Memoiren 1902 - 1945
dann: «Fräulein Riefenstahl, wenn Sie hier langgehen», dabei deutete er in die Richtung, aus der wir gekommen waren, «dann kommen Sie in wenigen Minuten auf eine Straße, wo es möglich sein wird, nach einem Taxi zu telefonieren. Leider kann ich Sie nicht begleiten. Man darf uns auf keinen Fall zusammen sehen.»
Ich wunderte mich, daß er sich in der Dunkelheit so gut auskannte. Dann verabschiedete er sich, schlug seinen Mantelkragen hoch und machte sich in entgegengesetzter Richtung auf den Weg.
Nach langem Umherirren fand ich eine Kneipe, von der ich mit meiner Wohnung telefonieren konnte. Ich bat meine Freunde, die schon in größter Sorge über mein Verschwinden waren, mich mit einem Taxi abzuholen. Vielleicht würde es ihnen mit Hilfe eines Taxichauffeurs gelingen, das Auto wieder flott zu machen. Ich war bis auf die Haut naß und bat auch um warme Sachen, einen Regenmantel sowie alles, was an Taschenlampen aufzufinden war.
Während ich schlotternd vor Nässe dasaß und wartete, erwärmte mich ein heißer Grog. Der sehr nette Wirt gab mir eine Strickjacke und einen Wollschal für mein nasses Haar. Noch immer spürte ich in mir die Angst vor Goebbels, der mich in geradezu infamer Weise ver
folgte, und das ungeheure Geheimnis, das er nur mir enthüllen wollte, war doch nur ein fauler Trick.
Erleichtert war ich, als meine Freunde kamen. Was für ein Glück, daß ich an diesem Abend nicht allein war. Zu viert begaben wir uns auf die Suche nach meinem Wagen.
Schließlich fanden wir ihn, aber alle Versuche, ihn wieder flott zu kriegen, scheiterten. Wir mußten mit dem Taxi nach Hause zurückfahren, wo wir die «Rettung» ausgiebig feierten.
Ein Geständnis von Magda Goebbels
M eine Freunde hatten Berlin verlassen, das Auto stand wieder in der Garage, und ich konnte mich jetzt ganz meiner neuen Aufgabe widmen. Fast täglich arbeitete ich mit Gerhard Menzel an dem Drehbuch zu «Mademoiselle Docteur» und hatte Besprechungen mit Frank Wisbar. Mitte September sollten die Aufnahmen in den UFAAteliers in Babelsberg beginnen.
Da erhielt ich zu meiner Überraschung aus der Reichskanzlei eine Einladung für einen Sonntagsausflug nach Heiligendamm; auch Hitler würde daran teilnehmen. Näheres wurde mir nicht gesagt. Nach meiner letzten Begegnung mit Hitler hatte ich angenommen, ich würde von ihm nicht wieder hören.
Von diesem Ausflug habe ich wenig im Gedächtnis behalten. Ich weiß nur noch, daß wir mit zwei Autos nach Heiligendamm unterwegs waren. Im ersten Wagen saß Hitler mit Goebbels, dem Fotografen Heinrich Hoffmann und Brückner. Im zweiten Frau Goebbels und ich, und neben dem Fahrer ein Adjutant von Goebbels.
Allerdings habe ich eine ungetrübte Erinnerung an das Gespräch mit Magda Goebbels. Nachdem wir uns zuerst über alltägliche Dinge unterhielten wie Mode, Kosmetik und Künstler, wurde sie vertraulicher und begann aus ihrem Leben zu erzählen. Sie gestand, Goebbels nur geheiratet zu haben, damit sie oft in Hitlers Nähe kommen konnte.
«Ich liebe auch meinen Mann», sagte sie, «aber meine Liebe zu Hitler ist stärker, für ihn wäre ich bereit, mein Leben zu lassen. Ich bin dem Führer verfallen, so sehr, daß ich mich von Günther Quandt, mit dem ich eine gute Ehe führte und der mich sehr verwöhnte, scheiden ließ. Es bedeutet mir nichts, auf Reichtum und Luxus zu verzichten. Ich hatte nur den einen Wunsch, in der Nähe Hitlers zu sein. Darum ließ ich mich als Sekretärin von Dr. Goebbels engagieren. Erst
als mir klar war, daß Hitler, außer Geli, seiner Nichte, deren Tod er nie überwinden wird, keine Frau mehr lieben kann, sondern, wie er immer sagt, nur ‹sein Deutschland›, habe ich in eine Ehe mit Dr. Goebbels eingewilligt, weil ich nun dem Führer nahe sein kann.»
An diese Worte von Magda Goebbels wurde ich wieder erinnert, als ich von dem schrecklichen Ende der Familie Goebbels in der Reichskanzlei hörte, wo Frau Goebbels, nachdem sie wußte, daß Hitler sich erschießen würde, ihre sechs Kinder, die sie abgöttisch liebte, mit in den Tod nahm.
Warum hatte Frau Goebbels dieses Geständnis gemacht? Ich weiß es noch heute nicht. Im übrigen erinnere ich mich nur noch, daß die Wagen vor einem Hotel, ich glaube, es war das «Parkhotel», hielten und Hitler und Goebbels, der verlegen lächelte, mich begrüßten. Von Frau Goebbels hatte ich erfahren, daß Frau von Dirksen, eine Gönnerin Hitlers, diesen Ausflug arrangiert hatte, um
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