Memoiren 1902 - 1945
großen Stunden hier miterleben - Sie können nicht ermessen, wie glücklich ich bin.» Dann sah er mich an, als hätte er meine Gedanken erraten: «Sie haben doch etwas auf dem Herzen, sprechen Sie nur!»
«Mein Führer», stotterte ich, «es ist mir peinlich, jetzt mit Ihnen
über meine Sorgen zu sprechen.»
«Sie haben einen guten Augenblick erwischt, also was bedrückt Sie?» fragte er gut gelaunt.
Ich atmete tief und sagte dann: «Es geht um den Termin der Olympia-Premiere. Sie war für Mitte März festgesetzt und wurde nun auf unbestimmte Zeit verschoben. Man spottet, macht sich schon jetzt über meine endlose Arbeit an diesem Film lustig. Wie wird das werden, wenn der Film erst im Herbst herauskommt...» Hitler sagte nachdenklich: «Das ist natürlich ein Pech für Ihren Film, aber wenn in dieser Zeit eine Premiere stattfinden würde, wäre sie von den politischen Ereignissen überschattet. Und ich meine, Ihr Film sollte einen guten Premierentermin haben, aber den gibt es wohl vor dem Herbst nicht mehr.»
Ich schaute zu Boden und dachte über eine Möglichkeit im nächsten Monat nach, kein idealer Termin, aber viel besser als erst einer im Herbst. Da fiel mir blitzartig Hitlers Geburtstag, ein, und implusiv sagte ich: «Wäre der 20. April nicht ein guter Termin?»
Hitler ganz überrascht: «Ein guter Termin, ja, ein sehr guter Termin - aber an diesem Tag habe ich zu viele Verpflichtungen, da muß ich die Parade abnehmen, Gratulanten kommen, da hätte ich keine Zeit, der Premiere beizuwohnen, und das wäre doch schade.»
«Daran habe ich nicht gedacht», sagte ich. Es entstand eine Pause.
«Wissen Sie was», sagte Hitler, «wir werden die Premiere doch auf den 20. April legen, und ich werde kommen, das verspreche ich Ihnen.» Ungläubig, fassungslos sah ich ihn an, ich konnte kein Wort herausbringen - da klopfte es an die Tür. Schaub meldete Herrn von Ribbentrop.
«Er möchte einen Augenblick warten», sagte Hitler, «ich muß erst mit Dr. Goebbels sprechen, denn ich habe eben Fräulein Riefenstahl versprochen, daß die Premiere für ihren Olympiafilm an meinem Geburtstag stattfinden soll und ich dabeisein werde.» Schaub, betroffen, machte Einwände und zählte das Geburtstagsprogramm auf, und daß eine Filmpremiere den Ablauf dieses Tages völlig umwerfen würde. Aber Hitler winkte ab und sagte nur: «Lassen Sie das meine Sache sein, der Doktor wird das schon alles richtig organisieren.»
Wie in Trance saß ich wieder unten in der Halle, niemand war da, dem ich mein Glück hätte mitteilen können. Hatte ich das alles nur geträumt? Ich weiß nicht, wie lange ich so dagesessen habe, dann war es wieder Schaub, der mich aus meinen Gedanken riß. «Ich soll Ihnen vom Führer ausrichten», sagte er mürrisch wie immer, «daß nach der Premiere ein Empfang im Saal des Propagandaministeriums vorgesehen ist. Sie und alle ihre Mitarbeiter werden eingeladen.»
Welturaufführung der Olympiafilme
D er 20. April 1938 war gekommen. Erst am Tag vorher kam ich aus Davos, wo ich mich von der Frühlingssonne bräunen ließ, um an diesem Festtag gut auszusehen. Ich hatte des Guten zuviel getan. Mein Rücken war so verbrannt, daß sich die Haut schon schälte und ich zu meinem Abendkleid ein Jäckchen anziehen mußte, um den verbrannten Rücken zu verdecken.
Mit meinen Eltern und meinem Bruder fuhr ich zum UFA-Palast am Zoo. Er war festlich geschmückt. Architekt Speer hatte eine neue Fassade entworfen, riesige Olympiafahnen mit goldenen Bändern bedeckten die ganze Frontseite. Um das Kino herum war alles abgesperrt. Eine Menschenmenge wartete auf Hitler. Wer Rang und Namen hatte, war zur Premiere eingeladen. Die Reichsminister, das diplomatische Corps, führende Persönlichkeiten der Wirtschaft und des Sports, aber auch Künstler wie Furtwängler, Gründgens, Jannings und viele andere, vor allem aber die deutschen Olympiateilnehmer.
Die erregte Atmosphäre des Publikums übertrug sich auf mich. Wie würde der Film aufgenommen werden? Niemand, außer meinen Mitarbeitern, hatte ihn bis zu dieser Stunde gesehen. Kein Mitglied des IOC, nicht einmal der Generalsekretär der Olympischen Spiele, Professor Dr. Diem, der doch der Initiator dieses Films war. Es wäre mir unerträglich gewesen, eine unfertige Arbeit zu zeigen - leider bin ich ein unverbesserlicher Perfektionist.
Würden die Zuschauer mitgehen, würden sie sich langweilen? Die lange Vorführzeit machte mir
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