Melville
sie dabei auch tötest,
dann wäre es möglich, dass du Fähigkeiten meines Clans erwirbst.
Das nennt man ‘diablerieren’.”.
„Ja,
das Wort kenne ich, aber mir war nicht bewusst, dass man Nutzen aus
diesem Vorgang ziehen kann.”.
„Das
ist kein Vorgang, Melville, das ist Mord! Und ich bezweifle, dass
Vanessa diesen Weg beschritten hat. So ist sie nicht!”.
Ich
nicke schweigend und überlege, mich ihm, Vanessa betreffend, ein
wenig zu offenbaren. Mir fehlt einfach die Kenntnis in diesen
Belangen, ich brauche Rat.
„Andrew?”.
„Ja?”.
„Ich
weiß aus zuverlässigen Quellen, dass Vanessa wirklich eine
Sabbatgeborene ist. Sie wurde von diesen Abartigkeiten gezeugt und
ihr Blut ist durch den Sabbat verunreinigt. Sie mag jetzt zwar bei
uns sein, aber das ist nicht von Dauer.”. Den Fakt mit ihrem Bruder
lasse ich lieber unerwähnt.
„Weißt
du eigentlich, wie das klingt, wenn du von anderen Sekten als der
Camarilla sprichst?”.
„Nein,
wie denn?”.
„So
überzeugt verächtlich. Als würde nur das Blut zählen und nicht
das Individuum. Sie mag vielleicht vom Sabbat gezeugt sein, aber sie
hat sich für die Camarilla entschieden. Ich selbst bin auch nicht in
der Camarilla gezeugt worden, macht mich das in deinen Augen
minderwertig?”. Diese Frage trifft mich unerwartet und leider
versäume ich den Moment, schnell und mit Nachdruck seine Frage
entkräften zu können.
„Dass
du nicht gleich antwortest, sagt eigentlich schon alles.”. Er sieht
etwas betreten zu Boden, doch anscheinend gibt er nicht auf.
„Hat
man dir das so beigebracht oder ist das deine persönliche Meinung?”.
„Ich
habe gelernt, dass jeder, der nicht bei der Camarilla ist, unser
Feind ist. Und es ist wohl meine eigene Meinung, dass Wechsler
grundsätzlich fragwürdig sind. Aber du bist kein Wechsler, Andrew.
Du warst sozusagen ohne Führung und erst als dir bewusst war, welche
Seiten es gibt, hast du dich für die Richtige entschieden.”.
„Also
ist Vanessa in deinen Augen fragwürdig?”.
„Ich
werde sie auf jeden Fall beobachten. Ich kann einfach nicht anders
und ich würde es begrüßen, wenn du ungewöhnliche Aktivitäten von
ihrer Seite auch an mich weitergibst. Sie lebt mit uns allen in
meinem Haus. Ich möchte einfach nur keine bösen Überraschungen
erleben, verstehst du?”.
„Ich
verstehe es, aber sie hat sich bereits mehrfach bewiesen. Ich weiß
nicht, warum du noch zweifelst. Aber das ist wohl deine Aufgabe, als
Klüngelsprecher.”. Um ihm seine Zweifel etwas zu nehmen und auch
etwas von diesem heiklen Thema wieder wegzukommen, merke ich an
„Wenn
wir es wollen, können wir doch alle Berge bewegen und stärker und
geschickter sein, oder nicht?”.
„Du
spielst auf die Möglichkeit an, uns temporär zu entwickeln? Ja,
sicherlich, aber es hängt wohl mit der Kraft des Blutes zusammen,
wie weitreichend diese Option ist.”.
„Kraft
des Blutes? Meinst du die Generation, den Stammbaum?”.
„Ja,
das meine ich. Ich kann mir schon denken, dass du... nun ja, ein
erlesener Tropfen bist...”. Wir lachen kurz beide und ich bin froh,
dass er dennoch unverkrampft mit mir reden kann. Es ist unerwartet
angenehm mit ihm zusammenzusitzen... anscheinend vorurteilsfrei, das
ist wichtig. Besonders, da ich es ja wohl nicht bin.
„Wo
wir beim Thema Blut wären...”, fahre ich fort, doch er unterbricht
mich besorgt.
„Es
geht aber nicht um gestern oder? Um das Unvorhergesehene? Hast du von
jemandem zu viel getrunken?”. Ihn scheint diese Möglichkeit
wirklich zu erschüttern. Ich verstehe einfach nicht, wieso Wesen wie
wir so viel Mitgefühl und Anstand für unser Futter um uns herum
empfinden sollen. Das ist doch viel zu lästig, wenn man bedenkt,
welcher Natur wir entspringen. Aber ich beruhige ihn.
„Nein,
Andrew. Das ist es nicht, keine Bange.”.
„Gut...
gut.”. Er wirkt erleichtert.
„Es
geht um die Macht, jemanden mit seinem Blut an sich zu binden. Wenn
ich jemandem mein Blut gebe und es dann unterlasse, wie lange hält
dieser besonders ergebene Zustand an?”.
„Das
lässt sich pauschal leider nicht beantworten, Melville. Ich habe
schon gehört, dass so etwas auch ohne Auffrischung Jahrzehnte
anhalten kann. Es ist wohl wichtig, wie sehr man dann noch in Kontakt
mit dem Spender steht. Grundsätzlich ist es aufhebbar, aber
bedeutend einfacher, wenn man sich nicht mehr ständig sieht. Ach ja,
und Ghule altern nach. Wenn du zum Beispiel deinen Butler James zehn
Jahre lang bei dir behältst und
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