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Melodie des Südens

Melodie des Südens

Titel: Melodie des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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vorbereitet gewesen, berührt zu werden. Und sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, dass die Berührung ihren ganzen Körper durchzucken würde, sie erwärmen und aufstören würde.
    Sie sah Yves an, erwartete, dass er lachte, etwas Höfliches sagte, um die Situation zu überspielen. Aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen hielt er ihrem Blick stand, und was sie in seinen hellbraunen Augen sah, ließ sie erröten. Plötzlich begriff sie, dass sie allein mit ihm war, weit vom Haus entfernt und vor Blicken geschützt im abgeschlossenen Teil des Gartens. Sie legte ihre Hand an die Kehle, und als Yves ihrer Geste mit seinen Blicken folgte, erinnerte sie sich an das tief ausgeschnittene Kleid und den Busen, der sichtbar war.
    Sein unverblümter Blick machte sie wütend. Er war kein Gentleman, das war eindeutig. Mit einer entschlossenen Geste zog sie ihren Rock von seinem langen Bein weg und stand auf. Mit fest aufeinandergepressten Lippen trat sie von der Bank weg auf den Weg.
    »Miss Johnston.« Yves holte sie mit zwei Schritten ein. »Bitte verzeihen Sie mir. Ich wollte nur andeuten, dass sie mit Ihren Meinungsäußerungen vorsichtiger sein sollten. Ich hatte niemals die Absicht, Sie zu beleidigen.«
    Selbst jetzt spürte sie noch den Griff seiner Finger. Unmögliches Benehmen. Vermutlich stimmten die Geschichten doch, mit denen Lindsay Morgan angab: dass er ihr schwindelerregende Küsse geraubt hatte, obwohl sie noch nicht einmal verlobt waren. Die Ungerechtigkeit dieses Gedankens angesichts ihrer eigenen wenigen gestohlenen und noch dazu enttäuschenden Küsse spielte in diesem Moment keine Rolle für sie.
    Freddie rannte schwanzwedelnd hinter Yves her. Marianne blieb stehen, sodass Yves fast mit ihr zusammenstieß. Sie schob seinen Arm zur Seite und streckte die Hand nach Freddie aus. Als der kleine Spaniel mit dem Welpengesicht einen Schritt zurückging, sah sie Yves Chamard an. »Soweit ich mich erinnere, haben Sie nach meiner Meinung gefragt«, sagte sie. »Es war nicht davon die Rede, dass sie mit der Ihren übereinstimmen musste.« Damit drehte sie sich auf den Zehenspitzen um und ging davon.
    Yves war klug genug, ihr jetzt nicht nachzueilen. Er folgte ihr in aller Ruhe, bewunderte ihren Rücken von den Schultern bis hinunter zu ihrer schmalen Taille. Eine so schmale Taille konnte kein Korsett zustande bringen; außerdem könnte sie mit Korsett nicht so wütend marschieren. Adams kleine Schwester. Er schüttelte den Kopf. Keine Südstaatenschönheit, die dazu geboren war, sanft und nachgiebig die Männer in ihrem Leben zu beglücken. Nein, diese junge Frau war ganz anders.
    Am nächsten Morgen ertrug Gabriel tapfer eine weitere Überquerung des Mississippi in einem kleinen Boot. Die Männer ruderten am östlichen Ufer den Fluss hinauf, bis sie eine halbe Meile nördlich des Anlegers von Toulouse waren, dann querten sie den Fluss und ließen sich von der Strömung treiben. Immerhin schien die Sonne, und die Strömung ließ keine Baumstämme gegen das Boot krachen.
    Insgesamt gesehen, überlegte Gabriel, waren die Sklaven von Magnolias in einem recht guten Gesundheitszustand. Sie waren weitaus besser ernährt und nicht erschöpfter von der Arbeit als die meisten anderen Sklaven. Die Unterkünfte waren sauber, was ebenfalls auf eine gute Führung schließen ließ. Die Latrinen stanken nicht mehr als nötig, und auf der Erde zwischen den Hütten war kein Müll verstreut. Aber selbst hier konnte es passieren, dass ein Kind starb, weil der Herr Hunde hielt, die Sklaven jagten.
    Die Gespräche des vergangenen Abends hatten sich irgendwann der Politik zugewandt. Yves glaubte fest daran, dass es Krieg geben würde, Marcel und Adam widersprachen ihm. Gabriel fürchtete den Krieg und hoffte gleichzeitig darauf.
    Was würde er tun, wenn es Krieg gab? Wo würde sein Platz sein? Bei seinen Brüdern, den Chamards? Oder auf der Seite derer, die für die Freiheit all seiner Brüder kämpften?
    Das Boot war am Anleger von Toulouse angekommen, Gabriel reichte den Männern ein paar Münzen, die sie unter sich aufteilen konnten, und winkte ihnen zum Abschied. Dann blickte er die Eichenallee zum Haus der DeBlieux hinunter und dachte daran, sich selbst zum Mittagessen einzuladen.
    Aber wie sollte er auf Simones Zorn reagieren? Was konnte er tun? Er konnte sie nicht um Entschuldigung bitten, weil er sie verlassen hatte. Er hatte es getan, damit sie ihn vergaß und ihr eigenes Leben lebte, ohne ihn. Aber das hatte sie nicht

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