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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Sorgen, denn beide Teile hatten zusammen eine Laufzeit von fast vier Stunden. Ich war gegen eine Vorführung beider Filme, aber der Verleih hatte es so gewünscht. Nach dem ersten Teil war eine halbstündige Pause vorgesehen. Meine Gedanken wurden durch Heilrufe der Menge unterbrochen. Hitler war eingetroffen und nahm mit einigen Herren, unter ihnen Goebbels und Ribbentrop, in der Mittelloge Platz. Als der Raum sich langsam verdunkelte, verstummten die Heilrufe, und das Orchester setzte ein. Als Ouvertüre wurde Herbert Windts Komposition zum Marathonlauf gespielt, er dirigierte selbst. Als sich danach der Vorhang teilte und auf der Leinwand in großen Lettern OLYMPIA erschien, zitterte ich am ganzen Körper.
      Der Reigen der Bilder begann, die Tempel, Plastiken, Statuen und der Fackellauf, das Entzünden der Olympischen Flamme im Stadion von Berlin. Ich schloß die Augen und fühlte noch einmal die Mühen, die es gemacht hatte, das alles in eine Form zu gestalten. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen - ich heulte, ohne Rücksicht auf Wimperntusche und Schminke.
      Schon während des Prologs gab es Applaus, der immer wieder einsetzte. Nun wußte ich, es wird ein Erfolg, aber dies änderte nichts an meinem Gemütszustand. Ich fühlte mich wie ausgelaugt.
      Nach dem Ende des ersten Teils steigerte sich der Beifall zu Ovationen. Hitler war der erste, der mich beglückwünschte: «Sie haben ein Meisterwerk geschaffen, für das Ihnen die Welt danken wird.» Der griechische Botschafter überreichte mir im Namen seiner Regierung ein Diplom und einen Ölzweig aus Olympia.
      Mitternacht war vorüber, als der zweite Teil endete. Der Applaus und die Ovationen waren noch stärker geworden. Wieder führte man mich zu Hitler, dem man keine Müdigkeit ansah und der mich nochmals beglückwünschte.
      Da erschien Goebbels, nahm mich beiseite und sagte: «Ich soll Ihnen im Namen des Führers ausrichten, daß Sie sich für Ihre große Leistung etwas wünschen dürfen.»
      Unvorbereitet und ohne nachzudenken, habe ich mir etwas Törichtes gewünscht: «Ich wäre dankbar, Herr Minister», sagte ich spontan, «wenn Sie den früheren Chefredakteur des ‹Film-Kurier›, Herrn Jäger, wieder in die Reichsfilmkammer aufnehmen würden und ihm gestatten, daß er mich auf meiner vorgesehenen Amerikareise als Pressechef begleiten darf.»
      Goebbels ärgerlich: «Das werde ich nicht tun können, denn dann müßte ich auch andere, die aus denselben Gründen aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen wurden, wieder zulassen.»
      Ich bat: «Herr Jäger ist ein ungewöhnlich begabter Journalist, bitte erfüllen Sie mir diesen Wunsch.»
      Goebbels: «Sie werden sich mit Herrn Jäger viel Ärger einhandeln, täuschen Sie sich nicht in ihm. Ich warne Sie.»
      «Für Herrn Jäger übernehme ich jede Verantwortung», sagte ich aus voller Überzeugung, «er ist absolut integer.»
      Hätte ich nur geahnt, was ich mir mit diesem Wunsch angetan habe!
      Der Empfang im «Promi» war der Abschluß dieser festlichen Premiere. Es war schon sehr spät, als Hitler jedem einzelnen meiner Mitarbeiter die Hand gab und sie alle für ihre Arbeit lobte. Als er mich nach meinen zukünftigen Plänen fragte, erzählte ich, daß ich auf Wunsch der «Tobis» eine Europa-Tournee mit dem Olympiafilm mache und mir anschließend einen großen Wunsch erfüllen werde, Amerika kennenzulernen und einige Monate durch das Land zu reisen. Dann aber hoffte ich, meine «Penthesilea» realisieren zu können.
      «Ein großes Programm», sagte Hitler in freundlichem Ton, «das Sie sich vorgenommen haben. Ich wünsche Ihnen Glück.»

    Der Deutsche Filmpreis 1938

    V iel Zeit hatte ich nicht, mich nach der Olympia-Premiere auszuruhen. Der Verleih drängte, ich sollte unbedingt bei den Premieren in verschiedenen europäischen Hauptstädten anwesend sein. In den wenigen Tagen, die mir blieben, ließ ich mich im Salon von SchulzeBibernell für die Tournee einkleiden.
      Die erste Premiere fand in Wien statt. Hier wurden wir - ich hatte einige meiner Mitarbeiter mitgenommen - mit beispiellosem Jubel empfangen. Nie in meinem Leben, nicht vorher und nicht nachher, habe ich so viele und wunderbare Blumensträuße bekommen. Wir konnten nur zwei Tage bleiben, dann ging es nach Graz, wo die Begeisterung womöglich noch stürmischer war. Hunderte junger Mädchen in steirischer Tracht bildeten von unserem Hotel bis zum Kino Spalier.
      Schon am nächsten Morgen

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