Melville
Ich
höre Sophias Stimme an meinem Ohr und wie sie haucht
„Das
wird jetzt etwas wehtun, Melville.”. Und mit einem Ruck reißt sie
mir den Pflock aus dem Leib. An diese Art Schmerz kann man sich
niemals gewöhnen. Laut ächze ich und drehe mich auf die Seite,
trotz meiner Emotionslosigkeit fühle ich deutlich die Wunden im
Gesicht, meine Lippen, wie sie kraftlos an meinem Schädel hängen.
Augenblicklich beginne ich damit, meine eigenen inneren Mächte zur
Heilung zu verwenden. Ich blicke dabei beide nur immer wieder
abwechselnd an. Eingepfercht wie ein Tier, traue ich keinem, außer
mir selbst!
Nachdem
meine Haut angefangen hat die offenen Stellen annähernd zu
schließen, krabbele ich auf allen Vieren in eine Ecke der Zelle und
sage leise mit fremder Stimme
„Melville
ist nicht mehr da!”. Sophia betrachtet mich kurz
eingehend, seufzt kurz laut auf, greift dann Elinas Hand und beide
verlassen die Zelle. Das Licht erlischt und so sitze ich in der
Finsternis, doch ich weiß, dass es einen Ort gibt, der noch dunkler
ist.
Mein
Herz.
..
Leise
höre ich mein Kichern, durchtränkt von schlürfenden Lauten, um das
Blut, das aus meinen dabei neu aufreißenden Lippen dringt, wieder
einzusaugen.
Anscheinend
hat Elinas Disziplin keine vollkommene Macht über mich. Ein Teil in
mir lässt sich nicht mehr mit einfachen Mitteln beeindrucken.
Wahrheit
Ich
sitze in meiner Zelle. Drei, vielleicht vier Nächte sind bisher
vergangen. Sophia sitzt schweigend vor mir. Meine Wunden sind
verheilt, doch der Blutdurst ist geblieben. Immer wieder schweift
mein Blick ab, nur um sie dann wieder zu fixieren. Eng presse ich
meine Beine an mich, mache mich ganz klein. Nur meine Augen, groß
und wach, bewegen sich. Sie senkt kurz den Blick, ihre Schultern
heben und senken sich.
„Ist
Melville jetzt da?”, fragt sie nur.
„Vielleicht...“,
antworte ich kalt.
„Wenn
Melville nicht zurückkehrt, wird auch sein Körper nicht mehr lange
hier bleiben.“, sagt sie ermahnend und blickt mich mit
tiefschwarzen Augen an.
„Willst
du ihn töten? Wo du ihn doch so liebst, du schwache, verblendete
Kreatur!”.
Sie
lächelt mich bedrohlich an.
„Du
bekommst noch eine letzte Chance zu zeigen, dass du noch bei mir
bist, Melville. Ein letzter Versuch, dich bei uns zu halten. Wenn du
es diesmal nicht schaffst, dann...“ und mit einem Satz bin ich bei
ihr, doch schon halten mich schwarze Tentakelarme fest. Umgreifen
meinen Leib, nur wenige Zentimeter trennen meine Fangzähne von ihrem
Gesicht. Ich fauche „Was
dann, du Schattengezücht?“
und versuche
weiter zu ihr zu gelangen, um ihr zu zeigen, was ich von ihren
Drohungen halte.
„So
bist du nicht mehr tolerierbar, Melville. Ich werde dir deine Waffen
nehmen müssen, wenn dein Verstand dermaßen aussetzt!“, betont sie
leise. Ich spüre, wie sie mit einer Hand nach meinen Wangen greift.
Mit festem Druck presst sie meinen Mund auf, ich versuche meinen Kopf
frei zu schütteln, doch sie ist viel zu stark. Eindringlich sieht
sie mir in die Augen und greift mit ihrer freien Hand in meinen Mund.
Der Schmerz ist betäubend, als sie beginnt mir die Fangzähne
zuziehen. Nur widerwillig gibt mein Fleisch meine wertvollste Waffe
her. Ein sattes Geräusch folgt und mein rechter Eckzahn liegt in
ihrer Hand. Gurgelnd und aufheulend schreie ich in ihren festen
Griff. Dann folgt der zweite Zahn, während sie sagt
„Ich
werde dir, bis zu deinem zweiten Versuch in drei Nächten, jede Nacht
die Eckzähne ziehen. Du bist eine Gefahr für mein Rudel, für meine
Familie. Ich verstehe, dass du nicht Melville bist, aber ich kann
keine Rücksicht auf deinen Zustand nehmen, wenn es um mein Heim
geht. Und auf keinen Fall nehme ich es hin, dass du versucht hast
mich anzugreifen!”. Wieder quillt das Blut aus meinem Mund und ich
bin nicht einfach in der Lage diese Wunden zu schließen. Fest
umschließt ihre Faust meine zwei Zähne, als sie mein Gesicht wieder
los lässt. Schwallartig spucke ich das Blut aus und hänge fest in
ihren Auswüchsen. Sie dreht sich um und macht Anstalten, die Zelle
zu verlassen.
Mit
blutgefülltem Mund keife ich ihr hinterher
„Lasombra
Schlampe!”. Doch
sie geht nicht darauf ein und als sich die Tür hinter ihr fast
schließt, lassen mich ihre Schatten los. Schwer falle ich zu Boden.
In Zorn und Raserei renne ich gegen die Tür an. Immer und immer
wieder. Ich bin nicht bereit jede Nacht diese Schmerzen
hinzunehmen. Doch außer, dass mein lächerlich schwacher Leib unter
meinen
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