Memoiren 1902 - 1945
mich durch meine Liebe zu Schneefloh von allem abkapseln würde. Er hatte von Schneefloh erfahren, daß wir finanzielle Probleme hatten und kaum noch Geld besaßen. «Ich werde dich mit einigen meiner reichen Freunde bekanntmachen, vielleicht gefällt dir einer, und du brauchst dann nicht mehr wie ein Aschenbrödel zu leben.»
Ich lachte. «Du spinnst», sagte ich, «glücklicher kann ich überhaupt nicht mehr sein, wie ich es mit meinem Schneefloh bin, und da ist die Karriere zweitrangig. Und, was das Geld anbelangt, da wird es schon eine Lösung geben, ich kann sehr gut bescheiden und anspruchslos leben, auch ohne die Hilfe meiner Eltern.» Nie sollte mein Vater erfahren, daß ich finanzielle Probleme hatte.
Dann erzählte ich Udet, wie unglücklich meine erste Liebe zu Otto Froitzheim verlaufen war und welche Enttäuschung ich mit Luis Trenker erlebt hatte. Schneeberger war der erste Mann, mit dem ich das Glück einer vollkommenen Liebe nun schon seit fast drei Jahren teilte.
Udet gab seine Bemühungen nicht auf - warum eigentlich, weiß ich nicht. Fast täglich rief er mich an, und eines Tages bat er mich, eine persönliche Einladung von ihm anzunehmen - ein Abendessen bei «Horcher». Ungefähr ein Dutzend Personen waren gekommen. Zu meiner Überraschung die Damen in eleganten Abendgarderoben, die Herren im Smoking. Die Tafel war festlich mit Blumen und Kerzen geschmückt. Ich trug nur ein einfaches Kleid und kam mir in dieser Gesellschaft ziemlich verloren vor. Zu meiner Linken saß ein gutaussehender Mann mit leicht graumeliertem Haar. Udet hatte ihn mir als Bankier vorgestellt, seinen Namen habe ich mir nicht gemerkt.
Nach der Vorspeise passierte es. Plötzlich ergreift mein Tischnachbar meine linke Hand, an der ich einen recht hübschen Ring trug, eine weiße Gemme aus Elfenbein auf schwarzem Grund. Er betrachtete meine Hand einen Augenblick und sagte dann: «Dieser Ring paßt nicht zu einer so schönen Hand, ich werde Ihnen morgen einen Ring mit Brillanten schenken, daran werden Sie Freude haben.»
Ich schaute ihn erschrocken an - was für eine Unverschämtheit! Damals war ich noch zu unerfahren, um mit einer entsprechenden witzigen Antwort einen solchen Vorfall zu bagatellisieren. Statt dessen stand ich ruckartig auf und verließ, ohne irgend jemand anzusehen, den Raum. Udet bat mich zurückzukommen, aber ich war wütend auf ihn. Er hatte mir diese ganze dumme Geschichte eingebrockt.
Inzwischen waren die Vorbereitungen für den Piz Palü-Film abgeschlossen, und Ende Januar 1929 bezogen wir im Engadin unser Standquartier am Morteratsch-Gletscher. Zuerst sollten möglichst konzentriert alle Spielszenen gedreht werden, bei denen Pabst Regie führte. Es herrschte sibirische Kälte, wie seit Jahrzehnten nicht. Die Temperaturen bewegten sich zwischen minus 28 und 30 Grad, und dies wochenlang. Für G. W. Pabst war es nicht einfach, unter solchen Verhältnissen zu arbeiten. Ohne Fanck wäre er ziemlich ratlos gewesen, die richtigen Motive ausfindig zu machen. Wir benötigten für die Spielszenen, die auch viele Nachtszenen enthielten, eine Eiswand und elektrischen Strom! Wo Eiswände waren, gab es keinen Strom. So mußten diese Motive erst geschaffen werden. Nicht weit vom «Hotel Morteratsch» entfernt fand Fanck eine haushohe Felswand. Sie wurde solange mit Wasser bespritzt, bis sie vereist war. Für Nahaufnahmen konnte in der Nähe des Hotels ein tief verschneites Felsband gebaut werden.
Die Aufnahmen mit Pabst dauerten einen Monat. Durch die bittere Kälte, wir mußten stundenlang im Schnee eingegraben sitzen, während schneidender Wind uns die Eiskristalle ins Gesicht trieb und Eisnadeln die Haut aufritzten, hatte ich mir Erfrierungen an den Oberschenkeln zugezogen und vor allem ein schweres Blasenleiden, das ich nie mehr losgeworden bin. Meine beiden Partner, Gustav Diessl und Ernst Petersen, froren ebenso wie ich. Diessl am meisten, denn er war in verschiedenen Szenen nur mit einem Hemd bekleidet. Für einige Aufnahmen wurden zusätzlich zum Wind Propeller eingesetzt, die den Schneesturm noch unerträglicher machten. Oftmals mußten wir die Arbeit unterbrechen, um uns an einem Küchenherd aufzutauen. Dann wurden die Kleider gewechselt, und es ging wieder hinaus in die Kälte. Wie beneidete ich in solchen Stunden die Kollegen, die in einem wind- und wetterfesten Atelier arbeiteten, und die man schminkte und pflegte.
Die Großaufnahmen von mir wurden aber erst gemacht,
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