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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Gestaltung, und wie mutlos und deprimiert ich immer wieder war.
      «Ruhm macht nicht glücklich», sagte ich.
      «Mich auch nicht», erwiderte Sternberg, «trotzdem wollen wir heute einen schönen Silvesterabend verbringen.»
      Wir feierten im Palace-Hotel mit Margot und Fritz von Opel und ihren Gästen, darunter auch der Fürst von Starhemberg mit seiner Freundin, der schönen Hollywood-Schauspielerin Nora Gregor. Als ein Fotograf vorbeikam und Bilder von uns machte, fragte Sternberg, ob ich nicht Schwierigkeiten bekäme, wenn diese Fotos veröffentlicht würden.
      «Warum?» fragte ich.
      Sternberg deutete auf unsere Runde.
      «Du feierst, doch mit lauter ‹Freunden› von Hitler, wird man dir das nicht verübeln?»
      Daran hatte ich keinen Augenblick gedacht, ich fühlte mich vollkommen frei und fand auch nichts dabei, mit Gegnern der Nationalsozialisten, wie es vor allem der Fürst von Starhemberg war, zusammenzusein.
      Von Sternberg erfuhren wir, er habe in Wien eine junge Schauspielerin entdeckt, der er eine große Karriere prophezeite. Es war Hilde Krahl, damals im Film noch unbekannt. Sie sollte in seinem nächsten Film, Zolas «Germinal», die Hauptrolle spielen.
      « Und wann arbeiten wir zusammen?» fragte ich scherzhaft.
      «Sobald wir beide keine Verpflichtungen haben», sagte Sternberg, «und wenn es keinen Krieg gibt.»
      «Krieg?» sagte ich erschrocken, «warum sollte es Krieg geben?»
      Es war das letzte Mal, daß ich Sternberg vor Ausbruch des Krieges sah. Erst zwanzig Jahre danach traf ich ihn wieder- auf der Biennale in Venedig.

    Im Ton-Studio

    A nfang Januar 1938 hatten die Aufnahmen mit den Berliner Symphonikern stattgefunden, eine große Freude für uns. Für die Arbeit kam nun der letzte Einsatz, das Mischen der Tonbänder zu einem einzigen Tonband. Ich war ahnungslos, was uns da an Problemen erwartete. In Berlin Johannistal hatte die UFA ein modernes Tonatelier, einen fensterlosen, dunklen Raum mit einem Mischpult, in dem außer dem Bildband sieben Tonbänder gleichzeitig laufen konnten. Für die damalige Zeit eine sensationelle Apparatur, für unsere Arbeit aber war sie technisch noch nicht genügend entwickelt; üblicherweise wurden nur zwei oder drei Tonbänder gemischt, dabei war der Geräuschspiegel noch erträglich. Anders verhielt es sich bei sieben und mehr Tonbändern. Geräuschspiegel nennt man die Nebengeräusche bei Aufnahmen, die mit dem Lichttonsystem gemacht werden; bei Magnetaufnahmen, die es noch nicht gab, entfällt dieser Störfaktor. Als wir zum ersten Mal sieben Tonbänder einlegten, hörten wir nur ein Rauschen wie von einem Wasserfall. Es war unerträglich. Mein Tonmeister, Sigi Schulz, war verzweifelt und erklärte, es sei unmöglich, die Bänder zu einem brauchbaren Ton zu mischen. Die Tonqualität war so katastrophal, daß er sich weigerte, weiterzuarbeiten. Die Techniker berieten, wie das Problem gelöst werden könnte. Schließlich hatte einer von ihnen einen genialen Einfall. Er ließ Siebe herstellen, die alle Nebengeräusche filterten, ohne dabei die Lautstärke der Tonaufzeichnungen zu verändern. Jedenfalls erlaubte uns diese Erfindung die Experimente, auf die es ankam. Nachdem es auch noch gelang, Hermann Storr, den besten deutschen Tonmeister, zu gewinnen, hofften wir, die Olympiafilme so vertonen zu können, wie ich es mir vorgestellt hatte.
      Noch heute ist es ein Alptraum, wenn ich an diese Arbeit zurückdenke. Mein Tonmeister stand oft meinen Wünschen fassungslos gegenüber und erklärte: Das geht nicht. Aber immer wieder probierten wir, bis es dann doch gelang. Oftmals stellten wir fest, daß die Sprache die Musik zerstörte, dann mußten die Tonbänder geändert werden, verkürzt oder verlängert. Wir probierten, ob Geräusche dominieren sollten oder die Sprache und die Musik. Die Tongestaltung war für den Erfolg des Films mit ausschlaggebend, da es kein Spielfilm, sondern ein Dokumentarfilm war; Bild und Ton mußten die Dialoge ersetzen.
      Manchmal, wenn das Resultat tagelanger Arbeit unbrauchbar war, weil die Tonnegative falsch entwickelt oder die Mischungen schlecht waren, und alles wiederholt werden mußte, war ich der Verzweiflung nahe. Wir hatten nur den einen Wunsch: Fertig zu werden.
      In diesen Monaten erlebten wir kritische Augenblicke, in denen wir glaubten, nicht weiter zu können. Zwei Monate verbrachte ich mit dem Tonmeister und den Kleberinnen am Tonmischpult in einem fensterlosen Raum

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