöschte. Es war eine warme Nacht, vermutlich diente das Feuer eher dazu, die Geister der Nacht fernzuhalten. Und natürlich half der Rauch ein wenig gegen die Mücken. Der Junge hatte sich eine dünne Decke aus Sackleinen übergezogen. Yves konnte elf Hunde zählen. Schöne Tiere mit schimmerndem Fell, vor allem jetzt im Feuerschein.
Nein, er würde sie nicht erschießen. Er verstand, dass Marianne die zwei Tiere erschossen hatte, die das Kind getötet hatten, aber diese friedlich schlafenden Hunde – nein, erschießen konnte er sie nicht.
Was tat er dann überhaupt hier? Er fand den Gedanken entsetzlich, sich in dieser Weise in die Angelegenheiten eines anderen Mannes einzumischen, nur weil er Marianne Johnstons schönen Busen und ihre feurigen Blicke bewunderte. Aber was half es?
Er dachte wieder an Marianne, wie sie im Garten vor ihm gestanden hatte, als das kleine Mädchen gestorben war. Ihre Augen, die blauer waren als das Kleid, das sie trug, hatten all ihren Schmerz und ihre Erschöpfung sichtbar gemacht. Sie war eine Frau mit impulsiven Gefühlen, sonst hätte sie die Hunde nicht erschossen. Er konnte ihr keinen Vorwurf machen. Sie war eine beherzte Frau, und dazu eine, die ihren Verstand gebrauchte. Nach seiner Erfahrung waren nicht viele junge Frauen dazu in der Lage.
Aber hatte sie ihn um Hilfe gebeten? War es seine Aufgabe, zu handeln, wenn ihr
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