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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Goebbels und mir sein würde. Aber ich hatte keine Lust, ihm die Eskapaden seines Ministers zu erzählen. Außerdem verlor ich immer mehr den Mut, ihm zu widersprechen.
      Hitler verabschiedete sich, seine letzten Worte waren: «Kopf hoch, es wird alles gutgehen. Noch heute werden Sie weitere Informationen erhalten.»
      Hatte Hitler nicht verstanden, wie unglücklich mich sein Auftrag eines solchen Dokumentarfilms machen mußte? Mein leidenschaftlicher Wunsch war es doch, als Schauspielerin zu arbeiten. Dieser Auftrag war eine Bürde, alles andere als eine Verlockung, wie später immer wieder behauptet wurde.
      Als ich nach Hause kam, fand ich unter der Post einen Brief von der UFA, in dem mir mitgeteilt wurde, daß das Filmprojekt «Mademoiselle Docteur» nicht realisiert werden könne. Das Reichswehrministerium habe die Herstellung von Spionagefilmen generell verboten. Ich war wie betäubt und todunglücklich.
      Man verständigte mich, daß die Herren der Filmabteilung sich schon alle in Nürnberg befänden. Ich sollte mich dort mit ihnen in Verbindung setzen. Verbittert entschloß ich mich hinzufahren. Ich hatte weder einen Vertrag noch irgendein Schreiben in Händen, aus dem zu ersehen war, daß ich im Auftrag Hitlers auf dem Parteitag filmen sollte. Ich nahm an, daß dies nun alles in Nürnberg von der Filmabteilung des «Promi» geregelt würde. Persönlich kannte ich dort niemand. Als ich mich bei einem der zuständigen Herren der Filmabteilung des Propagandaministeriums, Herrn Fangauf, vorstellte, um mit ihm alles zu besprechen, wußte der angeblich von nichts. Wie das? Er wollte mir auch weder einen Kameramann noch Filmmaterial zur Verfügung stellen. Ich spürte die große Feindseligkeit, die von ihm ausging, und ließ mich auf keine weiteren Dispute ein. Was sollte ich tun? Abreisen wäre das Beste.
      Während ich darüber nachdachte und mir ziemlich hilflos vorkam, wurde ich von einem jüngeren Mann angesprochen. Es war Albert Speer, der Architekt, der die Bauten für den Parteitag entworfen hatte. Ich hatte ihn noch nicht kennengelernt. Er war mir von Anfang an sympathisch, und wir hatten sofort einen guten Kontakt. Als ich ihm von dem Auftrag Hitlers erzählte und dem Boykott aus dem «Promi», riet Speer mir, nicht aufzugeben.
      «Sie müssen es versuchen, ich werde Ihnen helfen.» Tatsächlich gelang es ihm, sofort einen jungen Kameramann kommen zu lassen, der zwar noch nie für einen größeren Film gearbeitet hatte und auch nur eine Handkamera besaß, aber begabt sein sollte, was sich bestätigte. Er hieß Walter Frentz und wurde später einer meiner besten Kameraleute. Dann gelang es mir, telefonisch zwei weitere Operateure zu engagieren, unter ihnen Sepp Allgeier, einen erfahrenen Kame ramann, der Fancks erste Bergfilme aufgenommen hatte. Filmmaterial erhielt ich von AGFA, zu der ich seit den Tagen des «Blauen Lichts» gute Kontakte hatte. Da ich ohne jede Hilfe war, rief ich meinen Vater an und bat ihn, mir für sechs Tage meinen Bruder Heinz auszuleihen - ich hatte ja nicht einmal einen Assistenten. Außerdem mußte mir mein Vater Geld leihen, damit ich mit der Arbeit überhaupt beginnen konnte. Als wir mit den Aufnahmen anfingen, bestand unser Stab aus fünf Personen: Drei Kameraleuten, meinem Bruder, der die Kasse übernommen hatte, und mir. Eine groteske Situation.
      Am ersten Tag filmten wir nur die alten schönen, mit Fahnen und Girlanden geschmückten Häuser der Altstadt und die Bauarbeiten der noch nicht fertiggestellten Tribünen. Vom zweiten Tag an wurde das Filmen eine Qual. Wo wir uns auch postierten, wurden wir von SA-oder SS-Männern rausgeschmissen. Wir hatten keine Ausweise, und so konnten wir uns dagegen auch nicht wehren. Am dritten Tag kam es zu einem unglaublichen Vorfall. Ich wurde zu Rudolf Heß bestellt, der mich kühl begrüßte und gleich zur Sache kam: «Mir wurde von einem SA-Mann berichtet, Sie sollen gestern mittag im Rathauskeller, wo Sie mit Herrn Speer und Staatssekretär Gutterer an einem Tisch saßen, laut geäußert haben, daß der Führer nach Ihrer Pfeife tanzen würde, und auch weitere abfällige Bemerkungen über ihn gemacht haben. Ich muß Sie warnen, in dieser respektlosen Weise über den Führer zu reden.»
      «So etwas trauen Sie mir zu?» rief ich empört.
      Heß: «Der SA-Mann, der mir das mitteilte, ist mir bekannt und kein Lügner, er kann sich so etwas nicht aus den Fingern saugen.»
      «Es ist aber eine infame

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