Memoiren 1945 - 1987
gelten.
Ich machte keinen Hehl aus meiner Skepsis. Aber Hudsmith versicherte mir, sein Geldgeber verfüge über diese Mittel. Ich konnte es trotzdem nicht glauben. Außerdem machte ich ihn ganz offen auf die vielen Fehlschläge meiner Anstrengungen nach dem Krieg und die Angriffe, denen ich nach wie vor ausgesetzt sei, aufmerksam. Aber der junge Engländer, den ich von nun an Philip nennen werde, ließ sich durch keinen Einwand beirren. Ich warnte ihn: «Du wirst einen Sturm entfesseln, wenn dieser Film gemacht wird.»
«Nicht bei uns in England», sagte er lachend. «Du hast viele
Freunde, und ich bin einer von ihnen.»
Ehe Philip wieder abreiste, war er noch bei meinem Anwalt, der mit ihm die vertraglichen Bedingungen besprach, vor einer Zusage aber erst Erkundigungen einziehen wollte. Philip erhielt eine kurzfristige Option. So wurde ich in ein neues Abenteuer verwickelt.
Schneller als ich geglaubt, hagelte es wieder Angriffe. Eine belgische Wochenzeitung «Weekend» brachte auf der Titelseite einen Bericht, der an Dummheit und auch an Boshaftigkeit alles übertraf, was bisher über mich gedruckt worden war. Wäre dieses Blatt nicht so verbreitet gewesen — auch in Paris und in London, wo es mit einer Auflage von vier Millionen die am meisten gelesene Zeitung Englands war —, hätte ich mich nicht weiter darum gekümmert. Um aber das neue Projekt nicht wieder zu gefährden, konnte ich diese Verleumdungen nicht widerspruchslos hinnehmen.
Paul Masure, Advocat in Brüssel, übernahm den Fall. Er war nicht schwierig. Ein großer Teil war Trenkers «Tagebuch der Eva Braun» und den «Revue»-Berichten entnommen, die durch Gerichtsurteile schon als Fälschungen entlarvt waren. Eigene Erfindungen bekunden die Qualität dieses Blattes, wie z. B.:
«Leni Riefenstahl, Tochter eines Klempners, begann in Berlin ihre Karriere als ‹Striptease›-Tänzerin in einem anrüchigen Lokal ... Bevor sie Hitler kennenlernte, heiratete sie den ungarischen Drehbuchautor Bela Balasz, der aus ihr eine glühende Kommunistin machte ... Die Gestapo behauptete in einem Bericht, sie wäre eine polnische Jüdin, was sonst genügte, um aus dem Nazi-Deutschland ausgestoßen zu werden, aber Hitler verhinderte, daß sie in die Gaskammer kam ...» Das Ganze mit vielen Fotos reich illustriert. So lachhaft solche Schmierereien sind, so liegt ihre Gefahr eben darin, daß sie von Agenturen übernommen und in Archiven der ganzen Welt aufbewahrt werden. Kein Wunder, daß ich mit der Zeit ein «Nazi-Monstrum» wurde.
Es kam zu keinem Prozeß. Die Zeitung brachte auf der Titelseite eine von mir verfaßte Gegendarstellung von gleicher Länge wie der Schmähartikel.
Das britische Film-Institut
I m Januar 1960 fuhr ich mit meinem mir wiedergeschenkten Wagen durch dichtes Schneegestöber nach St. Anton. Ich war nicht allein, sondern hatte Hannelore, die ich als Sekretärin anlernen wollte, mitgenommen. Nur mühsam kletterte mein Opel über den Fernpaß. Wieder einmal war es eine Flucht in die Berge, um Ruhe zu finden. Die nicht endenwollende Pressehetze war unerträglich geworden. Durch Skilaufen hoffte ich mich etwas davon befreien zu können. Das «Britische Film-Institut» hatte mich zu einem Vortrag nach London eingeladen, davor wollte ich mich ein wenig erholen.
Als wir aber bei Dunkelheit in St. Anton eintrafen, wo wir im «Haus Seiler» ein gemütliches Zimmer hatten, empfing mich die Wirtin, ich würde dringend aus London verlangt. Was für Hiobsbotschaften würden da wieder auf mich zukommen? Kaum hatte ich mich ausgezogen, meldete sich von neuem die «Daily Mail». Man wollte von mir wissen, wie ich auf die Absage meines Vortrags beim «Britischen Film-Institut» reagiere. Ich war ahnungslos. Der Journalist las mir am Telefon eine Meldung folgenden Inhalts vor: «Das Britische Film-Institut hat beschlossen, ihre Einladung an die deutsche Filmregisseurin Frau Leni Riefenstahl zurückzuziehen, die im National-Film-Theater einen Vortrag über ihre Arbeit halten sollte. Die Direktoren des BFI hatten nach mehr als zweistündiger Diskussion diese Entscheidung getroffen.»
Auf die Frage des Journalisten, was ich zu tun gedenke, sagte ich, daß ich meine Bedenken sofort geäußert habe. Wo ich nicht gewünscht werde, gehe ich auch nicht hin.
Ich hatte kaum eingehängt, war der «Daily Express» am Apparat, und so ging das bis Mitternacht weiter. Auch die englischen Korrespondenten aus Bonn und Wien
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