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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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herrliches Gefühl, sich wie
ein Fisch bewegen zu können. Völlig verwirrt von der Schönheit der Farben und Formen und dem Leben im Umkreis der Korallen, vergaß ich alles, was mich bedrückte. Das Gefühl der Schwerelosigkeit ist vielleicht der entscheidende Grund, weshalb Taucher, die einmal damit begonnen haben, selten wieder darauf verzichten können. Auch mich packte diese Leidenschaft von Tag zu Tag mehr, und täglich erlebte ich Neues. Zuerst faszinierten mich die Fische in ihrer Vielfalt und Farbenprächtigkeit, dann waren es die Korallen und die winzigen Meeresbewohner, eine Märchenwelt, die ich zu gern in Bildern festgehalten hätte.
    Aber erst mußte ich im Tauchen ganz sicher werden.

    Ein Haus in Afrika

    N ach diesen Taucherlebnissen flogen wir nach Nairobi, wo ich mir außerhalb der Stadt Grundstücke ansehen wollte. Sie waren damals noch recht preiswert, aber alles, was mir zusagte, war unverkäuflich. Mein Traum war ein Garten, der das ganze Jahr blühte, und der für meine Tiere ein Paradies sein sollte.
      Im Vorgarten des «Stanley-Hotels» erwarteten wir am Abend Herrn Luedecke, einen Deutschen, der schon seit vielen Jahren in Nairobi lebte und ein gutgehendes Waffengeschäft führte. Die bekanntesten Whitehunter zählten zu seinen Kunden. Ich kannte ihn seit meinem Autounfall in Kenia. Heute wollte ich mir einige Ratschläge von ihm holen. Kaum einer kannte sich hier so gut aus wie er.
      Als wir ihn über unsere Pläne informiert hatten, machte er ein nachdenkliches Gesicht. «Sie wollen hier wohnen», sagte er, «das müssen Sie sich aber sehr gut überlegen.»
      Überrascht schaute ich ihn an. «Sie waren doch von Kenia immer so begeistert», sagte ich.
      «Das Afrika, das Sie suchen», sagte er verbittert, «das gibt es nicht mehr».
      «Aber», warf ich ein, «in Gegenden die vom Tourismus noch unberührt sind, und dorthin wollen wir ja, können wir doch das frühere Afrika noch finden.»
      Luedecke: «Sie können nicht mehr ungefährdet durch Kenia fahren, überall gibt es Banditen, die die Leute im Busch überfallen, ausrauben und sogar töten. Schauen Sie doch», sagte er, «vor allen Hotels und den meisten Geschäften stehen jetzt bewaffnete Polizisten, und trotzdem nehmen Überfälle und Mord überhand.»
      Ich war betroffen. Ich hatte schon davon gehört, aber nicht gewußt, daß es so schlimm war. Die Veränderungen in Afrika hatte ich bei meinem letzten Aufenthalt bei den Nuba erlebt, aber gemordet wurde dort nicht. Die Situation war hier eine ganz andere.
      Noch vor wenigen Jahren war ich mutterseelenallein durch Afrika getrampt, hatte im Freien geschlafen und war bis auf ein einziges Abenteuer mit Dinka-Kriegern, das ich aber selbst verschuldet hatte, nie in Gefahr gewesen. Sollte dies alles unwiederbringlich vergangen sein?
      «Im Sudan», meinte Luedecke, «mag es noch anders sein, aber hier ist es aus und vorbei. Ich für meinen Teil werde meinen Laden schließen und von Nairobi weggehen. Hier macht mir das Leben keinen Spaß mehr.»
      «Da rauben Sie mir meinen schönsten Traum», sagte ich tief enttäuscht.
      «Das tut mir weiß Gott leid, aber es ist doch besser, Sie erfahren die Wahrheit.»
      Wir hatten die Absicht, nach fünf Jahren meine Nuba-Freunde wieder zu besuchen, und davon konnte mich niemand abhalten. Ich wollte meinen Nuba den Bildband zeigen und war gespannt, wie sie darauf reagieren würden. Wir beabsichtigten, über Khartum zu den Nuba-Bergen zu fahren. Unser Problem war, dort ein Fahrzeug zu bekommen. Geländewagen sind im Sudan für ihre Besitzer fast unentbehrlich. Die Zölle sind zu hoch. Nur wenige Sudanesen können sich ein solches Fahrzeug leisten.
      Unsere Geduld, in Khartum ein Geländeauto zu mieten, wurde auf eine harte Probe gestellt. Als wir nach drei Wochen noch immer kein Fahrzeug bekommen konnten, beschlossen wir, uns von einem schwer beladenen Lastwagen, der in die Nuba-Berge fuhr, mitnehmen zu lassen — eine große Strapaze. Als wir die Nuba-Berge erreichten, waren wir fast ohne Pause 36 Stunden unterwegs und von den Wellblechpisten so gerädert, daß alle Glieder schmerzten. Der LKW fuhr nur bis Kadugli, sechzig Kilometer von unseren Nuba entfernt.
      Wir hatten Glück. Bei einem arabischen Kaufmann konnten wir einen mittelgroßen, ziemlich klapprigen Fordwagen mieten, mit Mohamed, einem jungen sudanesischen Fahrer.

      Als ich die ersten Nuba-Häuser in den Felswänden erblickte, bekam ich

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