Melville
Handelsangebote und Kreditanfragen innerhalb meines
Clans habe ich bereits erfolgreich abgewickelt und langsam wird mein
Name bekannter. Natürlich folgten somit auch erste Einladungen zu
sogenannten ‚Herrenabenden‘, die ich gerne annahm, denn in großen
Runden kann sich mein Charisma besonders gut entfalten. Es wurde
gelacht, gescherzt und geschäftliche Bündnisse geschlossen, die
sonst nicht möglich wären.
Der
Prinz dankt für die Aufmerksamkeit, ich klatsche gewissenhaft. Es
folgt ein loses Zusammentreffen der Mitglieder der Domäne im
Elysium, der Pflichtteil ist beendet. Augenblicklich stürzen alle
Gangrel, Nosferatu und Teile der Brujah zu den Ausgängen. Es ist
immer wieder so typisch. Meine Augen suchen den von Liam ausgesuchten
Vampir, ich finde ihn schnell, er ist relativ groß, fast größer
als ich. Er steht bei einer Gruppe und hört nur zu, anstatt
mitzureden. So, so, er gehört also zu den tiefen Gewässern.
„Du
bleibst hier, das funktioniert nur allein, bleibe einfach in der
Nähe, rede mit niemandem, außer denen, die du kennst und meide
alle, die besonders exzentrisch und pompös gekleidet sind. Wahlweise
auch auffällig schlicht Gekleidete. Verstanden?“.
„Ja,
Herr Lancaster.”.
Ich
setze mich in Bewegung, laufe besonders aufrecht. Doch im Gegensatz
zu dem, was Liam jetzt denken mag, gehe ich nicht direkt auf ihn zu.
Viel eher suche ich erst einmal Frau Melanie Sanders aus dem Hause
der Toreador. Ich verwalte ihre Geschäfte, mit dem Geld ihrer
Galerien investiert sie über mich in Wertpapiere und konnte bis
jetzt noch nicht über Verluste klagen. Und vor allem kennt sie sich
in sozialen Belangen der Domäne sehr gut aus. Sie steht umringt von
Ihresgleichen, sofort erkennbar an den gewagten Farben der Kostüme
der Damen, mit einem Glas Blut in der Hand in der Nähe des Podiums.
Auch interessant, so kann man Toreador von Ventrue bei so großen
Veranstaltungen auch leicht auseinanderhalten. Das Glas Blut verrät
uns. Als sie mich sieht, entschuldigt sie sich bei ihren Zuhörern
und geht mir entgegen. Habe ich es doch gewusst, sie schätzt mich
und meine Anwesenheit, auch wenn ich ihre sehr vertraute Art manchmal
irritierend finde, doch was tut man nicht alles für seine
Kundschaft.
„Melville,
schön dich hier zu sehen.“. Ich verbeuge mich tief, sie reicht mir
ihre Hand, ich deute einen Handkuss an. Wir zelebrieren beide die
geltenden Regeln der Etikette.
„Melanie,
die Freude ist ganz auf meiner Seite.” und lächele sie aufrichtig
an.
„Gehen
wir ein Stück, Melville, es ist so voll hier.“.
„Natürlich,
Melanie.”, sie trägt ein großes, ausladendes Kleid, ich fühle
mich fast in das achtzehnte Jahrhundert zurück versetzt.
„Also,
Melville, was liegt dir auf dem Herzen, du bist ja sicher nicht zu
mir gekommen, weil du meine Gegenwart so schätzt.“ und sie lacht
gekünstelt.
„Ach
was, Melanie, wie könnte ich nur ohne dich sein, deine Gegenwart ist
es wert, durch die Wüsten der Welt zu wandeln.“. Sie lacht
erheitert und haut mir leicht mit der Hand an den Arm. „Melville,
du Charmeur, du hast es wieder geschafft.“.
„Aber
natürlich wird deine Schönheit nur von deiner Geistesschärfe
übertrumpft. Ich habe tatsächlich eine Frage.“. So redend laufen
wir an einigen Gruppierungen vorbei und geflissentlich nähere ich
mich so meinem eigentlichen Ziel.
„Ich
hätte eine Frage, Melanie, und ich hoffe du kannst mir weiter
helfen. Weißt du wie der großgewachsene Mann dort drüben im Mantel
heißt?“. Sie folgt meinem Blick. Sie hakt sich bei mir ein und
flüstert mir zu
„Ach
je, Melville, was hast du denn mit dem zu schaffen? Das ist... ach,
Moment, wie war nochmal sein Name... Herbold, ja, Alexander Herbold.
Ein Brujah aus Berlin. Da hat man dieses Jahr ja auch nur die
schlimmsten Gerüchte gehört.“. Ja, davon habe ich gehört.
Streitigkeiten unter den herrschenden Primogenen haben zu Umbrüchen
und teilweise bügerkriegsartigen Zuständen geführt.
”Ein
billiger Flüchtling, der jetzt Anschluss sucht.“. Bei diesem Satz
blickt sie mir in die Augen.
„Oh,
verzeih, Melville, ich hatte vergessen, dass du ja selbst noch nicht
lange hier bist. Aber du spielst in einer anderen Liga, mein Herz”.
Sie legt ihren Kopf kurz tröstend an meine Schulter.
„Keine
Sorge, meine Liebste, ich verstehe was du meinst. Ich war mir nur
kurz unsicher, ob ich ihn noch aus London kenne, aber sein Name sagt
mir nichts. Ich danke dir für diese
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