Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
Vom Netzwerk:
hatte es auch einkalkuliert. Und sollte es gefährlich werden, würde mir das Sterben bei meinen Nuba leichter fallen als hier in der Großstadt, in der ich sehr einsam lebte. Ich liebte diese Menschen, und es war schön, sie zu beobachten. Ihre Fröhlichkeit, die trotz großer Armut so ausgeprägt war, wirkte ansteckend. Wie gut verstand ich Albert Schweitzer, den Theologen und Orgelspieler, der Tropenarzt geworden war.
      Über Juma Abdallah, einem Masakin-Nuba, einem der ganz wenigen, die es geschafft hatten, die englische Sprache zu erlernen, und der als Lehrer in der Schule von Rheika sudanesische Kinder unterrichtete, war ich in ständiger Verbindung mit meinen NubaFreunden. Ich hatte ihm Briefumschläge mit meiner Adresse gegeben und Briefmarken, so daß ich mindestens zweimal im Monat
Post von ihm bekam, durch die ich über alles, was bei den Nuba geschah, informiert wurde. Über Kranke und Todesfälle, auch, daß einige neugeborene Mädchen den Namen «Leni» erhalten hatten.
      Zu Weihnachten schickte ich über Familie Weistroffer an Juma ein Paket mit Geschenken für die Nuba, Tee, Zucker und Süßigkeiten und für jeden ein buntes Tuch. Damit Juma auch die Betreffenden finden konnte, hatte ich auf jedes Päckchen ein Foto geklebt und, wie ich später erfuhr, hat auch jeder sein Geschenk erhalten.
      Von meinem Freund Helge erhielt ich zu Weihnachten ein Modell meines geplanten Nuba-Hauses, das er gebastelt hatte, und ein befreundeter Architekt entwarf für mich den Grundriß der geplanten Nuba-Burg. Sie sollte aus sechs hohen Rundhäusern bestehen, mit einem Innenhof in der Mitte. Meine Träume nahmen Gestalt an. Der Innenhof sollte einen Brunnen haben, um den ich Blumen und blühende Sträucher pflanzen wollte. Das war keine Utopie, ich hoffte tatsächlich, mit Hilfe eines Brunnenbauers oder eines Wünschelrutengängers Grundwasser zu finden.

    Erfolge und Rückschläge

    N ach drei Monaten Aufenthalt in den Bergen kehrte ich mit etwas mehr Zuversicht nach München zurück. Für einige Tage bekam ich Besuch von Alice Brown, die in Nairobi ein Foto-Atelier hatte und gleichzeitig eine perfekte Hausfrau war. Denn so leicht mir der Umgang mit Film- und Fotokameras fiel, so wenig geschickt war ich bei jeder Hausarbeit. Meine Mutter hatte mich zu sehr verwöhnt. Versuche, mir Mahlzeiten zuzubereiten, mißlangen. Ich hatte mir dabei schon die Finger verbrannt, Milch über den Fuß gegossen und sogar Teller zerbrochen. So behalf ich mich meist, wie ich es von Expeditionen gewohnt war.
      Die Arbeit hatte sich während meiner Abwesenheit zu Bergen getürmt, ich wußte nicht, wo ich anfangen sollte. Glücklicherweise fand ich eine gute Nachricht vor, vor allem aus den USA. «Time & Life Books» hatte in ihrem Band «African Kingdom» einen großen Bildbericht mit meinen Nuba-Bildern gebracht und die Bilder gut honoriert. Außerdem stand in einem amerikanischen Magazin ein ungewöhnlicher Bericht des Titels «Shame and Glory in the Movies» — Ruhm und Schande im Film, von Arnold Berson und Joseph Keller. Da stand zu lesen: «Sie sind ein Regisseur mit Talent, Sie arbeiten für Hitler? Sie sind ein Nazi. Sie arbeiten für Stalin? Sie sind ein Genie.»
      Meine Filme wurden mit dem Werk Sergej Eisensteins verglichen und «Thriumph des Willens» und «Panzerkreuzer Potemkin» analysiert. Über «Olympia» schrieben Berson und Keller: «Der Film ist nicht nur ein Meisterwerk, sondern ein Testament für die deutsche Filmkunst.»
      Ähnlich enthusiastisch schrieb der Leiter des George Eastman House, James Card. Was er mir mitteilte, war sensationell und ließ mein Herz höher schlagen. Für die Veranstaltung «The Film in Germany 1908-1958», die einige Monate in Rochester stattfinden sollte, hatte das Gremium des Hauses beschlossen, alle meine Filme, in denen ich als Schauspielerin mitwirkte oder die ich als Regisseurin gestaltet hatte, zu zeigen.
      In Deutschland verschwieg man seit Jahrzehnten die Anerkennung meiner Arbeiten in der Welt. Mit einem Gefühl der Genugtuung zitiere ich aus dem Programm des George Eastman House «Fünfzig Jahre des deutschen Films», 1965/66 im Film-Departement des Museum of Modern Art, New York.

    «Leni Riefenstahls außergewöhnliches Filmepos der Olympischen Spiele von
    1936 ist ohne Zweifel die beste Filmproduktion, die in all den Jahren zwischen
    1933 und 1945 in Deutschland entstanden ist. In der Tat ist es nach Meinung
    einiger Filmspezialisten einer der

Weitere Kostenlose Bücher