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Memoiren 1902 - 1945

Memoiren 1902 - 1945

Titel: Memoiren 1902 - 1945 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Begeisterungsfähigkeit der Jugend erlebte, möchte ich einige Zeilen daraus zitieren:
                                                    17. Februar 1928
       Schon vor der Olympiade war es herrlich - das Auge konnte schwelgen, eine Farbenpracht auf dem weißen Schnee - Farben ma chen so froh wie bunte Teppiche auf weißem Grund. Menschen aus aller Welt - von Honolulu bis Tokio - von Kapstadt bis Canada, nur Indianer habe ich nicht gesehen. So viele junge Menschen waren wohl noch nie beieinander. Alles so fröhlich, heiter, wetteifernd mit der berühmten Sonne am blauen Engadiner Winterhimmel.
       Auftakt zur Olympiade - das Stärkste gleich der Anfang. 25 Na tionen ziehen ins Eisstadion bei Schneesturm - es ist bitterkalt, was macht’s? Der Augenblick ist gekommen, der der Olympiade ihren Sinn gibt - 25 Nationen vereint -, die Menge jubelt und jauchzt und schreit. Die Spiele beginnen, acht Tage wird gekämpft, unvergeßli che acht Tage. Am schönsten zweifellos drei Dinge - die Canadier, der norwegische Skikönig Thulin Thams und die kleine, so große Sonja.
       Die Canadier sind Teufel auf dem Eis - sie spielen zu sehen, ist hin reißend, ein Furioso an Schnelligkeit und Mut. Ihnen nicht nachste hend die fliegenden Menschen, in rasender Fahrt kommen sie auf den Sprunghügel, wie eine Kugel zusammengekauert, um sich beim Absprung von der Schanze wie Vögel auf die Luft zu legen. Thulin
Thams, der kühnste unter ihnen, springt 73 Meter - diese Leistung zu toll, um ruhig zuschauen zu können. Dazwischen die farbigen Bobs, das irrsinnige Skeleton - die Pferderennen und im rasenden Tempo das Skijöring durch staubenden Schnee.
       Als einziger Ruhepunkt die harmonisch gleitenden Bewegungen der großen Eiskunstläufer, an ihrer Spitze Sonja - ein Naturwunder. Ihre Sprünge spotten jeder Erdenschwere - sie ist ein wirkliches Wunder - diese Sonja. Schön, unvergeßlich schön war es in der wei ßen Arena, und froh bin ich, daß ich nicht filmen mußte. L. R.

    Ich hätte mir nicht träumen lassen, daß ich acht Jahre später selbst eine Olympiade filmen würde. Damals besaß ich noch nicht einmal eine Fotokamera. Leider war Dr. Fancks Film der große Erfolg versagt. Das war überraschend, denn er war ein Meister der Filme, die in der Natur spielten und auf eine Handlung verzichteten. Die Ursache lag wohl darin, daß es ihm trotz der herrlichen Fotografie nicht gelungen war, dem Ablauf des Films die dramaturgisch notwendige Spannung zu geben.

    «Das Schicksal derer von Habsburg»

    Ü berraschend erhielt ich zum ersten Mal ein Angebot, die weibliche Hauptrolle in einem Spielfilm zu übernehmen. Es war die Maria Vetsera in dem Film «Das Schicksal derer von Habsburg». Der Regisseur war Rolf Raffee, von dem ich bis dahin keine Ahnung hatte. Es ging um die zwar bekannte, aber noch immer geheimnisumwitterte Tragödie des österreichischen Thronfolgers Rudolf, der sich gemeinsam mit der Baronesse Mary Vetsera auf Schloß Mayerling das Leben nahm.
      Ich war sehr glücklich, endlich eine interessante Rolle in einem Film, den nicht Fanck inszenierte, zu erhalten. Die Aufnahmen sollten in Schloß Schönbrunn bei Wien gemacht werden.
      Als ich zu den Aufnahmen abberufen wurde, hatte ich etwas erhöhte Temperatur, deshalb begleitete mich meine Mutter. Unglücklicherweise bekam ich eine Diphterie, die von Tag zu Tag schlimmer wurde. Ich konnte weder schlucken noch essen. Der Regisseur hatte wenig Spielraum, meine Aufnahmen zu verschieben; meine Partner waren an Theatertermine gebunden. Um überhaupt beginnen zu können, mußte er meine Rolle kürzen. Das Fieber kletterte immer höher, und meine Rolle wurde immer kürzer. Schließlich blieben nur noch sechs Tage, an denen ich aber trotz hohem Fieber mit Hilfe
ärztlicher Betreuung zu spielen hatte. An diese Aufnahmen kann ich mich allerdings kaum erinnern. Nur eine Szene ist mir im Gedächtnis geblieben: Die Aufnahme, in der mir die Kronprinzessin Stephanie, von der blonden hübschen Maly Delschaft dargestellt, mit einer Peitsche ins Gesicht schlagen will, Kronprinz Rudolf, ihr Gatte, ihr aber in den Arm fällt und den Schlag verhindert. Wahrscheinlich wurde diese Szene so oft geprobt, daß ich sie als einzige nicht vergessen habe.
      Über das Pech, das ich bei diesem Film hatte, und meine verstümmelte Rolle war ich so verzweifelt, daß ich mir den Film nie angesehen habe. Er verschwand auch wieder schnell aus den

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