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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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geben. Horst konnte nur eine Hand aus dem Fenster reichen, während die Nuba mich beinahe aus dem Wagen zogen. Lange, lange liefen sie neben dem Auto her, und Horst brachte es nicht über sich, Gas zu geben und davonzufahren.
      Je weiter wir uns von Tadoro entfernten, um so dunkler wurde der Himmel. Jeden Augenblick konnten neue Regengüsse unsere Weiterfahrt unmöglich machen. Aber meine Gedanken, die sich mit den Nuba beschäftigten, lenkten mich ab. Trotz der großen Veränderung, die mit ihnen vorgegangen war, war meine Zuneigung zu ihnen geblieben. Würde ich sie noch einmal wiedersehen und vielleicht auch die Regenzeit mit ihnen verbringen können, was ich mir sooft gewünscht hatte? Wir hatten die Nuba-Berge noch nicht verlassen, als mich bereits die Sehnsucht überkam, dorthin zurückzukehren.
      Erschöpft erreichten wir nach anstrengender Fahrt Semeih, wo uns eine böse Überraschung erwartete. Unser Zug nach Khartum fiel aus. Wir saßen in einer Falle, denn unser noch immer schwer überladenes Fahrzeug und der Anhänger konnten die weite, schwierige Strecke nach Khartum nicht schaffen. Es blieb uns nur die Möglichkeit, das nordwestlich gelegene El Obeid zu erreichen. Aber auch diese Strecke war nicht ungefährlich. Sie führte durch wüstenähnliches Gelände, dessen Pisten von Sandstürmen verweht waren. Diese Fahrt werde ich nie vergessen. Sie war mörderisch. Der Wagen mußte sich unablässig durch tiefen Sand wühlen, es gab weder eine Straße noch eine Markierung — wir konnten uns nur nach der Sonne richten. Es war glühend heiß, kein Mensch, kein Tier zu sehen, kein Fahrzeug begegnete uns, niemand, den wir hätten fragen können. Das Aufregende war, daß der Wagen nie stehenbleiben durfte, wir wären aus dem tiefen Wüstensand nicht mehr herausge
kommen. Der Anhänger schlenkerte im Sand wie ein Rodelschlitten. Tiefe Spuren erschwerten das Fahren. Die Sonne blendete unsere Augen, da wir immer gegen sie fahren mußten. Ich wagte nicht zu sprechen, um Horst aus seiner Konzentration nicht abzulenken.
      In unserer Begleitung fuhr ein Äffchen mit, ein Geschenk der Nuba, das wir nicht in Tadoro lassen wollten: Es wäre mit Sicherheit getötet und aufgegessen worden. Sie essen alles, was kriecht und fliegt. Nun saß es brav bei uns, mal auf meinem Schoß, mal auf Horsts Schultern oder auch am Steuerrad. Wir gaben dem kleinen Affen den Namen Resi.
      Endlich — nach Sonnenuntergang — tauchten in der Dämmerung Lichter am Horizont auf. Es war Nacht, als wir in El Obeid ankamen.

    Im südlichen Sudan

    I ch hatte Glück gehabt und von El Obeid nach Khartum ein Flugticket erhalten, wo ich nun schon seit Tagen auf Horst wartete. Als der Zug endlich in Khartum eintraf, kam er als letzter vom Ende des Bahnsteigs. Völlig verdreckt, abgemagert und bei ihm ein verstörter Affe — beide mit entzündeten Augen. Wahrend der dreißig Stunden, die sie unterwegs waren, hatte Horst mit dem Affen auf dem offenen Waggon unter dem Landrover gelegen, weil er den Wagen mit dem wertvollen Material und den Kameras nicht einen Augenblick allein lassen wollte. Die Fahrt war für beide eine Höllenqual gewesen. Der Boden des offenen Waggons, mit Eisen beschlagen, war so glühend heiß, daß man sich schon bei einer Berührung verbrennen würde. Nur der Platz unter dem Landrover bot Schatten, wo sich Horst mit seinem verängstigten Äffchen vor der brütenden Hitze schützen konnte.
      Das Haus, in dem wir uns von den Strapazen dieser Reise erholen konnten, war von einem großen Garten mit vielen Bäumen umgeben. Resi konnte sich darin austoben, sie war gewohnt, ohne Strick frei herumzulaufen. Nachts schlief sie in irgendeiner Baumkrone, aber von Sonnenaufgang bis zum Eintritt der Dämmerung blieb das Äffchen immer in unserer Nähe.

  Eigentlich wollten wir so bald als möglich nach Deutschland zurück, aber Dr. Mubarak Shaddad hatte schon längst eine Reise in den Südsudan vorbereitet. Eine so großzügige Einladung der suda nesischen Regierung konnte ich nicht ausschlagen. Ich hatte die Absicht, den Landrover in Khartum zu verkaufen und davon den Rückflug nach München zu bezahlen. Ein solcher Wagen hat im Sudan einen hohen Preis. Wir übergaben den Landrover einem Mitarbeiter von Herrn Weistroffer, der sich während unserer Abwesenheit bemühen wollte, ihn zu verkaufen.
      Kurz vor der Abreise gab es noch eine große Aufregung: Resi war weg. Sie mußte, als Horst in die Stadt fuhr, dem Auto

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