Memento - Die Feuerblume: Band 2 (German Edition)
für Willux. Jedes Mitglied der Sieben hat einen eigenen Bereich.« Abgesehen von Willux’ Bereich ist der ihrer Eltern am dichtesten beschrieben. Vielleicht sollte sie sich schämen, weil sie so viel Zeit mit ihnen verbringt, aber sie kann nicht anders. Sie liebt das Lächeln ihres Vaters. Sie sieht ihr eigenes Gesicht in seinem Gesicht, kleine, verstreute Ähnlichkeiten. Er verblüfft sie immer wieder, selbst mit den belanglosesten Gesten, zum Beispiel wenn er etwas aufhebt, das jemandem heruntergefallen ist. Irgendwo muss sie anfangen – also warum nicht mit ihrem Vater, dem verlorenen Teil ihrer selbst?
»Auf den großen Stein schreibe ich alle Hinweise auf einen Schwan ; auf diese Ecke vom Hackklotz kommen nur Zahlen, denn manche Zahlen hat Willux richtig geliebt. Und auf diesem Stein notiere ich alle Bemerkungen über Kuppelbauten.« Kuppelbauten waren eine große Leidenschaft des jungen Ellery Willux.
Sie kehrt zum Tisch zurück und stützt sich auf die Platte. Die Puppenkopffaust bohrt sich in den Kasten, der für Lev Novikov reserviert ist. Ellery Willux wird ihr vielleicht immer ein Rätsel bleiben, aber was ist mit Novikov, seinem ersten Opfer? Sie erinnert sich an die alte Aufnahme, in der ihre Mutter Levs Hand hält.
Pressia geht an der Wand entlang und blickt den versammelten Geistermädchen in die Augen. Ein Mädchen macht sie jedes Mal stutzig – ihr Gesicht, ein helles Funkeln in ihren Augen, erinnert Pressia an Fandra, ihre einzige Kindheitsfreundin. Fandra und ihr Bruder Gorse sind weggerannt, bevor sie von der OSR geholt werden konnten. Fandra hatte goldenes, schulterlanges Haar, blaue Augen und einen verschrumpelten linken Arm. Beim Lachen hat sie manchmal gegrunzt; dann musste Pressia jedes Mal mitlachen. Vor gar nicht so langer Zeit, als Pressia in eines der Untergrundtreffen gestolpert war, die Bradwell abgehalten hat, um seine Schattengeschichte zu verbreiten, ist sie Gorse begegnet. Sie konnte kaum glauben, dass er noch am Leben war, und natürlich wollte sie sofort nach Fandra fragen. »Nein«, hat er nur gesagt. Also ist sie tot.
Das Geistermädchen hat kein goldenes Haar, doch Pressia kommt es vor, als wäre Fandra irgendwo in diesem Bild. »Fandra«, flüstert sie. »Was mache ich hier eigentlich?«
Sie weiß, was Fandra tun würde: weitermachen.
Pressia braucht einen neuen Stein, einen Stein für das Wort Brigid . »Bin gleich wieder da«, sagt sie zu Bradwell und drückt die Tür hinter sich ins Schloss.
Sie kann Willux’ Worte nicht abschütteln: Ich wurde im Feuer geschmiedet, erneuert durch die Flamme . Und dann die verschlungenen Schlangen, jeweils zwei, die sich umeinander wickeln und in einer lockeren Spirale in die Höhe winden. »Lev Novikov«, murmelt sie vor sich hin, während sie sich unter den Ästen duckt und einen Stein aufhebt. Was stand noch mal in dem Zeitungsartikel? Der Unfall geschah bei einem Trainingseinsatz, Willux wollte Lev retten. Der junge Kadett Walrond sprach von einem traurigen Anlass. Ein Offizier meinte, Lev habe zum ersten Mal in der Saison am Schwimmen teilgenommen. Er sei krank gewesen, aber seit Kurzem auf dem Weg der Besserung.
Pressia bückt sich und findet einen großen, ovalen Stein. Sie drückt ihn an die Brust. Willux’ Gesichtsausdruck, als ihre Mutter Levs Hand gehalten hat … hatte Willux sich in sie verliebt? War er eifersüchtig?
Sie erinnert sich, wie sie in dem kalten, dunklen Fluss untergegangen ist – und an die Hände, die sie nach oben gedrückt haben, sie hätte schwören können, dass es Hände waren. Danach sieht sie Lev Novikov vor sich – doch Willux’ Hände drücken ihn nach unten. Wie sollte man von oben aus erkennen, ob er ihn retten oder ertränken wollte? Und wenn Walrond nur das Beste von Willux dachte, wäre er natürlich vom Besten ausgegangen. Lev kränkelte schon länger, also warum sollte er keinen Schwächeanfall gehabt haben, der jeden Rettungsversuch zum Scheitern verurteilte? Willux hatte kein erkennbares Motiv. Lev und er waren Freunde.
Schnell kehrt Pressia in die Hütte zurück und schließt die Tür. Bradwell ist unruhig, die Vögel in seinem Rücken flattern. Sie legt den Stein auf den Tisch.
»Fignan, zeig mir Walronds Botschaft für die Sieben.«
Fignan springt an, und wieder erscheint der breite, blonde Art Walrond.
»Vorspulen«, sagt Pressia. Die Wiedergabe beschleunigt sich. »Stopp.«
Art legt die Finger auf den Mund und verschränkt die Arme vor der Brust. »Kein junger
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