Melville
lapidar, aber mit
sehr brüchiger Stimme.
„Das
kann durchaus sein, Melville. Doch mach dir darüber keine Sorgen,
ich habe bereits jemanden, der sich nach deiner Ankunft um dich
kümmern wird. Der es dir ermöglicht, nicht mehr so sensibel
menschlich zu reagieren.”.
Ich
nicke ihr zu. Sie nimmt meine Hand und führt mich aus dem Bad. Wir
verlassen die Wohnung umgehend und steigen wieder direkt in den
Wagen. James hat derweil vorne neben dem Fahrer gewartet. Und während
der Wagen losfährt, habe ich immer noch das Gefühl von seinem
klebrigen Blut an meinen Händen.
Die Taufe
Wir
fahren durch einen etwas abgelegenen, aber schönen Teil von
Frankfurt. Es fällt mir schwer mich zu konzentrieren. Ich rede
nicht, nehme nur jedes Detail dieser Nacht in mich auf. Ich verspüre
einen leichten Durst, ich habe seit vier Nächten nichts getrunken
und der… Mord… an Liam eben hat mich einiges Blut gekostet. Ich
höre überdeutlich James Atmung vom Beifahrersitz, höre seinen
Herzschlag, trotz des Lärms der Straße, eindringlich. Ich versuche
diesen Signalen zu widerstehen, besonders, da er eh nicht meiner
Beute entspricht. Doch die Eindrücke sind da. Ich versuche mich mit
dem Blick aus dem Fenster abzulenken.
„Gleich
wirst du nur noch sprechen, wenn du angesprochen wirst, Melville.
Meine Priesterin wird dich durch das Ritual begleiten und dich
anweisen. Sei einfach ganz entspannt.”.
Komisch,
das ist das Gefühl, welches ich gerade am wenigsten empfinde,
Entspannung. Ich bin sehr nervös, fast ebenso wie damals, als
Benedict mich verwandelt hat. Mir das Geschenk gab, so sein zu dürfen
wie er. Und nun gibt Sophia mir die Chance, so zu sein wie sie. Ich
fühle innere, tiefe Dankbarkeit und Zuneigung für sie, dass es mich
fast schon schmerzt.
„Ich
verstehe, Sophia. Muss ich sonst noch etwas beachten?”.
„Lass
dich einfach treiben und genieße es, denn danach kannst du endlich
zu mir ziehen.“ und sie lächelt mich an. Und ich weiß, alles wird
gut werden. Dies ist der richtige Weg, vor allem, um auch selbst mit
mir ins Reine zu kommen. Ein Neuanfang in einer besseren Welt.
„Und,
Melville?”, sie sieht mich plötzlich eindringlich an.
„Ja?”.
„In
der Öffentlichkeit und vor dem Rudel tauschen wir keinerlei
Intimität aus. Es würde dich gefährden und mich angreifbar
machen.”. Ich sehe sie sicher etwas traurig an und wiederhole nur
„Ich
verstehe.”.
Sie
beugt sich plötzlich etwas zu mir herüber und greift mit ihrer Hand
nach meinem Kinn. Langsam, aber mit Nachdruck zieht sie mich zu sich.
Sie küsst mich. Ihre Zunge so süß, die Lippen so zart, genieße
ich gerne ihre dominierende Art. Dann löst sie sich etwas von mir,
behält aber mein Kinn immer noch im sanften Griff.
„Aber
das heißt ja nicht, dass wir keinen Spaß haben können. Nur nicht
vor den anderen!”. Dann lässt sie mich los. Lächelt mir noch
einmal verführerisch zu. Ich bin glücklich.
Wir
biegen an einer kleinen Kirche, in einem Vorort von Frankfurt, in die
Einfahrt ein. Sophia steigt aus und ich tue es ihr gleich. Meine
Haare sind zum Glück nicht mehr nass, doch ich gehe mir
vorsichtshalber noch einmal durch das Haar und überprüfe den Sitz.
Kaum sind wir beide ausgestiegen, fährt der Wagen auch schon weiter.
Sicher werden James und die Koffer schon vorgebracht. Bei diesem
Gedanken muss ich lächeln. Mein neues Zuhause.
Sie
geht voran in die etwas zerfallene, alte Kirche. Es stehen abgenutzte
Gebetsbänke vor dem kleinen Altar. Anscheinend wird die Kirche auch
von Menschen genutzt. Der Erlöser hängt am Kreuz, Gesangsbücher
auf einem Tisch, verteilte Prospekte auf den Bänken. Niemand sonst
ist zu sehen oder zu hören. Wir gehen am Altar vorbei, laut hallen
ihre Absätze auf dem Steinboden wieder. Mein Blick fällt auf ihre
Beine und kurz erregt mich ihr Gang, die Naht ihrer Strümpfe, die
sie heute trägt, ihre Anmut. Doch ich kann mich wieder fangen und
sehe mich um.
Sie
geht zu einer Seitentür am Altar, tritt hindurch und hält sie mir
auf. Dahinter ist eine weitere größere Tür im Boden eingelassen
und wieder stehen hier zwei Wachen. Fast noch muskulöser als die
Vorigen. Die beiden Wachen verneigen sich vor Sophia und öffnen die
Tür für sie. Eine lange Treppe führt nach unten. Es ist bedeutend
geräumiger als man es von der Kirche oben erwarten würde. Lampen
leuchten unseren Weg aus und ich höre immer deutlicher ein
Stimmengemurmel vom Ende des Ganges. Meine Nervosität steigt weiter.
Ich
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