Memoiren 1945 - 1987
harten Ringen. Sie hatte in den USA schon Werbung für den Film gemacht. Nur durch die Hilfe von Freunden, die mir das Geld liehen, um den Amerikanern das investierte Kapital zurückzahlen zu können, gelang es, den Vertrag zu lösen. Das Ziel war greifbar nahe gewesen. Und wie schon sooft seit dem Ende des Krieges hatte es sich in eine Fata Morgana aufgelöst.
Probleme mit Nitromaterial
A ber irgendwie lief das Leben weiter, fast automatisch.
Überraschend erwarb das Zweite Deutsche Fernsehen im Sommer 1965 die Rechte des Olympiafilms für die Dauer von acht Jahren. Aber der Film wurde nie ausgestrahlt im Gegensatz zu England und den USA, wo die Olympiafilme immer wieder im Fernsehen gezeigt werden. So erfreut ich über diesen Vertrag war, es kam ein neues Problem auf mich zu. Ich war verpflichtet, dem Fernsehen ein kombiniertes neues Dup-Negativ und eine erstklassige Sendekopie zu liefern. Da meine Original-Negative noch aus Nitromaterial bestanden, war dies äußerst schwierig.
Seit einiger Zeit war es laut Gesetz nur noch in sehr beschränktem Maße erlaubt, mit Nitromaterial zu arbeiten. Es ist zu feuergefährlich und hatte schon schwere Brandschäden verursacht. Deshalb wurde ein neues Material entwickelt, das nicht so leicht entzündbare «non-flame»-Material, und nur das durfte noch verwendet werden. Eine Nichteinhaltung wurde schwer bestraft. In seltenen Ausnahmefällen und unter Einhaltung besonderer Sicherheitsvorschriften war es erlaubt, von den alten Originalnegativen Kopien oder Dup-Negative herzustellen. Es kostete das Doppelte.
Dieses Gesetz hatte katastrophale Folgen für Filmproduzenten und Verleiher. Hunderte von Filmen wurden damals vernichtet, da viele Firmen nicht über das Kapital verfügten, neue Dup-Negative anfertigen zu lassen, und die Lagerung des Nitromaterials nur an wenigen Plätzen erlaubt war.
Für mich war die Situation besonders hart. Zehn Jahre hatte ich gekämpft, um wenigstens einen Teil meines Archivs zu retten. Es umfaßte einige hundert Büchsen, und nun sollte ich alles auf den Müllhaufen werfen. In meinen Schneideräumen konnte ich das Nitromaterial nicht mehr lagern, nur einen Teil davon brachte «Arri» in einem Spezialgebäude unter. Was blieb mir übrig, als schweren Herzens viele Sacke wertvollen Filmmaterials vernichten zu lassen.
Die Original-Negative der Olympiafilme wollte ich um jeden Preis retten. Dr. Arnold war bereit, mir die Bezahlung für die Entwicklung der Dup-Negative auf « non-flame»-Material zu stunden, das Material aber mußte ich selber kaufen. Es existierten von beiden Olympiafilmen vier Negative — zwei Bild- und zwei Ton-Negati ve. Die sechstausend Mark, die ich dazu benötigte, konnte ich wegen meiner Verschuldung nicht aufbringen. Avery Brundage, Präsident des IOC, riet mir, mich an das Deutsche Olympische Komitee oder an Dr. Georg von Opel, den Präsidenten der «Deutschen Olympischen Gesellschaft», zu wenden.
Obgleich es sich nur um ein Darlehen handelte, das von den ersten Einnahmen des Films zurückgezahlt werden würde, und Angebote von BBC und anderen Gesellschaften vorlagen, erhielt ich von allen deutschen Stellen Absagen. Herr von Opel bedauerte, er habe gehofft, schrieb er, im Bundesinnenministerium bestünde Interesse an dem Olympiafilm, aber auch von dort habe er eine ablehnende Antwort erhalten. Herr Hirsch von der «Deutschen Olympischen Gesellschaft» schrieb mir das gleiche.
Das konnte ich nicht verstehen. Für viele Durchschnittsfilme standen Mittel bereit, aber nicht für einen deutschen Film, der als einziger in der Geschichte des Sports eine Olympische Goldmedaille erhalten hatte und noch nach Kriegsende in Hollywood unter die zehn besten Filme der Welt gezählt wurde.
Hilfe kam auch diesmal aus dem Ausland. Das George EastmanHouse in Rochester, das ich um Rettung der Originale gebeten hatte, erklärte sich aufs großzügigste sofort bereit, unentgeltlich erstklassige Dup-Negative herzustellen sowie die Nitro-Originalnegative kostenlos aufzubewahren. Es übernahm sogar für den Versand des Materials die Transportkosten in die USA. So wurden nicht nur die Originale der Olympiafilme gerettet, sondern auch erstklassige Dup-Negative auf «non-flame»-Material für mich angefertigt. Die einzige Gegenleistung bestand darin, daß sich das George Eastman-House für sein Museum eine Kopie der Olympiafilme ziehen konnte. Die Original-Negative bleiben mein Eigentum. Ich kann sie jederzeit
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