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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Jahren. Man hätte mich als Vogelscheuche ins Feld stellen können. Auch sonst war ich seelisch auf einem Tiefpunkt angekommen. Ich konnte es nicht überwinden, beim Sterben meiner Mutter nicht bei ihr gewesen zu sein. Es quälte mich, sie in meiner Wohnung nicht mehr um mich zu haben, ich war nun ganz allem. Auch Hanni war nicht mehr bei mir, sie hatte inzwischen geheiratet und lebte glücklich in Wien. Ihr Mann, Dr. Lanske, war ein angesehener Fernsehfilmregisseur in Österreich. Es ging ihr blendend.
      Wenn ich in meinen Aufzeichnungen blättere und lese, was ich in diesen beiden Jahren erlebt habe, sträubt sich alles in mir, diese Erinnerungen wieder aufleben zu lassen.
      Meine ganze Hoffnung war der Nuba-Film. Wir hatten mit zwei Materialsorten von Kodak gearbeitet: Für normales Tageslicht mit Ektachrome Commercial, für Motive mit wenig Licht das hochempfindliche Ektachrome ER-Material, dessen Entwicklung damals im Gegensatz zu den USA in Deutschland in den meisten Kopieranstalten noch nicht eingeführt war. Ich hätte es gern bei «Arri» entwickeln und kopieren lassen, aber dort war man für diese Technik noch nicht eingerichtet. So wandte ich mich an Geyer.
      Das Schneidehaus, das Geyer senior 1934 in Berlin-Neukölln für mich gebaut hatte, wurde selbst von Filmleuten aus Hollywood bewundert. Aber Herr Geyer lebte nicht mehr, und die Leute, mit denen ich früher so erfolgreich zusammengearbeitet hatte, waren ebenfalls verstorben oder in der Firma nicht mehr beschäftigt. Ich wandte mich an Geyers Schwiegersohn, Herrn Weissenberger. Er kam mir freundlich entgegen und erklärte sich einverstanden, daß die Kosten für Entwicklung, Kopieren und das teure Farb-Umkehrmaterial erst aus den Einspielergebnissen bezahlt würden.
      Das war eine große Hilfe, da ich leider den Vertrag mit der amerikanischen Firma in der mir vorgelegten Form nicht akzeptieren konnte, und so dringend ich die letzte Überweisung gebraucht hätte, ließ ich sie stoppen. Dieser Vertrag würde mich der Urheberrechte berauben, und so blieb mir nur die Hoffnung, mit den Amerikanern einen Kompromiß zu finden oder notfalls eine Kündigung des Vertrages zu erreichen. Das alles hing nur von der Qualität der Aufnahmen und der Entwicklung des Materials ab. Ich übergab Geyer eine Proberolle des hochempfindlichen ER-Materials. Von dem Resultat hing es ab, ob das Material dort entwickelt werden könnte, oder ob ich den Auftrag nach Amerika vergeben müßte.
      Es dauerte ewig, bis die Proberolle aus Hamburg eintraf. Mit Herzklopfen saß ich bei «Arri» in dem kleinen Vorführraum. Fromm und Dr. Arnold neben mir. Wir sahen eine in der Dämmerung gefilmte Ringkampfszene. Ich atmete auf. Die Aufnahmen waren technisch einwandfrei und auch gut in der Farbwiedergabe. Damit war eines der schwierigen Probleme, die einwandfreie Entwicklung von ER-Material in Deutschland, gelöst. Ich unterschrieb den Vertrag mit Geyer und veranlaßte, daß das Filmmaterial sofort nach Hamburg abging.
      Ungeduldig wartete ich auf ein Lebenszeichen von Walter und Dieter. Seit zwei Monaten war ich schon in München und seitdem ohne eine Nachricht. Es war unglaublich, daß sie nichts von sich hören ließen. Auch Walters Vater hatte seit ihrer Abreise von Khartum nichts mehr gehört. Stutzig wurde ich, als er von den schönen Filmen erzählte, die sein Sohn ihm aus den Nuba-Bergen geschickt hatte. Sechzehn Dia-Farbfilme hatte er von ihm aus dem Sudan erhalten. Jetzt begriff ich, warum sich die beiden ständig geweigert hatten, eine Inventur durchzuführen, denn schon vor dem Diebstahl in Khartum vermißte ich mehrere unbelichtete Farbfilme. Sie hatten mich beide bestohlen. Wie mir später der eine gestand, hatten sie sich die Filme in Tadoro untereinander aufgeteilt.
      Endlich trafen die Wagen in München ein. Der Zustand der Expeditionsgüter war unbeschreiblich. Verwahrloster hätten sie selbst bei jahrelangem Aufenthalt im Urwald nicht aussehen können. Die beiden hatten sich erst gemeldet, als sie auf der Straße liegengeblieben waren. Sie hatten in der Nähe von Bozen den einen VW-Bus kaputtgefahren, da das Getriebe ohne einen Tropfen Öl war. Sie hatten nirgends eine Inspektion der Wagen vornehmen lassen. Die Differentialsperren, mit denen die VW-Busse versehen waren, konnte keine Werkstatt reparieren. Da blieb den beiden Burschen nichts weiter übrig, sie mußten sich melden. Ich wandte mich um Hilfe an das Volkswagenwerk, das sofort Spezialisten

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