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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Herzklopfen. Wie würden sie uns nach fünfjähriger Abwesenheit empfangen — würden sie noch alle da sein? Natu, Alipo, Tukami und Gumba? Da hörte ich auch schon Kinderstimmen: «Leni basso, Leni basso» — Leni kommt zurück.
      Im Vorbeifahren sah ich kleine Mädchen, die uns, im gelben Stroh stehend, zuwinkten. Dann sah ich meinen großen Baum, unter dem ich immer mein Lager aufgeschlagen hatte. Kaum stand der Wagen, kamen sie angelaufen. Mit ihren scharfen Augen hatten sie uns von den Felsen aus entdeckt. Hände streckten sich uns entgegen, und immer wieder hörte ich sie rufen: «Leni basso, Leni basso.»
      Ich hatte ja schon bei meinem letzten Besuch gesehen, wie sehr sie sich und ihre Welt verändert hatten, aber der Anblick, der sich uns dieses Mal bot, war viel schlimmer. Waren das «meine» Nuba? Kaum konnte ich Spuren entdecken, wie sie einmal ausgesehen haben. Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen — sie sollten nicht merken, wie sehr mich ihr Anblick schmerzte. Auch Horst war fassungslos.

    Zerstörtes Paradies

    S chon nach kurzer Zeit hatten wir nur einen einzigen Wunsch, sobald als möglich wieder abzureisen. Das Schlimmste war, daß wir durch die Nuba, die nach wie vor lieb und zutraulich waren, so stark in Ansprach genommen wurden, daß wir nicht eine Minute mehr zur Ruhe kamen. Wie ein Bienenschwarm waren sie um uns, und bei aller Liebe war das zu anstrengend. Früher äußerten sie nie Wünsche — das hatte sich radikal geändert. Allerdings betraf das nicht unsere alten Freunde, die waren trotz ihrer zerlumpten Kleidungsstücke dieselben geblieben, aber die anderen, die zu Hunderten aus den Nachbarsiedlungen herbeiströmten, um uns zu begrüßen, hatten tausend Wünsche, die wir unmöglich alle je hätten erfüllen können: Medikamente, Wundbehandlungen, Tabak, Perlen, Hemden, Hosen, Batterien, Sonnenbrillen usw. Selbst nachts kamen wir nicht zur Ruhe. Außerdem machte uns eine kaum zu ertragende Hitze schwer zu schaffen. Um Mitternacht waren es noch über 40 Grad, und wo die Sonne hinkam, war es so heiß, daß man kaum etwas berühren konnte. Hinzu kamen so starke Sturmwinde, daß durch die Staubwolken kaum etwas zu sehen war, selbst die Sonne
    war dann verdunkelt.
      Unsere alten Freunde, glücklich über das Wiedersehen, hatten uns in eine noch nicht fertig gebaute Nuba-Burg einquartiert. Es fehlten nur noch die Dächer, die, um uns vor Sonne und Staub zu schützen, in aller Eile notdürftig mit Durastengeln bedeckt wurden. Als erstes zimmerte Horst eine Tür, da wir uns vor dem Ansturm der Nuba nicht mehr wehren konnten. Es war unvorstellbar, wie sie aussahen. Kein Vergleich zum letzten Mal. Ohne Ausnahme trugen sie dreckige zerlumpte Kleiderfetzen. Selbst die kleinsten Kinder hatten einen schmutzigen Fetzen um, ärger als die Bettler in europäischen Slums — ein Bild des Jammers.
      Wir waren gespannt, wie sie auf die Aufnahmen in dem NubaBuch reagieren werden. Horst wollte das filmen. Wir ließen nur wenige Nuba in die Hütte kommen, und ich zeigte ihnen die Bilder, die ich einmal von ihnen gemacht hatte. Ihre Reaktion war verblüffend. Sie lachten zwar, schämten sich aber ihrer Nacktheit.
      Um ihnen Freude zu machen, besuchten wir gemeinsam mit ihnen einige ihrer Ringkampffeste, die nur noch komisch wirkten — ein Paradies war zerstört.

    Ein seltsamer Traum

    K urz vor unserer Abreise — wir waren trotz unseres Unbehagens über einen Monat geblieben — sah ich in einem Traum zwei schwarze Gestalten mit Ringmessern an ihren Handgelenken einen Kampf ausführen. Als ich erwachte, erinnerte ich mich, daß ich schon bei meinen früheren Expeditionen die Nuba, die diese Kämpfe ausübten, aufsuchen wollte. Als ich vor fünf Jahren die Araber danach befragte, antworteten sie, diese Kämpfe gehörten längst der Vergangenheit an. Aber meine Traumbilder erweckten in mir Zweifel. Vielleicht existierten diese Nuba doch noch. Und wenn es diese ungewöhnlichen Kämpfe nicht mehr geben sollte, könnte ich vielleicht etwas über Leben und frühere Sitten dieses Stammes erfahren. Ein unwiderstehlicher Wunsch erfaßte mich, ihn aufzusuchen.
      Das Problem war diesmal die Zeit. Wir hatten schon den Flug von Khartum nach Port Sudan gebucht. Dort wollten wir vor unserer Rückkehr nach München im Roten Meer tauchen. Also blieben für eine Fahrt zu diesem Stamm nur ganz wenige Tage.

      Als ich Horst dies alles erzählte, hielt er mich für wahnsinnig, aber je mehr er

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