Melville
Anrennversuchen bricht, passiert nichts. Ich hocke mich wieder
in die Ecke und ignoriere meine deformierten Glieder. Ich kann nicht
anders.
Melville
ist nicht mehr da!
Der zweite Versuch
Mit
dem süßen, schweren Duft in der Nase werde ich wach. Meine
Nasenflügel zucken, noch bevor ich die Augen öffne. Ich bin allein,
immer noch diese Zelle, immer noch in Gefangenschaft. Ich erhebe mich
und erkenne das kleine Gefäß in der Ecke.
Blut!
Ich
krieche auf den Becher zu, zitternd hebe ich den Inhalt an meine
Lippen und trinke gierig mein ersehntes Glück. Ich erkenne die
kleinen Stückchen, die Kristalle wieder. Doch ich kann mich nicht
beherrschen. Grunzend nehme ich es in mich auf, keine klaren Gedanken
in meinem Kopf. Es ist alles gleichgültig, nur mein Verlangen zählt.
Der
Schwindel setzt diesmal schneller ein, wütend werfe ich den Becher
an die Wand, als es mich bereits niederreißt. Taub fühlt sich mein
Körper an, dieser leidliche Körper, so nutzlos, so schwach.
Ich
sitze in einem weißen Raum, an einem Tisch. Mir gegenüber steht ein
leerer Stuhl. Ich fühle mich wie befreit, erleichtert, wieder klar
denken zu können. Ich selbst trage auch einen weißen Anzug, fast
schon blendet mich das Licht, das keine bestimmte Quelle zu haben
scheint. Ich kann meinen Kopf nicht bewegen, den Blick vor mich auf
den leeren Stuhl fixiert. Ich nehme es hin. Ich seufze leise. Ist
dies mein letzter klarer Moment? Was kann ich noch tun, außer die
Verbrechen, die ich beim letzten Mal schon beging. Kann ich noch
weiter?
Dann
setzt er
sich plötzlich vor mich. Groß und erhaben wie immer schon. Doch
meine Meinung zu ihm scheint vollkommen ungetrübt, keine Blutsbande,
auch nicht die, die meine Erinnerung verwässern beeinflussen mich.
Ganz neutral kann ich Benedict betrachten. Unsere gemeinsame Zeit
scheint mir solange her, dass nur noch das Jetzt und Hier zählt.
Er
sieht mich ohne jegliche Mimik an und deutet mit seinen Händen, dass
er bereit ist mir zuzuhören. Mit festem Blick sehe ich ihm in die
grauen Augen. Damals war ich kaum in der Lage ihnen standzuhalten,
doch nun bin auch ich von meinen eigenen Fähigkeiten überzeugt.
Auch er ist nur ein Untoter, ganz so wie ich. Nichts Besonderes.
Einer von vielen.
Er
faltet seine Hände auf dem Tisch und beobachtet mich aufmerksam.
Was
will ich ihm sagen?
„Benedict,
so sehen wir uns wieder. Es erstaunt dich sicherlich zu hören, dass
ich nicht mehr in der Camarilla bin. Im Grunde hätte ich sicher
schon immer hier im Sabbat sein sollen. Doch deine Dickköpfigkeit,
deine Ignoranz hat dich geblendet. Du hast die Zeichen nicht
verstanden, meinen Schmerz nicht erkannt. Im Grunde hast du mich in
das kalte Wasser geschmissen.”. Er nickt nur stumm zu meinen
Worten. Ich fahre also fort
„Du
hast mir nie erzählt, dass dein Erzeuger, Rufus, mit der ganzen
Ventrue-Schande in London zu tun hatte. Du hast mich nicht darauf
hingewiesen wie ernst die Situation war. Meine Karriere war dir
wichtiger als meine Anteilnahme an deinem Leben. Hauptsache dein
Küken macht sich prächtig und widerspricht dir nicht...”, ich
atme kurz mehrmals ein und aus.
„Auf
deinem Schoß habe ich gelegen. Wie ein Hund den du streicheln
konntest, den du kontrollieren konntest. Vollkommen benebelt waren
meine Sinne von deinem Blut. Deine Worte waren gottgleiche Befehle in
meinen Ohren, trotzdem tatest du so, als ob ich aus freiem Willen
handeln würde. Trocken und berechnend hast du meine Gefühle
missbraucht. Hast nicht eingelenkt, als ich für die Camarilla die
Feinde foltern sollte. Die Ergebnisse hast du gefeiert, doch die
Taten dazu verdammt.”. Immer noch blickt er mich nur neutral an.
Scheint über meine Worte aber nachzudenken.
„Als
ich, als Ghul in deinem Keller beinahe mein Herz herausgerissen
hätte, um es nicht länger schlagen spüren zu müssen. Dein Blut,
viel zu stark... doch du hast mir immer mehr gegeben, immer mehr. Ich
war im Grunde der Falsche, Benedict. Das weiß ich jetzt, doch ich
mache das Beste daraus. Deine Moral und deine Werte, die auch die der
Ventrue sind, hast du mir aufgedrückt. Solange ich die Kassen fülle
und demütig hinnehme, dass ich in euren Augen ein Nichts bin, eine
abartige Ausgeburt, die im Grunde nicht tragbar ist. ‚Doch
es ist ja Benedicts Zögling‘, nicht wahr?”. Er
nickt stumm.
„Nun
habe ich endlich eine Welt gefunden, in die ich gehöre. Die mich
akzeptiert und alle meine Taten versteht und sie nicht totschweigt
und heimlich
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