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Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)

Titel: Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
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katapultiert ihn nach oben. Er hebt die Hände und starrt auf seine rauen, schwieligen Handflächen. Diese Hände haben ihr Gesicht gehalten. Seine Lippen haben ihre Lippen berührt. Warum hat er sie geküsst? Warum in aller Welt hat er das getan?
    »Helmud.« Seine Stimme klingt rau und trocken. »Wo ist sie?«
    »Wo ist sie«, sagt Helmud.
    »Lass das!«, brüllt er. »Die Scheiße kann ich jetzt nicht brauchen, Helmud!« Er versucht aufzustehen.
    »Lass das!« Helmud schlingt die Arme um seine Schultern und zerrt ihn zurück. »Lass das!«
    El Capitán blickt sich im Cockpit um. Helmud hat versucht, ihn zu füttern. Eine Blechtasse, ein paar Päckchen Trockenfleisch, Helmuds Messer.
    Ihm ist schwindlig. Seine Hand rutscht von der Fensterscheibe ab, seine Stiefel schlittern unter ihm weg, und schon ist er wieder am Boden. Er kann nicht mal aufstehen. Sein Gesicht brennt vor Scham. Bradwell war dabei, als er Pressia geküsst hat. Er ist sich sicher. El Capitán rammt die Stiefelferse gegen die Glaswand. Was denkt Pressia jetzt über ihn?
    Sie ist weg. Natürlich ist sie weg. Wie sollte sie auch bleiben? Die Uhr tickt. Sie musste gehen. Aber ist Bradwell auch gegangen?
    »Wollen die uns hier sterben lassen?«, fragt El Capitán. »Verdammt noch mal, Helmud! Dachten sie, du würdet dich um mich kümmern?«
    »Um mich kümmern«, sagt Helmud.
    Er weiß, was er sich eigentlich fragen sollte – ob Pressia und Bradwell es nach Newgrange geschafft haben, ob sie die Formel gefunden haben. Stattdessen malt er sich aus, wie sie hinter seinem Rücken lästern. Wie sie sich über ihn lustig machen. Natürlich wollte Pressia nicht von ihm geküsst werden. Er hat seinen eigenen Bruder im Rücken. Er ist das größte Monstrum in einer Welt voller Monstren.
    Doch er weiß, warum er sie geküsst hat. Er war stolz, das Luftschiff geflogen zu haben, sogar auf die Notlandung war er stolz. Und als er ihr Gesicht gesehen hat, war er einfach nur froh, dass sie am Leben war. Er liebt sie. Er hat es ausgesprochen. Ja, er hat es ausgesprochen. Und jetzt gibt es kein Zurück mehr.
    »Vielleicht sterben wir hier, Helmud. Vielleicht wäre es besser so.«
    Helmud dreht sich zur Seite und wühlt in einer Tasche. »Besser so.«
    »Ich bin froh, dass Dad mich abgeschrieben hat, bevor er uns so gesehen hat. Verstehst du, Helmud? Weißt du, was ich meine? Ich bin froh, dass er gegangen ist, bevor er gesehen hat, wie krank wir sind. Wir sind krank . Schau uns doch an.«
    Helmuds Hand schiebt sich unter sein Kinn und zerrt ihn nach oben, bis El Capitán sich aufrichtet. Doch er hängt nur schief im Cockpit. Er hat keine Kraft mehr. Er lehnt sich an seinen Bruder, der einen Löffel in der einen Hand, eine kleine Dose Reis in der anderen Hand hält. Helmud hakt die Arme um El Capitáns Hals und führt den Löffel zu seinem Mund. »Schau uns doch an«, wiederholt er.
    El Capitán ist den Tränen nahe. Helmud will sich um ihn kümmern, nach all den Jahren. Helmud und er, untrennbar verbunden. Das ändert sich nie.
    »Schau uns doch an«, sagt Helmud noch einmal, und diesmal fügt er ein Wort hinzu: »Cap.«
    Er hat das Wort nicht nur wiederholt. Er ist mehr als ein Echo. Er hat etwas gesagt. El Capitán weiß nicht, wann er das letzte Mal gehört hat, wie Helmud seinen Namen sagt – vor den Explosionen? Er wirft einen Blick über die Schulter, auf das Gesicht seines Bruders, er starrt ihn an, als hätte er ihn seit Jahren nicht mehr von Nahem gesehen. Helmud ist kein Kind mehr. Sein Gesicht wirkt verzerrt, aber robust. Seine eingesunkenen Augen füllen sich mit süßen Tränen. »Schau uns doch an«, erwidert El Capitán. »Schau uns doch an.«
    »Schau uns doch an«, sagt Helmud.
    Da hört El Capitán Schritte, schwere Schritte über ihnen – eine Bestie? Er sieht, dass sein Gewehr an die Wand gerutscht ist, und streckt die Hand danach aus. Der Schmerz zuckt vom Kopf ins Rückgrat. Er kommt nicht ran, ein paar Zentimeter fehlen. Also stemmt er die Füße gegen die Glasscheibe, um sich und Helmud nach vorne zu schieben.
    Mit einem Knall landen die Schritte im Luftschiff. Der Boden wankt. El Capitán hört, wie sie sich der Cockpittür nähern.
    Seine Fingerspitzen streifen den Gewehrkolben. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stößt er sich ab, packt das Gewehr am Kolben, schwingt es herum, spannt den Hahn und zielt auf die Tür – auf eine massige Gestalt in den Schatten.
    »Mann, Cap! Runter mit dem Gewehr!«
    Bradwell.
    »Du bist hier«, keucht El

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