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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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riefen an. Das letzte Gespräch kam vom «Daily Herold».
      Ich konnte meinem Schicksal nicht entgehen.
      Inzwischen hatte ich von Philip Hudsmith erfahren, wie es dazu gekommen war. Ein Mitglied des «Britischen Film-Instituts», Ivar Montagu, Träger des Lenin-Preises, der dort ebenfalls einen Vortrag halten sollte, hatte gegen meinen Vortrag protestiert und seinen zurückgezogen, während der bekannte Schauspieler Peter Sellers, der auch einen Vortrag halten sollte, seinen nicht absagte, sondern sich für mein Kommen einsetzte und Ivar Montagu in der Presse scharf angriff. Dabei ergab sich, daß die Entscheidung des BFI in der Öffentlichkeit heftig kritisiert wurde. Die anerkannte Filmzeitung «Films and Filming» schrieb:

    «Das Vertrauen von schöpferischen Filmgestaltern in das Britische Film
    Institut wurde in der ganzen Welt durch diese Tat von schwachen Männern
    erschüttert, Männer, die für ihre Überzeugung keinen Mut besitzen.»

      Philip Hudsmith bangte nun verständlicherweise um sein Filmprojekt. Er bat mich, die englische Presse aufzuklären, damit der entstandene Schaden so klein als möglich gehalten würde.
      Ich brach meinen «Urlaub» in St. Anton sofort ab und sandte aus München die Gerichtsurteile, Entnazifizierungsbescheide und meine persönliche Stellungnahme zu den Anschuldigungen an alle englischen Redaktionen, die Unwahrheiten über mich verbreitet hatten. Eine Arbeit, die mir schon Magenschmerzen verursachte.
      Ein unerwarteter Anruf aus London war eine Überraschung. John Grierson, der international anerkannte Dokumentar-Film-Regisseur, war am Telefon. «Leni», sagte er, «ich möchte Ihnen helfen, es ist eine Schweinerei, was man mit Ihnen macht. Geben Sie mir einige Rollen Ihres Olympiafilms, ich werde sie in meinem Fernseh-Programm mit ensprechendem Kommentar vorführen. Sie dürfen sich das nicht gefallen lassen, Sie müssen die Zeitungen verklagen.»
      «Das kann ich nicht», sagte ich resigniert, «ich habe dafür nicht das Geld.»
      «Sie bekommen es von mir — ich zahle Ihnen die Lizenzgebühren für Ihr Filmmaterial — Sie müssen den besten Anwalt nehmen, den wir in England haben.»
      Und John Grierson bewies schon kurze Zeit danach, daß sein Versprechen nicht nur Worte waren. In seiner Sendung «This wonderful world» verteidigte er mich im englischen Fernsehen in einer Weise, wie es vor ihm noch keiner gewagt hatte. Seine Rede, die in der englischen Öffentlichkeit ein starkes Echo hinterließ, möchte ich als ein Zeichen der Dankbarkeit im Wortlaut wiedergeben:

    «Es gab einen bemerkenswerten Moment im Krieg. Das war der 27. Januar
    1942. Es waren dies dunkle Tage, und Sir Winston Churchill berichtete im
    Unterhaus. ‹Ich kann nicht sagen›, sagte er, ‹wie die Lage an der Westfront in
    Cyrenaica ist. Wir haben einen sehr mutigen und geschickten Gegner gegen uns,
    und ich darf sagen — über die Verwüstung des Krieges hinaus — einen sehr großen
    Kapitän!› Er bezog sich auf General Rommel, und es war ein Moment von
    Generosität im Kriege, der klassisch wurde. Ich glaube die meisten von uns haben
    die Bedeutung verstanden, wenn die Generale beider Seiten sich seit dem Kriege
    freundschaftlich begegneten. Es scheint, daß dies mit den Künstlern nicht so der
    Fall ist. Wir haben den Fall der deutschen Filmregisseurin Leni Riefenstahl. Ich
    bin daran interessiert, denn ich bin ein Filmmann, und Leni Riefenstahl ist eine
    der größten Filmgestalter der Welt und bestimmt die größte weibliche Film
    gestalterin in der Geschichte. Sie wurde eingeladen am «National Filmtheater zu
    sprechen, und dann wurde ihr gesagt, sie soll nicht kommen. Das ist im jetzigen
    Zeitpunkt verständlich wegen aller Gerüchte gegen sie. Aber ich möchte mir gerne
    wünschen, daß die Filmgestalter wie die Generale sein könnten — und erinnere an
    Sir Winstons große Geste der Generosität. Schließlich — wie die Generale —
    befanden wir uns alle unter Kommandos. Leni Riefenstahl war Propagandistin für
    Deutschland. Ja, und ich war Propagandist auf der anderen Seite, und ich bin
    ziemlich sicher, daß ich mehr Anti-Nazi Propaganda und mehr boshafte Sachen
    machte, als irgendein anderer Filmmann in England. Warum, ich nahm Leni
    Riefenstahls eigene Filme und schnitt sie in Streifen, um deutsche Propaganda
    gegen sich selbst wenden zu lassen. Aber ich habe niemals den Fehler gemacht zu
    vergessen, wie groß sie war. Ich grüße über die Verwüstung

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