Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianna Baggott
Vom Netzwerk:
»Standardprozedur. Um sicherzugehen, dass du nur das mit nach draußen nimmst, was du auch mitnehmen sollst.«
    »Schön«, sagt sie, obwohl ihr der Gedanke zuwider ist. »Ich soll diese Schachtel mitnehmen und draußen abliefern.«
    »Ich weiß.« Der Wächter tastet ihre Beine ab, ihre Hüften, die unteren Rippen. »Arme hoch«, sagt er. Er ist brüsk und professionell, und sie ist dankbar dafür. Sie ist überrascht, als er ihren Unterkiefer packt und festhält und sagt, dass sie den Mund öffnen soll. Er späht hinein, wobei er eine winzige Taschenlampe benutzt. »Die Ohren.« Er dreht ihren Kopf. Erneut die Taschenlampe. Er studiert ein Ohr, und als er ihren Kopf erneut dreht und das zweite untersucht, flüstert er ganz leise: »Sag dem Schwan, dass wir warten.«
    Sie ist nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hat. Welcher Schwan?
    »Fertig«, sagt die Wache laut. »Du bist sauber.«
    Welcher Schwan?, will sie ihn fragen. Und worauf wartet ihr? Wer seid ihr überhaupt?
    Doch an seinem brüsken Ton erkennt sie, dass sie keine Fragen stellen darf.
    »Es gibt drei Türen. Die letzte führt nach draußen«, sagt er und sieht ihr in die Augen. »Viel Glück.«
    »Danke«, sagt sie.
    Er wendet sich zu der Tür, durch die sie gekommen sind. »Öffnen«, befiehlt er. Die Tür gleitet auf. Er tritt hindurch, und die Tür schließt sich hinter ihm. Sie bleibt allein zurück.
    Sie wendet sich der ersten der drei Türen zu. »Öffnen«, sagt sie. Die Tür gehorcht ihrem Befehl. Sie tritt hindurch, und die Tür gleitet hinter ihr gleich wieder zu. Sie wiederholt die Prozedur, und dann steht sie vor der letzten, der Tür nach draußen. Sie weiß nicht, was sie erwartet. Sie stellt die blaue Schachtel auf den Boden, zieht das weiße Kopftuch herunter und bindet es sich vor Mund und Nase.
    Sie hebt die Schachtel wieder auf, hält sie mit beiden Händen. »Öffnen«, befiehlt sie der Tür.
    Und dann sieht sie den Himmel vor sich, eine Windbö, die Staub und Asche vor sich hertreibt, und eine Kreatur, die quer über diesen Himmel segelt.
    Ein echter, lebendiger Vogel.

PARTRIDGE
    Kleine Brustkörbe
    Die Stille gefällt Partridge nicht. Es gefällt ihm nicht, wie sich der Wind gelegt hat, und es macht ihn nervös, dass Pressia immer wieder sagt: »Irgendwas stimmt hier nicht«, was wiederum Bradwell nervös macht.
    »Ist es möglich, dass die Dusts zufällig gerade woanders eine Fressorgie veranstalten?«, fragt Partridge schließlich.
    »Ja, sicher«, erwidert Bradwell. »Sie sind damit beschäftigt, einen ganzen Bus voller Schulkinder zu fressen. Was für ein Glück für uns.«
    »Du weißt, dass ich das nicht so gemeint habe«, sagt Partridge.
    Der Boden unter seinen Füßen wird plötzlich weich.
    In diesem Augenblick sieht Partridge ein kleines Wesen, aschgrau, groß wie eine Maus, aber keine Maus. Sie hat kein Fell. Sie ist von oben bis unten bedeckt mit sandiger Holzkohle, und ihre Rippen treten hervor, als hätte sie überhaupt keine Haut. Für einen Moment flitzt sie über den weichen Untergrund, dann verschwindet sie darin wie vom Erdboden verschluckt. »Was war das?«
    »Was?«, fragt Pressia.
    »Es war so groß wie eine Maus oder ein Maulwurf«, sagt Partridge. Er starrt zu der undeutlichen Linie, wo das sich bis zu den Hügeln erstreckende Unterholz anfängt. Er erkennt eine Bewegung – keine Maus und keinen Maulwurf, sondern eine Woge, eine anbrandende Welle. »Ich denke, es gibt mehr als einen.«
    Und dann, von einer Sekunde zur anderen, rollt eine kleine Wolke auf sie zu, keine dreißig Zentimeter hoch.
    »Was glaubt ihr, wie viele das sind?«, fragt Pressia.
    »Jedenfalls zu viele zum Zählen«, sagt Bradwell. Der Ansturm kleiner Dusts wird begleitet von einem hohen Dauerton, nicht ein Kreischen, sondern aus Hunderten winziger Kehlen, die sich miteinander verbinden und in die Länge ziehen.
    Der Wind setzt wieder ein. Bald stemmen sie sich gegen die Böen. Pressia zieht zwei Messer aus der Jacke. Partridge hat ein Messer und einen Fleischerhaken. Sein abgeschnittener Finger pocht, doch er kann die Hand gebrauchen. Bradwell hat eine Elektroschockpistole und ein kleines scharfes Messer. Der Boden vibriert unter ihnen. Die Luft ist dick und riecht faulig.
    »Was machen wir jetzt?«, ruft Partridge. »Gibt’s ’nen Plan?«
    »Bleib mit Pressia hier!«, ruft Bradwell, und mit diesen Worten hebt er seine Waffen und stößt einen barbarischen Kampfschrei aus. Er rennt der Woge aus kleinen Dusts entgegen.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher