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Melville

Melville

Titel: Melville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Elter
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es vielleicht im Auftrag anderer Strukturen, die sich mit
solchen Dingen auskennen könnten, zu tun hat. Vielleicht der
Sabbat.”. Und bei dieser Aussage beobachte ich Vanessas
Gesichtsregungen genau. Doch sie verzieht keine Miene, sondern sagt
nur
    „Wäre
das für Sabbat nicht extrem dicht? Ich meine, wenn die so dicht vor
unserer Haustür sitzen, müssten wir sie doch bemerken, oder?”.
    „Vielleicht.“,
sage ich nur.
    „Wir
als Klüngel haben keine Befugnis dort zu ermitteln, Melville. Da
brauchst du eine Sondergenehmigung aus der Führungsebene.”.
    „Woher
weißt du das, Andrew?“, hake ich nach.
    „Seitdem
ich offiziell weiß, dass ich diesen Posten innehabe, habe ich mich
weitergehend über die Regeln, Pflichten und Rechte eines Klüngels
informiert, Melville.”. ‚So wie du es sicher auch hättest tun
sollen’ schwingt hörbar in seinen Worten mit, doch anscheinend
nehme nur ich das wahr. Sie haben ja auch nicht mitbekommen, was er
gestern zu mir gesagt hat und wie zeitlich knapp bemessen mein
Übergang von Küken zu Klüngelsprecher eigentlich war.
    „Dann
werde ich umgehend einen Termin bei Mr von Hohentannen anfragen.”.
Ich höre Vanessa leise kichern.
    „Dieser
Name... echt jetzt...”.
    Ich
stelle mich etwas von ihnen weg, um ungestörter telefonieren zu
können. Ich erhalte über seinen Sekretär einen Termin für morgen
Nacht. Dafür bereits um zweiundzwanzig Uhr. Heute ist er leider
nicht verfügbar. Kurz kann ich mir vorstellen, wessen
Sonnenblumen-Ohren er vielleicht gerade anknabbert, doch lasse mir
natürlich nichts anmerken.
    Mein
Klüngel ist sichtlich enttäuscht, doch morgen ist nicht so eine
Zumutung, wir haben das zu akzeptieren. Genug Zeit also, um mit
Andrew vielleicht doch noch einige Details klären zu können.

    Das
Klüngel zerstreut sich. Vanessa zieht es vor, die weiteren Stunden
draußen im Regen zu verbringen und Daniel möchte mit seinen
Freunden in Belgien per Videotelefonie reden und zieht sich somit auf
sein Zimmer zurück. Ein guter Moment, um Andrew anzufragen. Ich
warte bis wir ungestört und vor allem ungehört reden können.
    „Hast
du Zeit für mich, Andrew?”.
    „Was
gibt es denn, Melville?”. Er wirkt kurz angebunden und er macht
etwas angespannt den Versuch, neutral zu wirken. Ist er noch dermaßen
über mein Fehlverhalten erzürnt?
    „Als
Erstes wollte ich dir sagen, dass ich gestern wirklich nicht vorhatte
so lange fernzubleiben. Es ist etwas Unvorhergesehenes passiert, über
das ich aber auch nicht weiter reden möchte. Und es ist mein Fehler,
dass ich nicht zurückgerufen habe. Ich war gestern nicht
zuverlässig, dass gestehe ich ein, aber ich bin im Grunde kein
schlechter Sprecher, glaube mir.”. Er senkt den Kopf etwas und
stemmt seine Hände in die Seiten als müsste er sich selbst Halt
geben.
    „Ich
war gestern sehr wütend auf dich und ich nehme meine Worte auch
nicht zurück. Ich stehe zu meiner Aussage, auch wenn sie vielleicht
etwas drastisch formuliert war. Es mag sein, dass du ein guter
Sprecher bist... ich meine... immerhin leitest du einen riesigen
Konzern... aber da hast du Helfer und Angestellte und am Ende der
Arbeitszeit gehen alle nach Hause und gehen ihrem eigenen Treiben
nach. Hier sitzen wir aber alle zusammen und müssen einander
vertrauen können. Verstehst du?”. Er redet ein wenig mit mir, wie
ein Lehrer, nachdem er einen Schüler, also mich, beim Rauchen oder
Schuleschwänzen erwischt hat. Und ich fühle mich auch so.
    „Meinst
du denn, dass Vertrauen noch möglich ist?”.
    „Natürlich,
Melville. Aber du musst jetzt für uns da sein und dich auf deine
Aufgabe konzentrieren, ich bitte dich. Es scheint viel dramatischer
zu sein, als dein Primogen selber vielleicht angenommen hat, also
müssen wir so professionell wie möglich sein und du deine
Startschwierigkeiten schnell überwinden. Gibt es denn etwas, wie ich
dir helfen kann? Ach ja, du hast gestern am frühen Abend um ein
Gespräch gebeten. Wollen wir jetzt reden oder willst du wieder
los?”. Er sieht mir offen in das Gesicht, damit ich auch bloß
erkenne, dass dies meine Gelegenheit zur Vertrauensbildung ist und
ich diese Chance nicht versäumen sollte.
    „Ich
wollte dich eh fragen, es wäre mir sehr recht, wenn wir jetzt reden
könnten.”.
    „Natürlich,
mein Klüngelsprecher.“ und sein Gesicht erhellt sich etwas und
auch ich muss über seinen Satz leicht Schmunzeln.
    „Lass
uns in mein Arbeitszimmer gehen, muss ja nicht jeder mitbekommen,
dass du

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